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Verführung der besonderen Art

Von Andreas Bürkner 01.06.2008, 17:04

Quedlinburg/MZ. - Mal kleiner, mal größer waren die Gruppen, die sich von Fachleuten informieren ließen oder den optischen und akustischen Genüssen hingaben, nicht zuletzt auch den lukullischen. Proppenvoll war der Barocksaal des Schlossmuseums, als vier junge Damen bei Musik, unter anderem auf Harfe und Laute, Mode im Wandel der Jahrhunderte präsentierten. Den zu spät Erschienenen blieb so nur noch ein Blick von der einzigen Tür, um die eleganten Roben bewundern zu können.

Viele nutzten in der Stiftskirche auch die günstige Gelegenheit, kostenfrei einen Blick auf den Stiftsschatz und das geöffnete Samuel-Evangeliar zu werfen. Selbst Stiftshauptmann Hans-Jürgen Meie konnte sich diesem Reiz nicht entziehen, war aber ebenso angetan von der Sonderausstellung mit Zeichnungen von alten Quedlinburg-Motiven. Laientheatergruppen lockten derweil im stündlichen Wechsel zu ihrem Spektakel in den "Weißen Engel". Neben dem Dachverein Reichenstraße mit ihrem "Vogelkopp" und der "Kollergang" der Lebenshilfe, die das bekannte Märchen in "Der Zwerg und die sieben Schneewittchen" umwandelten, spielte der Förderverein der Andersen-Grundschule Neinstedt mit "Des Kaisers neue Kleider", logischerweise ein Stück des Namengebers der Schule.

Im Klopstockhaus stellten Jeanette Rasenberger, Martin Orth und Arnold Hofheinz teils auch musikalisch die Quedlinburgerin Dorothea Erxleben in den Mittelpunkt, während in der Lyonel-Feininger-Galerie der Chef Dr. Egging persönlich durch die aktuelle Ausstellung führte.

Etwas abseits und fast versteckt hinter den großen Museen unterhalb des Schlossberges fanden einige auch den Weg in den Gewölbekeller Weisse, um etwas über die früher existierenden Quedlinburger Stadttore zu erfahren. Dr. Erich Kreiser gestaltete die Schau auf der Basis von Skizzen und Zeichnungen der Herren Voigt und Rinkenberg. Einst waren es mal fünfzehn Türme, doch die aktuellen Fotos beweisen, dass davon nicht mehr viel übrig geblieben ist.

Auch andere Raritäten, wie das Feilenhauermuseum oder Werkstätten für Filzerei, Schmuck, Glas oder Keramik wurden ebenso besucht wie Ausstellungen zur Kunst Lettlands oder die "Hexengeschichten", Arbeiten von Schülern des Weizsäcker-Gymnasiums Thale. Selbst Gäste aus der französische Partnerstadt Aulnoye-Ameries weilten zu diesem Anlass im Weltkulturerbe und brachten zudem Kalligrafie von Marianne Louin mit.

Interessante Einblicke gab der Museumsverein Klosterkirche in das frühere Marienkloster auf dem Münzenberg. Im entstehenden Museum waren neben einem Modell des früheren Gotteshauses und einem Grab mit Knochen und Schädel auch verschiedenen Steine zu sehen, die beim Bau verwendet wurden. Es müssen doch viele Interessenten gewesen sein, die den beschwerlichen Aufstieg in Angriff nahmen, denn nach stundenlangen Erklärungen ließ zu fortgeschrittener Stunde die Stimme von Vereinsmitglied Gerhard Ecke gewaltig nach.

Schaurige Stücke aus verlassenen Grüften des Servati- und Wipertifriedhofes waren auch im Gruftmuseum nahe der Wipertikirche zu finden, dem ältesten römisch-katholischen Gotteshaus Deutschlands. Im Wipertihof öffneten sich die Ateliers und Werkstätten der Künstler für das Publikum. Ob Tanzschule, Tischlerei, Schnapsbrennerei oder Kunstschmiede, interessiert folgten die Besucher den Erklärungen der Inhaber.

Auch Stuckateurmeister Frank Paysen beschrieb unter den gestrengen Augen seiner Chefin Kristina Fischer-Gerloff von den Werkstätten für Denkmalpflege Quedlinburg verschiedene Techniken der Herstellung oder auch, wie beschädigte Stücke restauriert werden. Einen sportlichen Wettbewerb lieferten sich zum Abschluss zwei Improvisationsgruppen, die sich allein vom Publikum leiten ließen.