Überschwemmungen im Harz Überschwemmungen im Harz: Das große Aufräumen nach dem Unwetter

ilsenburg/MZ - Der 26. Juli 2014 sollte für das Paar zu einem unvergesslichen Tag werden. Das hat auch geklappt - aber anders als geplant: Bei der Hochzeitsfeier im Ilsenburger Berghotel lief der Feierraum nach den heftigen Unwettern am Samstag voll Wasser. Doch das Fest konnte gerettet werden - das Brautpaar zog samt Festgesellschaft Hals über Kopf ins Hauptgebäude des Hotels um.
So glimpflich gingen die Unwetter nicht für alle aus. Feuerwehr, Polizei und Technisches Hilfswerk waren in Ilsenburg im Dauereinsatz. Wie Feuerwehreinsatzleiter Dittmar Kalo der MZ berichtet, sind innerhalb von nur 90 Minuten rund 100 Liter Regen vom Himmel gefallen. Bäche und Teiche in dem Harzstädtchen sind über ihre Ufer getreten, auch der Forellenteich mitten im Zentrum ist übergelaufen. „Die gesamte Innenstadt stand 50 Zentimeter unter Wasser“, sagt Kalo. Zahlreiche Geschäfte seien überflutet worden. Etwa 160 Feuerwehrleute aus dem gesamten Harzkreis rückten zu 90 Einsätzen aus, rund 60 Keller mussten leergepumpt werden. „Zwei Wohnungen standen fast bis zur Decke unter Wasser“, sagt Kalo.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie die Kooperation zwischen den Wehren, dem THW und den Behörden geklappt hat.
Aus seiner Sicht hat die Kooperation zwischen den Wehren, dem THW und den Behörden sehr gut geklappt. Nur mit der digitalen Funktechnik gab es Schwierigkeiten, so dass die Einsatzkräfte teilweise analoge Funkgeräte benutzen mussten. Außerdem beschwert sich Kalo darüber, dass die Feuerwehren, aber auch Mitarbeiter des städtischen Bauhofs, von Betroffenen, denen der Einsatz nicht schnell genug ging, beschimpft worden seien. Bis Freitag warne der Deutsche Wetterdienst vor weiteren Unwettern. „Darauf sind wir jetzt vorbereitet“, sagt Kalo.
Unzählige Gärten und Höfe und bis zu hundert Keller haben in Ilsenburg bei der letzten großen Überschwemmung im Juli 2002 unter Wasser gestanden, 16 Menschen mussten vorsorglich ihre Häusern verlassen. Als sich das Wasser verzogen hatte, bilanzierte der damalige Bürgermeister den Schaden der Verwaltungsgemeinschaft auf über 1,1 Millionen Euro. Der Deutsche Wetterdienst hatte auf dem Brocken binnen 24 Stunden 155 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen. Der bisherige Tageshöchstwert lag dort bei 115 Litern im Juli 1997. (iku)
Samstagabend mussten mehrere Straßen gesperrt werden. Ilsenburg war kurzzeitig von der Außenwelt abgeschnitten. Einige Autofahrer, die trotz der Warnung der Feuerwehr durch das Wasser fuhren, blieben mit ihren Fahrzeugen liegen. Auch im nur wenige Kilometer entfernten Osterwieck sind Schäden zu beklagen. Laut Einsatzleitstelle haben die Ilse-Fluten dort eine provisorische Brücke fortgerissen.
Bürgermeister zieht erste Bilanz
Unterdessen haben in Ilsenburg die Aufräumarbeiten begonnen. „Es gab keine Personenschäden“, sagt Bürgermeister Denis Loeffke in einer ersten Bilanz. Unter anderem betroffen von den Wassermassen seien ein Hotel, dessen Elektrik durch die Flut zerstört wurde, eine Tankstelle und die Grundschule. Auch eine Druckerei sei durch die Überschwemmung beschädigt worden, berichtet Loeffke. Die Papierrollen hätten sich mit Wasser vollgesogen. Andere Industriebetriebe hätten noch reagieren können. In einer besonders stark betroffenen Straße haben die von den Bergen herabfließenden Sturzbäche eine Hauswand zum Einsturz gebracht. Loeffke bedankt sich bei den etwa 30 Feuerwehren und dem THW, die den Ilsenburgern zu Hilfe geeilt sind. „Das war eine fantastische Leistung“, sagt er.
Flutopfer wie Angela Stallmann, deren Keller voll Wasser gelaufen ist, vermissten die Hilfsbereitschaft, die es bei der Überschwemmung im Jahr 2002 gegeben habe. „Viele sind hier vorbeigegangen und haben nur gegrinst“, sagt sie. Andreas Höpfner, der am Sonntagmorgen gerade den Keller einer Nachbarin leerpumpt, steht immer noch unter den Eindrücken der Nacht. „Die Straße war wie ein reißender Strom“, sagt er. „Sogar Steine und Holz kamen mit runter.“ Auch hier habe das Wasser etwa einen halben Meter hoch gestanden. „Ich wohne schon seit 40 Jahren in Ilsenburg“, sagt Höpfner. „Aber so was habe ich noch nie erlebt.“
