"Hölle von Q" Triathlon Hölle von Q am Sonntag in Quedlinburg: Sportler sind auf der 106 Kilometer langen Strecke nicht allein

Quedlinburg - „Da denkst du, du bist in Quedlinburg, und dann musst du da den Schlossberg hoch!“ Was einer der Läufer bei der „Hölle von Q“ ausspricht, denken sich wohl viele am Sonntagvormittag: Mit angestrengter Miene laufen die Sportler, die schon etliche Kilometer in den Beinen haben, den holprigen Weg hinauf. Doch sie sind nicht allein.
Mandy Schmidt schlägt kräftig auf die kleine blaue Trommel, wenn sich wieder ein Läufer dem Schlossberg nähert. Die Zuschauer am Rand drehen Ratschen, jubeln und applaudieren; das zaubert manchem Läufer nun doch ein Lächeln aufs Gesicht.
Mandy Schmidt ist an einem „Stimmungsnest“ dabei
Mandy Schmidt gehört zum Team der Wohnagentur Fachwerk, das eines der „Stimmungsnester“ betreut, die entlang der Strecke zu finden sind. „Weil wir die Courage nicht haben, selbst daran teilzunehmen“, sagt sie. „So wollen wir unseren Beitrag leisten.“
Und der besteht auch darin, ahnungslose Touristen an die Seite zu lotsen, die die ganze Breite des Wegs hinauf zum Schloss einnehmen. „Sie wissen nicht, was heute hier stattfindet, und fragen die ganze Zeit“, sagt Mandy Schmidt. „Sie bekommen staunende Augen, wenn sie von den Distanzen hören.“
Um 6.45 Uhr fiel der Startschuss in Ditfurt
Die haben es in sich: Um 6.45 Uhr fiel der Startschuss in Ditfurt für zwei Kilometer Schwimmen im Kiessee, danach ging es mit dem Rad auf 83 Kilometern über den Hexentanzplatz Richtung Neinstedt, und schließlich waren noch 21,1 Kilometer Laufstrecke bis zum Marktplatz in Quedlinburg zu bewältigen.
Die Radstrecke hat auch Mandy Schmidts Mann absolviert. „Dafür hat er dreimal die Woche trainiert“, sagt sie. „Einfach so aus dem Kalten macht man das nicht.“ „Das Radfahren hatte es schon in sich“, bestätigt Susanne Kramer. Die Weißenfelserin war schon beim Triathlon im vergangenen Jahr in einer Staffel dabei, damals als Schwimmerin.
„Es wirkt motivierend, wenn die Leute an der Strecke einem zurufen"
„Schwimmen ist einfacher“, sagt sie - und muss ein wenig lauter werden, weil die Zuschauer den nächsten Läufer lautstark begrüßen. „Das hilft schon“, sagt Susanne Kramer. „Es wirkt motivierend, wenn die Leute an der Strecke einem zurufen.
Kurzfristig bekommt man da auch wieder mehr Kraft in den Beinen“, sagt sie und lacht. „Lächeln, es sind die letzten Meter“, ruft derweil Mandy Schmidt einem Läufer zu, der hochkonzentriert die Kurve in Richtung Wassertorstraße nimmt. Es geht ins Zentrum. Der Schlussspurt sozusagen.
Bewohner des Seniorenzentrums „Azurit“ feuern Läufer an
„Beifall! Ja, zieh’ durch!“ ruft am Rand des Wordgartens eine Gruppe Senioren. Bewohner des Seniorenzentrums „Azurit“ feuern die Läufer an. „Ich finde das toll“, sagt Inga Burghardt. „Letztes Jahr haben wir bei der Siegerehrung auf dem Markt geguckt.“
Dieses Mal haben sie auch ein „Stimmungsnest“ - und Getränke für die Sportler dabei, die aber - das Ziel vor Augen - daran vorbei ziehen. Trotzdem: „Einige hatten den Daumen hoch, haben sich gefreut und gestrahlt“, sagt Inga Burghardt - und freut sich auch.
Elisabeth Alt schwenkt eine rote Fahne
Nur ein paar Schritte entfernt schwenkt Elisabeth Alt immer dann eine rote Fahne, wenn sich ein Auto auf der Carl-Ritter-Straße nähert und ein Läufer in Sicht ist. „Das ist schon wahnsinnig, was die leisten, davor muss man den Hut ziehen“, sagt die 73-Jährige, die selbst seit 50 Jahren Sport treibt. „Ich bin mit dem Sport verbunden. Und Helfer werden doch immer gebraucht.“
Den Sportlern helfen auch Zuschauer. „Je mehr, desto besser“, sagt Monika Keunecke. Die Soesterin ist als erste Frau ins Ziel gekommen. „Das ist sehr geil hier.“ Vor anderthalb Wochen hat sie sich für diesen Triathlon angemeldet.
Zuvor hatte sie „Ironman“-Wettkämpfe in Nizza und im schwedischen Kalmar absolviert und war jedes Mal knapp an der WM-Qualifikation für Hawaii vorbeigerutscht. „Dann ist das hier eben mein kleines Hawaii“, sagt sie lachend.
Lyonel-Feininger-Galerie lud Sportler zu einer Sonderführung ein
Die tolle Stimmung weiß auch Sven Michel aus Hildesheim zu schätzen. Er nutzte am Samstag die Gelegenheit für einen Abstecher in die Lyonel-Feininger-Galerie, die die Teilnehmer der „Hölle von Q“ zu einer Sonderführung eingeladen hatte. In der Galerie sind auch Fahrrad-Karikaturen von Feininger zu sehen.
Eine zeigt den Radlerclub „Geschmierte Kette“ auf Ostertour. Ein Fahrer sagt zu den anderen, die sichtlich erschöpft sind: „Sehen Sie, Kollegen, bei 150 Kilometern, da fängt doch eigentlich erst das Vergnügen an!“ „Die Karikatur trifft es“, sagt Michel mit Blick auf die „Hölle von Q“: „Man meint Spaß zu haben, aber der ist da gar nicht - und man macht es trotzdem.“ Immer wieder. (mz)

