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Tourismus Tourismus: Was macht Quedlinburg so beliebt?

Von Petra Korn und Ingo Kugenbuch 04.02.2017, 11:00
Nirgends in Deutschland gibt es so viele Fachwerkbauten auf so engem Rau
Nirgends in Deutschland gibt es so viele Fachwerkbauten auf so engem Rau Chris Wohlfeld

Quedlinburg - „Immer wenn ich mit Kunden spreche, dann gibt es ein riesiges Aha“, sagt Jens Hoyer. Hoyer ist mit seiner Firma K2 Softwareentwicklung 1999 von Wegeleben nach Quedlinburg in eine Gründerzeitvilla gezogen, weil er eine repräsentative Adresse suchte. Es hat funktioniert. Seine Kunden kommen von überallher in Deutschland - und fast alle kennen Quedlinburg. „Sie sagen, das ist eine tolle Stadt mit tollem Fachwerk“, so Hoyer. „Das öffnet mir auch immer ein bisschen die Tür.“

„Unesco-Welterbestadt“: Quedlinburg trägt seit 22 Jahren den Titel

Die Stadt, die sich seit 22 Jahren mit dem Titel „Unesco-Welterbestadt“ schmückt und mit dem „Advent in den Höfen“ sogar Gäste aus der Weihnachts-Hauptstadt Nürnberg anlockt, landet mit ihrem mittelalterlichen Charme auch regelmäßig auf diversen Bestenlisten. Am schrägsten ist wohl Quedlinburgs Einordnung unter die zehn schönsten Städte der Welt - gewählt durch japanische Reisebüromitarbeiter. Ein Fernsehteam aus Japan drehte in Europa und Südamerika eine Sondersendung über diese weltweite Hitliste und urteilte, Quedlinburg sei „eine besonders schöne Stadt. Schön bunt“. Gut, dass Teile der städtischen Homepage mittlerweile auch auf Japanisch verfügbar sind.

Wiederholt taucht Quedlinburg auch auf der Liste der „Top-100-Sehenswürdigkeiten Deutschlands“ auf. Die Deutsche Zentrale für Tourismus wählte die Vorharz-Stadt 2016 auf Rang 75. Noch besser schneidet die Welterbestadt bei einem Ranking des großen britischen Flugbuchungsportals „Skyscanner“ ab: Sie rangiert dort unter den „10 best places to visit in Germany“ - also den zehn besten Orten, die man in Deutschland besuchen kann. Und: Quedlinburg hat einen der zwölf schönsten Weihnachtsmärkte in Deutschland - diese Adelung hat das Vergleichsportal „Check24“ im vergangenen Jahr der Stadt verpasst. Immerhin standen bundesweit rund 1.300 Konkurrenten zur Wahl.

Umfrage: Quedlinburg hat die bundesweit attraktivste Innenstadt

And the winner is... Quedlinburg. Richtig abgeräumt hat die Stadt jetzt aber bei einer Umfrage des Institutes für Handelsforschung Köln: Danach hat Quedlinburg bundesweit die attraktivste Innenstadt unter den Städten vergleichbarer Größe. Als Grund wurde das riesige Ensemble an Fachwerkbauten - es sind mehr als 2.000 aus acht Jahrhunderten - genannt. Im Durchschnitt vergaben die im Rahmen der Studie Befragten für die „Gesamtattraktivität“ der Städte bis 25.000 Einwohner eine Drei plus. Quedlinburg erhielt eine 2,0.

Für die Untersuchung wurden in Quedlinburg Touristen und Einwohnern Fragen zu insgesamt 29 Themenbereichen gestellt, berichtet Doreen Post, Prokuristin bei der städtischen Quedlinburg-Tourismus-Marketing GmbH. Bei 24 der Bereiche sei die Bewertung, die Quedlinburg erhalten hat, besser als der Durchschnitt der teilnehmenden Städte bis 25.000 Einwohner. „Besonders gut abgeschnitten haben wir bei Ambiente und Flair der Innenstadt mit 1,6 sowie Gebäude und Fassaden mit 1,7“, sagt Doreen Post. Eine 1,7 gab es auch für die Sehenswürdigkeiten, eine 1,8 für das Gastronomieangebot.

„Das deckt sich mit den Erfahrungen, die wir machen. Gäste berichten uns, dass sie sehr, sehr zufrieden sind mit dem vielfältigen Angebot, die Stadt zu entdecken“, sagt Doreen Post und erklärt: „Was wir haben, ist mehr als Fassade. Das Wertvolle steckt auch in den Gemäuern.“ In den mit viel Liebe restaurierten Häusern gebe es Kulinarisches, traditionelles Handwerk, Kultur, Regionales - „das können wir alles bieten“, so die Prokuristin, die schwärmt: „Diese Stadt sprüht einfach vor Charme.“

Shoppen in Quedlinburg: Viele Großstädter lieben das individuelle Flair

Es sei schon so, dass zur Adventsstadt mit dem Weihnachtsmarkt und dem „Advent in den Höfen“ - übrigens 2008 mit dem Tourismuspreis des Landes Sachsen-Anhalt ausgezeichnet - „höchste Saison“ sei. „Aber so ein richtiges Loch gibt es nicht mehr“, sagt Doreen Post. Von Januar bis März gebe es zwar weniger Übernachtungen, dafür aber oft mehr Tagestouristen. Von denen mancher neben dem Historischen in Quedlinburg auch schätzt, dass es in der Stadt keine großen Handelsketten, sondern ganz individuelle Verkaufsläden gibt. „Inzwischen kommen sogar viele Großstädter eigens zum Shoppen hierher, weil sie das individuelle Flair hier lieben“, so Doreen Post.

„Hier gibt es vieles, bei dem das Prädikat ,Das ist etwas ganz Besonderes‘ passt“, sagt auch Gabriele Vester. Sie ist 1993 mit ihrem Mann und den Kindern aus Bonn nach Quedlinburg gezogen, nachdem sie ein der Familie ihres Mannes gehörendes Wohn- und Geschäftshaus zum Hotel umgebaut hatten. „Wenn es eine andere Stadt gewesen wäre, hätte ich das nicht gemacht“, sagt sie. Doch Quedlinburg habe eine „ganz besondere Aura. Hier herrscht ein guter Geist“. Wenn man hier lebe, bekomme man mit, dass es - ebenso wie in anderen Städten - auch Probleme gebe. Das aber sieht Gabriele Vester als „Herausforderung, etwas mitzugestalten“. Entstanden ist so der „Advent in den Höfen“, den Gabriele Vester ins Leben gerufen hat und der längst von einem ganzen Team getragen wird.

In Quedlinburg, sagt sie, „muss man sich einfach zu Fuß fortbewegen, sich die Stiftskirche ansehen, den Münzenberg, die Feininger-Galerie. Man sollte nicht nur im Mittelalter stecken bleiben, sondern sehen, dass wir auch einen Fuß in der Moderne haben“. Das Besondere an der Stadt sei nicht nur etwas Einzelnes, Herausragendes, „es ist die Gesamtheit von vielen Möglichkeiten, die es hier gibt“, sagt Gabriele Vester. Für sie ist Quedlinburg längst zur Heimat geworden. „Mir geht immer noch das Herz auf, wenn ich zum Schloss hochgehe und auf die Stadt blicke. Es gibt so schöne Ecken hier, viele Blickwinkel, Dinge, die ich zuvor so nicht wahrgenommen habe.“

Welterbe: Einzigartige Altstadt in Quedlinburg

Seit 22 Jahren gehört Quedlinburg zum Welterbe der Unesco. Das auf den 17. Dezember 1994 datierte Schreiben des Unesco-Generaldirektors erklärt die kleine Stadt im Harzvorland zum Teil des Welterbes, stellt sie auf eine Stufe mit den Pyramiden von Gizeh und der Chinesischen Mauer.

Die von der Unesco geführte Liste des Welterbes umfasst aktuell 1.052 Stätten in 165 Ländern. In Deutschland gibt es 41 Welterbestätten. In Sachsen-Anhalt sind es vier. Was macht Quedlinburg so einzigartig? Da ist der alles überragende Schlossberg mit der Stiftskirche St. Servatius, die die Gräber des deutschen Königs Heinrich I. und seiner Frau Mathilde beherbergt. Außerdem ist die Quedlinburger Altstadt mit rund 2.000 Fachwerkhäusern aus acht Jahrhunderten und ihrem Grundriss ein Musterbeispiel für eine mittelalterliche europäische Stadt.

Als erste Stadt bundesweit trägt Quedlinburg seit dem Frühjahr 2015 auch offiziell den Titel „Welterbestadt“ im Namen. Dieser steht auf den 24 Ortsschildern sowie den offiziellen Briefbögen der Stadtverwaltung. 

(mz)