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THW Quedlinburg THW Quedlinburg: Hilfe für Taifun-Opfer auf Philippinen

Von Uwe Kraus 22.12.2013, 12:53
Der 26-jährige Björn Schröder, Mitglied des Technischen Hilfswerkes, war beim Einsatz auf der Insel Bantayan auf den Philippinen mit dabei.
Der 26-jährige Björn Schröder, Mitglied des Technischen Hilfswerkes, war beim Einsatz auf der Insel Bantayan auf den Philippinen mit dabei. privat Lizenz

weddersleben/MZ - Die Patienten auf der Inneren im Diakonie-Krankenhaus Elbingerode und einige Kollegen dürften sich gewundert haben. Krankenpfleger Björn fehlte seit Mitte November. Er war viele tausende Kilometer entfernt auf einer philippinischen Insel. „Urlaub?“ Björn Schröder schüttelt den Kopf. „Bei 39 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit, auf einem Feldbett im Zelt, über mir den Moskitonetz-Dom und ziemlich miese sanitäre Bedingungen, fürs Erholen gibt es schönere Gegenden.“ Und doch verbrachte er vier Wochen auf Bantayan.

„Schnell-Einsatz-Einheit Wasser Ausland“

Der junge Mann aus Thale, „26 Jahre, keine Kinder, unverheiratet, aber in einer wunderbaren Beziehung“, gehört zur Spezialeinheit Seewa. Keine James-Bond-Geschichte, sondern er gehört zur „Schnell-Einsatz-Einheit Wasser Ausland“, einer hoch spezialisierten Gruppe von Helfern des Technischen Hilfswerkes, ist einer von 200 Deutschen, die innerhalb von acht Stunden ausrückbereit in alle Welt sind. „Wir sind überall auf dem Globus bekannt, weil wir Wasser auf ganz hohem Niveau aufbereiten.“ Der Ortsbeauftragte des THW Quedlinburg, Lars Deuter, fügt stolz ein: „Immerhin befinden sich unter den 200 Spezialisten unter den 80.000 Einsatzkräften allein fünf von hier!“ Was ebenso für den hohen Ausbildungsstand spricht, wie die regelmäßigen Einladungen zu Vorführungen beim Bundespräsidenten und vor internationalen Gästen. Schließlich ist die UNO der Hauptauftraggeber der weltweit agierenden Helfer. Bevor jedoch der erste Einsatz erfolgt, gibt es eine hochqualifizierte Ausbildung. Schließlich müssen die kleinen Teams vor Ort schnell und sicher entscheiden. Sie sind oft nur über wenige Kanäle mit der Heimat verbunden.

Björn Schröder gehört dem THW seit 2008 an, 2013 steht er vor seiner ersten Bewährungsprobe am anderen Ende der Welt. Sehr deutlich sagen Deuter, der seit 30 Jahren beim THW ist und selbst bei diversen Auslandseinsätzen bis in den Iran dabei war, und Björn Schröder, was es für ein Segen ist, dass der Spezialist einen so verständnisvollen Arbeitgeber wie das Diakonie-Krankenhaus hat. „Vier Wochen ohne großes Lamentieren auf einen Mitarbeiter zu verzichten, das erleben wir selten und schätzen wir hoch“, so der Ortsbeauftragte, der während des Hochwassers im Sommer mit anderen Firmen weit schlechtere Erfahrungen gemacht hat. „Und da ging es um eine Katastrophe bei uns vor der Haustür, die deutlich überschaubarer war und uns direkt betraf. Da kann man so einem kollegialen und sozial eingestellten Arbeitgeber dreifach Danke sagen.“

Die 200 Seewa-Angehörigen teilen sich in drei „Mannschaften“ im Norden, Süden und der Mitte Deutschlands, die 365 Tage im Jahr abwechselnd ein Einsatzbereitschaft sind. „Wenn man dann im Fernsehen sieht und in der Zeitung liest, was da unten los ist, dann denkt man schon an einen Einsatz“, erzählt Schröder. Dann kam der Ruf und er rotierte. „Es dreht sich um Kleinigkeiten, aber die sind wichtig. Und wenn es nur der Zahnarzt ist, bei dem man noch mal vorbeischaut.“ Am 13. November hieß es Abschied nehmen von Freundin Gina - zu seinem ersten Auslandseinsatz. „Als wir in Cebu, der drittgrößten Stadt der Philippinen landeten, hieß es erst einmal, alle Kisten ausladen. In Berlin wurden die mit Gabelstaplern in die Maschine gehievt, wir luden sie per Hand bei tropischen Bedingungen und 35 Grad aus.“ Gut gebrieft von UN, dem Auswärtigen Amt und THW erkundete das Vorkommando, wo eine Trinkwasseraufbereitungsanlage aufgebaut werden kann. Letztlich fuhr der THW-Trupp nach Santa Fe auf der Insel Bantayan. „Die Wege dorthin glichen nicht den deutschen Autobahnen“, fügt Schröder ein.

Was ihm auffiel: Das Land war leer gepustet, der Taifun hat alle Blätter von Bäumen und Sträuchern gerissen, selbst die Insekten waren für einige Zeit verschwunden. „Die Fährverbindung zur Insel – überlastet, das Trinkwasser - nicht sauber, die Orte - schwer erreichbar.“ Für die Trinkwasserspezialisten, darunter Logistiker, Maschinisten, Rohrleitungsbauer, Laboranten und Björn Schröder als Sanitäter eine große Herausforderung. „Durch den Meerwassereintrag, Tierkadaver, die Exkremente der Schweinemast und Hühnerfarmen waren die Brunnen verunreinigt. Allein 30000 Bewohner von Santa Fe benötigen Trinkwasser. Auf der Insel leben ja rund 220000 Menschen.“ Die THW-Kameraden, die auf den Philippinen wegen ihrer Einsatzkleidung ehrfurchtsvoll „die Wassermacher in Blau“ genannt werden, brachten zwei Trinkwasseranlagen mit. Aus Brunnen und Flüssen gewinnen sie ihr Wasser. Allein fünf Pumpen haben die THW-Helfer verbaut. „Dreckiges Rohwasser, das in 8 000-Liter-Pool geleitet wird“, erklärt Björn Schröder. „Wichtig ist, die Anlage muss bei der Bevölkerung stehen, denn es bringt nichts, wenn die Menschen mit Gallonen, Flaschen und Kanistern lange Wege zu Entnahmestellen pilgern“. Es war ein für den Auslandhelfer ein berührender Moment, als das erste saubere Wasser floss. „Dank unserer Laborkomponente entsprach das deutschem Trinkwasserstandard.“ Täglich füllten die Helfer „Wasserblasen“, die wie Tanks auf Lkw montiert sind und in die Regionen gefahren wurden.

Seit einer Woche wieder in Elbingrode

Der THW-Mann weiß, in so einem Team, packt jeder mit an. „Klar, wir sind alle Spezialisten. Wenn ich aber, was immer gut ist, meine Sanitätskiste nicht auspacken muss, helfe ich an einer anderen Stelle und halte Kontakt zu den anderen Hilfskräften.“

Nach vier Wochen löste in der Vorwoche ein neues Team des Technischen Hilfswerkes Björn Schröder und seine Kameraden ab. Nach drei Verschnauf-Tagen am Wochenende ist Björn Schröder seit Montag wieder auf der inneren Station in Elbingerode. Der Krankenpfleger und Rettungsassistent wird auch Weihnachten arbeiten. „Kein Problem“, winkt Freundin Gina ab. „Danach kommt er ja wieder nach Hause. Und Elbingerode ist ja nicht Philippinen.“

Verteilung von Trinkwasser nach dem Taifun auf den Philippinen
Verteilung von Trinkwasser nach dem Taifun auf den Philippinen
privat Lizenz
Ankunft in Cebu und das Ausladen der riesiegen Kisten.
Ankunft in Cebu und das Ausladen der riesiegen Kisten.
privat Lizenz