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Sternwarte Quedlinburg  Sternwarte Quedlinburg: Merkurtransit

Von Jessica Hanack 10.05.2016, 09:38
Mit mehreren Teleskopen genossen die Astronomen das himmlische Spektakel.
Mit mehreren Teleskopen genossen die Astronomen das himmlische Spektakel. Chris Wohlfeld

Quedlinburg - Da ist er: der Merkur. Wie ein winziger, schwarzer Punkt sieht er aus, der langsam an der Sonne vorbeiwandert. Wer durch eines der Teleskope vor der Sternwarte in Quedlinburg guckt, versteht, warum das Schauspiel mit bloßem Auge nicht zu beobachten ist - der Merkur ist eindeutig zu klein. Mindestens eine fünfzigfache Vergrößerung ist notwendig, um den Planeten überhaupt vor der Sonne zu entdecken.

Spezielle Sehhilfen

„Als normaler Mensch, der auf der Arbeit sitzt, kriegt man von dem Merkurtransit gar nichts mit“, sagt Hannjo Humpsch, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Astronomie und Raumfahrt. Er hat seine Kamera und sein eigenes Teleskop, einen Telemator, auf dem Strohberg aufgebaut. „Den habe ich mir 1984 von meinem ersten Lehrlingsgehalt gekauft“, erzählt er.

Ideales Wetter

Für ihn und die Astronomiefreunde herrscht am Donnerstag ideales Wetter, um das Himmelsereignis zu betrachten. Hohe Temperaturen und Sonnenschein - das hat Seltenheitswert. „Bei der Mondfinsternis im vergangenen Jahr war es bitterkalt“, erinnert sich Wilfried Lassak, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Astronomie und Raumfahrt im Kultur- und Heimatverein Quedlinburg. „An den Teleskopen hatte sich die Luft niedergeschlagen und war kondensiert.“

Ein romantisches Orange

Dieses Problem gibt es am Donnerstag nicht. Insgesamt fünf Teleskope stehen vor der Sternwarte bereit, um den Merkurtransit auf unterschiedliche Weisen zu beobachten. Das älteste von ihnen ist ein sogenannter Telementor - ein altes Schulfernrohr aus der DDR, das aus den 70er Jahren stammt. „Die gab es damals an jeder Schule“, so Wilfried Lassak. Nach der Wende seien viele der Telementoren entsorgt worden, weil man oft nicht gewusst habe, was das sei, erzählt Lassak. Eines hat er damals gerettet, und es funktioniert bis heute. „Die Telementoren sind sehr robust gebaut worden, und das macht sich heute bezahlt“, sagt Hannjo Humpsch. Neben dem Telementor gibt es unter anderem auch ein besonderes Sonnenteleskop, das mit Hilfe von Spenden finanziert wurde. Je nachdem, durch welches Teleskop man schaut, erscheint die Sonne mal weiß, mal rot oder orange. „Das Weißbild ist das realistischste, in dem Orangeton sieht die Sonne aber natürlich romantischer aus. Fast wie bei einem Sonnenuntergang“, so Humpsch. Um die Sonne in dieser Farbe zu sehen, wird ein Filter verwendet, der nur eine bestimmte Wellenlänge des Lichts durchlässt

Nächster Transit in 2032

Durch die Teleskope lässt sich aber nicht nur der Merkurtransit bestaunen. Auch Aktivitäten auf der Sonne sind erkennbar. Etwa sogenannte Protuberanzen, die durch auf- und absteigende Gaswolken ausgelöst werden, oder Sonnenflecken: dunkle Stellen, die kühler sind und weniger Licht abstrahlen. „Die Sonnenflecken, die man hier sieht, haben etwa die doppelte Erdgröße“, so Wilfried Lassak. Damit sind sie beinahe sechsmal so groß wie der vorbeiziehende Merkur.

Mit einem Durchmesser von rund 4.900 Kilometern ist der Merkur der kleinste Planet im Sonnensystem. Zum Vergleich: Der Durchmesser der Erde beträgt etwa 12.800 Kilometer. Der Merkur ist etwa 58 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt und damit der sonnennächste und zugleich schnellste Planet.

Für alle Astronomie-Begeisterten sei der diesjährige Merkurtransit ein „Highlight“, betont Lassak. Insbesondere, weil er vollständig zu beobachten ist. Beim kommenden Merkurtransit im November 2019 wird in Mitteleuropa nur der Beginn zu sehen sein. „Die Sonne steht dann schon tief und geht unter, bevor der Transit vorbei ist“, so der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft. Bis zum nächsten vollständig sichtbaren Merkurtransit müssen Wilfried Lassak und alle anderen Astronomiefreunde noch ein wenig Geduld beweisen. Denn den wird es in Deutschland erst im Jahr 2032 wieder geben. (mz)