Waldgaststätte Sternhaus in Gernrode Sternhaus bei Gernrode: Gastronomen geben nach 13 Monaten auf
Gernrode - Sicherlich, wirtschaftliche Gründe haben Angela Beckmann und Uwe Kruse veranlasst, die Waldgaststätte Sternhaus zum 1. Oktober zu schließen. Aber „wir sind nicht pleite, wir müssten nur sehr viel investieren“, sagt Angela Beckmann (57). Kruse (54) verdeutlicht:
„Wir geben auf, bevor wir insolvent sind“. Cousin und Cousine hatten die Gernröder Gaststätte an der Landesstraße 243 erst vor gut einem Jahr wiedereröffnet.
6.000 Euro Heizkosten pro Monat im Winter
Vieles muss modernisiert werden; größter Posten ist, Fassaden und Fenster energiesparend zu dämmen. Im Winter kämen pro Monat 6.000 Euro an Heizkosten zusammen, erläutert Kruse. Die Fassaden seien, so Beckmann, „kein richtiges Fachwerk, aber auch kein richtiges Mauerwerk“.
Außerdem müsste die Baracke, die auf dem Gelände steht, für einen von den Behörden genehmigten Gastronomiebetrieb saniert werden - ein Muss, um große Gästegruppen unterbringen zu können. Und etwa die Gehwegplatten im Biergarten müssten neu gelegt werden. „Seit 25 Jahren ist nichts mehr gemacht worden“, schätzt der Quedlinburger.
„Seit 25 Jahren ist nichts mehr gemacht worden“
Das Duo ist der letzte Pächter des Gebäudekomplexes mit Gaststätte und Gästezimmern. Der Inhaber bietet es nun zum Kauf an. Kaufpreis und die Sanierungskosten dürften sich auf „nicht unter 500.000 Euro“ belaufen, schätzt Angela Beckmann, die zwar vor Ort wohnt, aber eigentlich im Weserbergland zu Hause ist.
Übrigens werde gerade geklärt, ob das Sternhaus unter Denkmalschutz stehe. Wenn ja, seien beim Modernisieren besondere Vorgaben einzuhalten.
Wird das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt?
Geld und vor allem viel Zeit hatten die beiden Geschäftspartner schon vor der Eröffnung investiert - etwa für Anträge bei Behörden. Beckmann: „Die Behörden vor Ort haben uns gut unterstützt.“ Der monatelange Aufwand hatte sich gelohnt: Mehr als 800 Gäste feierten die Neueröffnung am ersten Augustwochenende des vergangenen Jahres.
Vor allem die Zimmer seien gut angenommen worden: „Die 24 Betten waren in den Sommermonaten komplett ausgebucht“, berichtet Angela Beckmann. Unter den Übernachtungsgästen waren nicht nur Touristen, sondern auch Monteure und Geschäftsleute. „Wir brauchten dafür kaum Werbung zu machen“, bemerkt Kruse. Eine Mitarbeiterin hatte den Betrieb lediglich auf einer Internetseite angegeben.
„24 Betten waren in den Sommermonaten komplett ausgebucht“
Die Waldgaststätte hatte zwischenzeitlich zehn Mitarbeiter. Weitere zu finden, sei nicht möglich gewesen - weder im Service noch als Auszubildender zum Koch, sagt Kruse.
Er ist gelernter Koch. Gerne hätte er sein Können ganz unter Beweis gestellt. Doch die große Küche sei „für ein anderes gastronomisches System“ ausgelegt, mit Fertigprodukten. Gekocht wurde mit frischen Zutaten.
So kam die Küche schnell an ihre Grenzen, wenn bis zu 160 Gäste in Gastraum, Saal und Biergarten Hunger hatten. „Das Essen konnte schon mal eine Stunde dauern, und die Gäste rannten dann weg“, sagt er. Ursprünglich sei eine „bürgertaugliche Mittagskarte“ mit Schnitzel und Gulasch geplant gewesen, und abends sollte „richtig gekocht“ werden.
Geplant war so vieles. Etwa, die drei Bungalows hinter dem Hauptgebäude zu vermieten. Und die Baracke für große Feiern und Weiterbildungs- und Kunstveranstaltungen zu modernisieren.
Doch der Traum ist noch nicht zu Ende. Es gebe Investoren, die Interesse an dem Sternhaus hätten. „Wir suchen noch mehr“, sagt Beckmann - egal ob stille Teilhaber oder welche, die mitarbeiten wollen. Sie und Kruse würden sich beteiligen. „Man kann gut davon leben, aber eine goldene Nase verdient man sich nicht.“ (mz)
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Seinen Namen hat das Sternhaus, weil es sich im Mittelpunkt eines Sterns aus acht Wegen befindet. Diese wurden im 18. Jahrhunderts angelegt. Ein Sternschuppen wird 1744 erstmals erwähnt.
Dieser und ein späterer Wildschuppen, ein achteckiges Fachwerkhaus, wurden für die Jagd genutzt - etwa auf Auerhähne. Fürst Victor Friedrich von Anhalt-Bernburg ließ dort bis 1771 ein Jagdhaus bauen. Eine Gaststätte kam 1891 in das Sternhaus.
Gast- und Forsthaus wurden 1936 getrennt, als ein neues Forstgebäude in der Nähe gebaut worden war. 1976 wurde der achteckige Saal des Sternhauses wegen Schwammbefalls abgerissen.