Finanzierung endet Seminare für Flüchtlinge im Fachwerkzentrum Quedlinburg werden nicht fortgesetzt: Finanzierung durch DBU endet

Quedlinburg - Malek Allegrati streicht mit einem feinen Pinsel vorsichtig über die frische Farbe einer Holztür. Der Syrer arbeitet an einer Bierlasur; die Tür soll in das Haus am Grudenberg 8 in Halberstadt eingebaut werden, das vom Deutschen Fachwerkzentrum mit Sitz in Quedlinburg im Auftrag der Stadt Halberstadt saniert wird.
In Syrien hat Allegrati als Maler gearbeitet. Er gehört zu den acht Teilnehmern eines Seminars für Flüchtlinge, die das Fachwerkzentrum unter dem Titel „Integrativer Ort Baudenkmal!“ seit 2015 anbietet.
Vier der acht Teilnehmer des jetzigen Kurses haben schon am zweiten Tag eine Bierlasur anfertigen können, sagt Claudia Hennrich, Geschäftsführerin des Fachwerkzentrums. „Das ist Restauratorenniveau.“
Mithilfe von Bierlasur werden Holzoberflächen veredelt
Angeleitet werden die Männer vom Restaurator Oliver Raupach. Die Bierlasur ist ein Verfahren, mit dem Holzoberflächen von weniger hoher Qualität optisch veredelt werden können. „Früher nahm man dafür Zapf- oder Tröppelbier“, sagt Raupach. „Es sollte abgestanden sein, die Fässer waren ja nicht dicht.“
Das aktuelle Seminar im Rahmen von „Integrativer Ort Baudenkmal!“ ist das letzte dieser Art, das die Einrichtung durchführt - die Finanzierung des Projektes ist ausgelaufen. Maßgeblich unterstützt wurde es von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und der Commerzbank-Stiftung.
Seit 2015 hat es im Fachwerkzentrum neun solcher Seminare gegeben, in denen den Teilnehmern in Theorie und Praxis auf Baustellen der Region Kenntnisse in der Sanierung historischer Bausubstanz vermittelt wurden.
Die Finanzierung der Seminare durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und die Commerzbank-Stiftung endet
„Alle bekommen ein Zertifikat“, sagt Claudia Hennrich. Es soll ihnen beruflich weiterhelfen: „Sie haben Bleiberecht. Es geht darum, dass die Teilnehmer in Arbeit kommen.“
Die acht Männer aus Afghanistan, Somalia und Syrien, alle älter als 30 Jahre, sind von der Kommunalen Beschäftigungsagentur Oschersleben ans Fachwerkzentrum vermittelt worden.
Dort lernen sie nicht nur historische Malertechniken oder traditionelle Holzverbindungen im Fachwerkbau kennen. Mit der Restauration und Sanierung werde nicht nur historisch bedeutsame Bausubstanz erhalten, so Hennrich. Ziel ist es, Menschen unterschiedlicher Kulturen in die Gesellschaft zu integrieren.
Ziel der Seminare war es, Menschen unterschiedlicher Kulturen in die Gesellschaft zu integrieren
„Die Seminare gehen immer vom Fachwerkzentrum aus“, sagt Hennrich. Die Teilnehmer bekommen dort in zwei bis drei Tagen die Grundlagen der Handwerkstechniken vermittelt, dann geht es auf die Baustelle. In der Holzwerkstatt zeigt Dieter Hegholz, wie Fachwerkverbindungen hergestellt werden.
Die Grundlagen und Techniken werden zunächst an einem kleinen Modell vermittelt, bevor in dem mehr als 300 Jahre alten ehemaligen Schulgebäude am Grudenberg 8 in Halberstadt in Originalgröße gearbeitet wird.
An Hegholz’ Seite steht Waisoll Hosseini aus Afghanistan. Er soll eine Steckverbindung für Holzbalken anfertigen. Hosseini ist Trockenbauer; die neue Arbeit scheint ihm keine große Mühe zu machen, und Hegholz ist mit dem Ergebnis zufrieden.
Deswegen, so betont Claudia Hennrich, sollten Unternehmen nicht nur nach den Ergebnissen des verpflichtenden Deutschkurses gucken, wenn sich Flüchtlinge um einen Arbeitsplatz bewerben, „sondern danach, was sie können“. Hennrich und ihre Mitstreiter im Fachwerkzentrum sehen auch bei den jetzigen Teilnehmern „kein Hindernis, sie in Arbeit zu bringen“.
Nach dem Ende des einwöchigen Seminars folgen Praktika bei Firmen in der Region
Im Anschluss an das einwöchige Seminar hatten die Teilnehmer zwei Tage lang Gelegenheit, Fachfirmen der Region kennenzulernen. „Sie stellen sich dort vor und können sich um ein Praktikum bewerben - das ist wie ein erstes kleines Vorstellungsgespräch“, sagt Claudia Hennrich.
Mit seinem Projekt war das Deutsche Fachwerkzentrum im Jahr 2017 beim bundesweiten Wettbewerb „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen“ erfolgreich. Seit 2002 bietet es internationale Seminare an, seit 2014 auch für erwachsene Flüchtlinge. (mz)
