"Die Leute sind vorsichtig" Sachsen-Anhalt-Tag 2019 Quedlinburg: Polizei registriert nur wenige Straftaten

Quedlinburg - Das Funkgerät an Axel Oberländers Brusttasche knackt laut. „Hört“, sagt der Polizist. Die Antwort aus dem kleinen schwarzen Kasten klingt verzerrt und wird von lautem Rauschen begleitet. Die Miene des 41-Jährigen verfinstert sich.
Mit wenigen Schritten verschwindet der Polizist in der Besuchermenge, die sich die Rathenaustraße entlang schlängelt. Einige Augenblicke später tauchen Oberländer und sein Kollege Maik Rehbein wieder auf. „Keine Gefahrensituation“, sagt Rehbein gelassen. Ein uneinsichtiger Autofahrer hat versucht, eine Straßensperre zu überwinden. Routine an diesem Samstagnachmittag.
Streifen, Beamte in Zivil und zwei Sprengstoffspürhunde sind in Quedlinburg unterwegs
Die beiden Polizisten leiten den Veranstaltungsschutz des Sachsen-Anhalt-Tages in Quedlinburg. Meist zu Fuß sind sie in der Stadt unterwegs, machen sich ein Bild von der Lage, koordinieren Einsatzkräfte. Taschendiebstähle, Schlägereien, aber auch ein Terroranschlag gehören zu den Bedrohungen, auf sie vorbereitet sein müssen. Dazu sind sowohl Streifen als auch Beamte in Zivil sowie zwei Sprengstoffspürhunde vor Ort.
Für Oberländer ist es bereits der dritte Sachsen-Anhalt-Tag als Polizist. Eigentlich leitet der Polizeirat den Streifendienst in Halberstadt. „Es ist positiver Stress“, sagt sein Kollege Rehbein. Vor allem der Dienst zu Fuß, nah beim Bürger, sei eine willkommene Abwechslung. „So sind wir nicht so unnahbar“, sagt Oberländer. Bisher sei alles sehr friedlich verlaufen. „Es ist ein Familienfest, die Leute sind vorsichtig.“
In der Einsatzleitung des Sanitätsdienstes gibt es viel zu tun
In der Einsatzleitung des Sanitätsdienstes ist bereits zur Halbzeit des Festes deutlich mehr zu tun. Hier im Marschlinger Hof werden alle Rettungseinsätze koordiniert. Die Leitung haben die Malteser. Ihr roter Funkwagen ist rund um die Uhr mit Fernmeldern besetzt.
Zu ihnen gehört der 18-jährige Johan Schneidewind aus Magdeburg. Jeder Notruf im Festgebiet geht hier ein. Dann koordinieren die ehrenamtlichen Helfer die rund 60 Sanitäter und zwei Notärzte in der Innenstadt. „Es wird erstmal viel über Funk gesprochen, aber das ist auch nötig“, sagt Schneidewind.
40 Menschen haben die Sanitäter bis Samstagnachmittag bereits versorgt, zwei Besucher mussten in ein Krankenhaus gebracht werden. Meist verlieren Patienten das Bewusstsein aufgrund der Hitze oder aus anderen Gründen: „Entweder die Leute trinken zu viel oder zu wenig“, sagt Schneidewind.
„Entweder die Leute trinken zu viel oder zu wenig“, sagt Malteser Johan Schneidewind
Er hat heute die Nachtschicht. Von 22 bis 5 Uhr wird er an der Funkanlage sitzen. Die Helfer schlafen gemeinsam in einer Turnhalle. Er sei hier von Freunden umgeben, die Spaß zusammen haben. Der 18-Jährige geht noch zur Schule, am Montagmorgen beginnt für ihn wieder der Unterricht. Für ihn kein Problem: „Es ist wie ein Kurzurlaub“, sagt er und lacht.
Auch die freiwillige Feuerwehr in Quedlinburg hat für das Festwochenende aufgerüstet: Seit Freitag früh sind 19 Kameraden an zwei Standorten rund um die Uhr in Bereitschaft. Die Gefahr: Die zahlreichen Buden, in denen gekocht und gebraten wird, stehen in direkter Nähe zu den vielen Fachwerkhäusern.
Trotz Sicherheitsbestimmungen könne das zum Problem werden, sagt Zugführer André Neumann. „Sonst wären wir nicht hier.“ Die größte Herausforderung im Brandfall sei jedoch die Anfahrt mit dem Löschfahrzeug. Menschen, Bühnen und Stände versperren der Feuerwehr die üblichen Wege.
Bei der Feuerwehr schieben alle eine 24-Stunden-Schicht - ehrenamtlich
Deshalb hängt in der Wache ein Stadtplan mit alternativen Anfahrtswegen aus. Normalerweise wäre die Wache jetzt nur mit den hauptamtlichen Gerätewarten besetzt. Neumann schiebt an diesem Samstag eine 24-Stunden-Schicht, ehrenamtlich wie alle seine Kameraden. „Klar ist das hart. Aber ich finde, das Fest ist toll für unsere Stadt.“
Zwei Diebstähle, ein Drogenfund, eine Sachbeschädigung, eine Rangelei
Die Rettungs- und Sicherheitskräfte ziehen eine positive Bilanz des Sachsen-Anhalt-Tages: Es habe nur vereinzelte Vergehen gegeben, teilte die Polizei am späten Sonntagnachmittag mit. So sei es zu zwei Diebstählen, einem Drogenfund, einer Sachbeschädigung und einer Rangelei zwischen Besuchern gekommen.
„Wir sind sehr zufrieden. Ich bedanke mich herzlich bei allen Einsatzkräften“, sagte Polizeiführer Marco Zeuner. Der Sanitätsdienst verzeichnete zur gleichen Zeit 140 versorgte Patienten – meist Zusammenbrüche aufgrund der Hitze. Das sei weniger, als erwartet, sagte ein Einsatzleiter. Die Feuerwehr musste im Zusammenhang mit dem Fest nicht ausrücken. Sie stellte Sprinkleranlagen zur Abkühlung für die Besucher auf. (mz)