Quedlinburger irritiert Quedlinburger irritiert: 650 Briefe für Friedhofsnutzer

Quedlinburg - Betonplatten sind ebenso von den Grabbeeten zu nehmen wie Kies. Feste - beispielsweise aus Steinen oder Blechplatten gebaute - Umrahmungen oder Zäune sind zu entfernen. Über Aufforderungen wie diese, die zahlreiche Nutzer von Grabstätten auf dem Quedlinburger Zentralfriedhof erhalten haben, ist in sozialen Netzwerken rege diskutiert worden. Die Frage nach dem Warum wird dabei ebenso aufgeworfen wie Unverständnis deutlich gemacht.
"Gräber nicht satzungsgerecht"
„Wir haben in diesem Jahr verstärkt Nutzungsberechtigte angeschrieben, wenn Gräber nicht satzungsgerecht sind“, bestätigt Ronald Wenzel, für die drei städtischen Friedhöfe - das sind der Zentralfriedhof Quedlinburg und die Friedhöfe in Gernrode und Bad Suderode - verantwortlicher Mitarbeiter bei der Stadtverwaltung. Insgesamt seien für alle drei Friedhöfe 650 Briefe herausgegangen.
„Laut Satzung“, erklärt Ronald Wenzel, „ist der Zentralfriedhof ein Waldfriedhof.“ In den vergangenen Jahren sei es aber verstärkt dazu gekommen, dass auf das Grabbeet Folie gelegt und - meist weißer - Kies aufgebracht werde, weil man sich dann nicht mehr um die Fläche kümmern müsse, sagt der Leiter. Zudem seien feste Einfassungen gebaut worden. All das sei aber nicht zulässig, sagt Wenzel und verweist auf die Satzung: Laut dieser sind Einfassungen aus Buchsbaum oder Eibe vorgesehen; zulässig sind auch lose gelegte Natursteine.
Beetgestaltung ist vorgeschrieben
Vorgeschrieben ist hier auch die Grabbeetgestaltung: Die Fläche kann bis zu drei Vierteln mit einem Bodendecker bepflanzt werden, die Restfläche ist mit einer Wechselbepflanzung zu gestalten, wobei auch eine Schale aufgestellt werden kann. Mit der Gestaltung soll der Waldcharakter des Friedhofs, auf dem die Gräber früher klassisch mit Efeu eingefasst waren oder es ganze Efeu-Hügel gab, erhalten bleiben. „Unser Friedhof ist ja auch ein Denkmal.“
Die Angeschriebenen bekämen eine Aufforderung mit einem Termin, bis zu dem das nicht Satzungsgerechte zu verändern ist. Die Reaktion, sagt Ronald Wenzel, sei unterschiedlich. Die einen machen es, andere reagieren nicht und werden erneut angeschrieben, wieder andere fragen nach. „Das sind mir die Liebsten. Dann kann man erklären, sich das vor Ort anschauen“, so Wenzel und verweist auf sehr viele positive Beispiele. „Es gibt Bürger, die geben sich richtig viel Mühe“, sagt der Friedhofsleiter.
"Warum kommen Sie denn erst jetzt?"
„Öfter wird auch gefragt: ,Warum kommen Sie denn erst jetzt? Wir haben den Kies schon seit vielen Jahren drauf.‘“ Als er die Friedhofsverwaltung 2013 übernommen habe, sei die Anlage in einem ungepflegten Zustand gewesen, erklärt der Leiter. Da hätte man kaum Nutzer anschreiben und auffordern können, die Gräber satzungsgerecht zu gestalten.
Inzwischen aber seien auf dem Friedhof die Hecken heruntergeschnitten, sei begonnen worden, Wege zu erneuern. „Das geht alles nur Stück für Stück“, sagt Ronald Wenzel. „Wir machen das alles selbst.“ Und wenn die Friedhofsverwaltung Unterstützung zum Beispiel durch Studenten der Hochschule Harz bekommt, gibt es einen „zeitlichen Puffer“, sich auch die Grabstätten genauer anzusehen - wie es jetzt erfolgte.
"Immer weniger Zeit zur Pflege"
„Die Tendenz geht dahin, dass die Menschen immer weniger Zeit haben, um Gräber zu pflegen“, weiß Wenzel. Auch auf dem Zentralfriedhof würden deshalb Alternativen zu den klassischen Gräbern angeboten. So beispielsweise Urnenwahlgräber auf einem Rasengrabfeld oder Urnengemeinschaftsanlagen, bei denen die Namen der Verstorbenen in alte Quedlinburger Pflastersteine eingraviert werden.
In Vorbereitung ist ein Baumbestattungspfad, der im kommenden Jahr eröffnet werden soll. „Wir haben hier Flächen mit einem großen Altbaumbestand“, so der Friedhofsleiter. Für diese „Waldbestattung“ müsse aber erst die Zustimmung des Stadtrates eingeholt und die Satzung geändert werden. Bei dieser Satzungsänderung soll dann auch die eine oder andere Festlegung etwas deutlicher formuliert werden, so Ronald Wenzel.
(mz)