Quedlinburg Quedlinburg: Leer und doch aufschlussreich
QUEDLINBURG/MZ. - Nicht ohne Grund: Denn im Bereich der Kirchenreste, die seit 2006 Museum sind, wurden bereits mehrere Kopfnischengräber und ein Felskammergrab entdeckt.
Für die Untersuchung des neuen Fundes erinnerte sich Kreisarchäologe Oliver Schlegel an Claudia Schaller, die Ur- und Früh- sowie Kunstgeschichte an der Friedrich- Schiller-Universität in Jena studiert. Sie hatte 2007 / 2008 ein Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege absolviert. Schaller war dabei bei den Archäologen im Landkreis aktiv geworden und nahm an mehreren Grabungen teil. Da sie ihre Bachelor-Abschlussarbeit über die historischen Bestattungen auf dem Münzenberg schreibt, war es folgerichtig, die 22-jährige Wernigeröderin mit den Untersuchungen in der Westkrypta der Marienkirche zu betrauen.
Sie legte innerhalb einer Woche eine Grube von etwa 80 bis 100 Zentimeter Tiefe und 100 Zentimeter Breite frei. Dabei wurden Keramikscherben, ein Teil einer Kaminkachel, ein Pfeifenkopf und Knochenreste gefunden. "Die Verfüllung scheint aus dem 17. oder 18 Jahrhundert zu stammen, ist aber nicht mittelalterlich", erklärt die Studentin: "Eine Bestattung war dagegen nicht zu finden, weder Knochen noch Beigaben." Trotzdem kann laut Schaller anhand der Sandsteinmauern an den Längsseiten von einem Felskammergrab ausgegangen werden. Aufgrund des schon erfolgten Estrichauftrags in dem Bereich der Grabung konnte das Umfeld nur bedingt untersucht werden. Sonst wäre der gerade neu gegossene Fußboden beschädigt worden. "So sind Kopf- und Fußenden nicht auszumachen", bedauert die Studentin.
Sie geht aber davon aus, dass es sich bei der gemauerten Vertiefung trotzdem um etwas Besonderes handeln muss. Sie befindet sich an prononcierter Stelle zwischen vier Säulen in der Krypta. Zudem ist der gemauerte Raum in West-Ost-Richtung ausgerichtet. Sollte es ein Grab sein, könnte darauf geschlossen werden, dass es sich um eine bedeutende Persönlichkeit handelte, die dort beerdigt worden ist, meint die Studentin. Zudem wäre es dann das zweite Felskammergrab auf dem Münzenberg.
Auch wenn sich keine Zeugnisse einer Grablegung feststellen ließen, geht Schaller davon aus, dass die aktuelle Grabung bisherige Erkenntnisse ergänzt. Es sei interdisziplinär von Bedeutung, da auch die Bauforscher davon profitieren, sagt sie. Dass keine direkten Grabfunde zutage getreten sind, betrachtet sie nicht als tragisch. Jede Grabung sei schön. "Immer wieder gibt es spannende Momente, wenn in den Boden eingedrungen wird", betont sie. Und in einer geschichtsträchtigen Region wie Quedlinburg sei immer mit Zeugnissen der Vergangenheit zu rechnen.
Aus diesen Gründen möchte die Studentin, die nach dem Bachelor ihren Master-Abschluss erreichen will, später in der Denkmalpflege arbeiten. Dabei sei es aus heutiger Sicht egal, ob in der Bau- oder Bodendenkmalpflege.
Von der Westkrypta der ehemaligen Marienkirche gehört bisher nur ein Drittel seit etwa vier Jahren zum Museum. Der Rest ist in Privatbesitz. Die Räumlichkeiten der Krypta wurden, wie andere Teile auch, als Keller genutzt. Sie werden seitdem sie zum Museum gehören in Führungen einbezogen, weiß Gerhard Ecke, der sich um das Museum auf dem Münzenberg kümmert. Mit dem Estrich-Fußboden beginnend sollen die Kryptateile für Ausstellungen, Konzerte oder Lesungen hergerichtet werden.