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Quedlinburg Quedlinburg: Fachwerkhäuser werden Raub der Flammen

Von DETLEF ANDERS UND KERSTIN BEIER 13.04.2011, 05:13
Die brandgeschädigten Häuser von der Drehleiter aus gesehen. (FOTO: CHRIS WOHLFELD)
Die brandgeschädigten Häuser von der Drehleiter aus gesehen. (FOTO: CHRIS WOHLFELD) Photo by: Chris Wohlfeld

QUEDLINBURG/MZ. - In den Fenstern der Neubauten amMarschlinger Hof, gleich neben dem Theater,spiegelt sich das Blaulicht von Feuerwehrenund Rettungswagen.

Es ist gegen 23.30 Uhr, einige Frauen, Männerund Jugendliche stehen an der Ecke zum MarschlingerHof. Entsetzt schauen sie zu, wie hinter demFachwerkhaus Nummer 7 immer mehr Flammen ausden Dächern schlagen. Dort stehen die unbewohntenFachwerkhäuser Weingarten 15/16. "Das istschrecklich", sagt eine Frau. Ihr 19-jährigerSohn hatte die Feuerwehren bemerkt, und schnellsind s>sie aus ihrer Wohnung über dem "BuntenLamm" gekommen, um zu sehen, was da brennt.Böse Erinnerungen werden bei ihr wach. Inder Silvesternacht 2004/05 hatte sie von ihrerWohnung aus den Großbrand am Kornmarkt 3 miterlebenmüssen, als dort ein großes, jahrelang leerstehendes Kaumannshaus abbrannte und überden Dachstuhl auch auf die Nummern 4 und 5,das Salfeldtsche Palais, übersprang. Nun brennenkaum 100 Meter weiter wieder leer stehendeFachwerkhäuser.

"Mir zittern die Knie", gesteht die Frau,während hinter ihr jemand mit dem Handy filmt.Dann werden sie von der Feuerwehr zurückgeschickt."Wir müssen evakuieren", ruft einer der Feuerwehrmännerund fängt an, die Bewohner des Neuendorf 1aus den Betten zu klingeln.

Die Feuerwehr müht sich mit mehreren Löschtrupps,der Flammen Herr zu werden. Von der Drehleiterim Weingarten aus versuchen sie nicht nur,die Flammen unter Kontrolle zu bringen, eswerden auch die gegenüberliegenden Fachwerkhäuserbefeuchtet, damit die Flammen nicht überspringen.Kaum scheint der Brand abzuebben, werden dieGlutnester durch den starken Wind wieder entfacht.Die Menschen, die die gegenüberliegende Straßenzeilebewohnen und nun in Sicherheit gebracht werden,haben Glück, dass der Wind in Richtung MarschlingerHof weht, wo seit über 20 Jahren niemand mehrin den 300 Jahre alten Fachwerkhäusern wohnt.Dennoch ist die Hitze so enorm, dass einigeFensterscheiben in den bewohnten Häusern,die nur etwa fünf Meter vom Brandort entferntstehen, bersten. "Bis zur Wende war eine Schustereihier", weiß ein fast 60-Jähriger über dasEckhaus Nummer 7 zu berichten, das neben denbeiden Häusern im Weingarten ebenfalls vomBrand betroffen ist und das inzwischen demSanierungsträger Baubecon gehört. <$7>DerMann ist erst 1988 im Neuendorf eingezogen,wo zuvor ganze Fachwerkzeilen abgerissen unddurch die Häuser in der so genannten HalleschenMonolithbauweise ersetzt wurden. Von der Marienkircheaus beobachtet er das Geschehen.

Derweil steigen mehrere ältere Anwohner ineinen Rettungswagen ein. Anneliese Klaucke(75) hatte schon tief geschlafen, als sievon der Feuerwehr aus ihrer Wohnung im schonsanierten Fachwerkhaus Marschlinger Hof 8in Sicherheit gebracht wurde. "Das ist furchtbar.Da muss jemand gezündelt haben", ist sie überzeugt.Ob sie Recht hat, wird sich wohl bald zeigen.Laut Polizei kann der Brandursachenermittlers>seine Arbeit jedoch erst am Donnerstag aufnehmen.

Anneliese Klaucke wird wie elf weitere Anwohnerins Feuerwehrdepot gebracht, wo sie die Nachtverbringen und erst am Morgen wieder zurückkehrenwird.

Während die Männer und Frauen wieder in ihreWohnungen dürfen, sind den Feuerwehrleutendie Strapazen der vergangenen Nacht am nächstenMorgen deutlich anzusehen. Gegen 8 Uhr istder Einsatz für einige von ihnen immer nochnicht beendet. Glutnester sind zu sichern.Damit sie nicht erneut aufflammen, werdensie mit Schaum abgedeckt. Zuvor hatten Mitarbeiterdes Technischen Hilfswerkes Sicherungsarbeitenausgeführt, um der Feuerwehr ein relativ gefahrlosesArbeiten zu gewährleisten.

Insgesamt waren in der Nacht über 100 Feuerwehrleuteaus Quedlinburg, Ballenstedt, Gernrode, BadSuderode, Rieder, Blankenburg, Ditfurt undThale im Einsatz. Dazu kamen zwei Rettungswagen,Technik und Einsatzkräfte des THW und zweiFunkstreifenwagen der Polizei. EinsatzleiterSebastian Petrusch, der in dieser Woche Urlaubhat, freut sich jetzt auf sein Bett, und auchfür Feuerwehrmann Holger Mücke geht an diesemMittwochmorgen ein wahrer Einsatz-Marathonzu Ende. Denn als ihn der Einsatz-Pieper amAbend zuvor zu Hause aufschreckte, war ergerade erst von der Arbeit gekommen und wollteeigentlich unter die Dusche. Mit vielen StundenVerspätung kann er die nun nachholen.

Mit einem Großaufgebot rückten in der Nacht zum Mittwoch (13.04.2011) die Wehren der Stadt Quedlinburg und Umgebung zu einem Brand mehrerer Fachwerkhäuser im Quedlinburger Marschlinger Hof 7 aus. (FOTO: CHRIS WOHLFELD)
Mit einem Großaufgebot rückten in der Nacht zum Mittwoch (13.04.2011) die Wehren der Stadt Quedlinburg und Umgebung zu einem Brand mehrerer Fachwerkhäuser im Quedlinburger Marschlinger Hof 7 aus. (FOTO: CHRIS WOHLFELD)
Photo by: Chris Wohlfeld