Quedlinburg Quedlinburg: Fachwerk statt Haus am See
QUEDLINBURG/MZ. - Das Fachwerkmuseum Quedlinburgs, ein Ständerbau in der Word, galt lange Zeit als ältestes, deutsches Fachwerkhaus. Das Hausalter wurde anhand von dendrochronologischen Untersuchungen auf das Baujahr 1346 / 57 datiert. Doch im Zuge der Stadtsanierung werden in Quedlinburg bei Sanierungsarbeiten mit den modernen Untersuchungsmethoden immer ältere Häuser entdeckt. Schon vor neun Jahren sind in der Hölle 11 ein Eichenbalken aus dem Jahr 1215 und ein Fichtenbalken aus dem Jahr 1230 sowie Holzbalken aus einem Haus im Klink von 1290 entdeckt worden. Nun wurden eine komplette Fachwerkwand sowie Deckenbalken in dem jahrelang leer stehenden Fachwerkhaus Breite Straße 12 auf das Baujahr 1330 datiert. Jetzt wird es saniert.
"Es war Liebe auf den ersten Blick", gesteht Bauherrin Anja Buschmeier (44) aus dem Kreis Paderborn. Als ihr Mann Norbert im Sommer 2009 mit Plänen für die Sanierung des alten Fachwerkhauses nach Hause kam, sprühte aus seinen Augen Begeisterung. Der Chef einer Firma aus Aschersleben hatte schon im Büro des Planungsbüros qbatur gewusst - "das ist es". Allein nach dem Ansehen von Fotos und Zeichnungen. Auch die Besichtigung des zwar schon baulich gesicherten, aber immer noch stark sanierungsbedürftigen Fachwerkhauses Breite Straße 12 bestärkte ihn.
Bis zum Weihnachtsmarkt 2012 soll nicht nur das Fachwerkhaus saniert, sondern auch das Eckgrundstück Nummer elf an der Essiggasse neu bebaut werden. Bis in die 70er Jahre stand hier auch ein Fachwerkhaus, doch das musste abgerissen werden. Sicherlich hätten den Häusern 12 und 13 das gleiche Schicksal gedroht, wäre nicht die Wende gekommen.
Die Baubecon als Sanierungsträger der Stadt ließ die beiden Häuser zunächst sichern. 1999 wurden die Dächer notrepariert. 2004 kaufte das Planungsbüro qbatur, das sich auf die Sanierung der schlimmsten Fachwerkbauten Quedlinburgs spezialisiert hat, die Grundstücke. 2006 fand eine Beräumung statt.
Von 2007 bis 2009 wurde die Nummer 13 endlich saniert. Ein Hund hatte entschieden, weiß Klaus-Dieter Plate von der Baubecon. Er hatte sich vor dem Grundstück Nummer 13 hingelegt - die heutigen Eigentümer kauften und investierten. In diesem Zuge wurde auch die Fassade der Nummer 12 rekonstruiert und neue Fenster an der Straßenseite eingebaut.
Vom Brunnen begeistert
Die Familie Buschmeier wollte 2009 eigentlich ein Grundstück am Concordia-See kaufen. Doch nach dem Erdrutsch sagten sie den Notar-Termin ab und sahen sich in Quedlinburg um. Die Stadt kennen sie und sie fühlen sich hier wohl. Anja Buschmeier zeigte sich vor allem vom Gewölbekeller sowie dem Brunnen im Haus angetan. Doch da das Fachwerkhaus als Wohnhaus allein zu klein erschien, wurde auch die Brachfläche Nummer elf dazugekauft. Für den Neubau hatte Planer Ulrich Queck drei Varianten vorbereitet, von einem Fachwerkbau bis zum modernen Stadthaus. Die Familie entschied sich nach langem Überlegen für einen modernen Bau des 21. Jahrhunderts, der trotz einiger Proteste letztlich die Zustimmung der Denkmalpfleger und der Stadt fand, wie Plate berichtete. Zwar soll der Neubau zeitgemäß sein, aber es werden historische Baustoffe einbezogen, sagte Norbert Buschmeier.
Land dreht den Hahn langsam zu
In die Sicherungsarbeiten sind in der Vergangenheit bereits 85 000 Euro über die Baubecon geflossen. Über das Stadtsanierungsprogramm werden weitere Fördergelder bereitgestellt. Klaus-Dieter Plate zeigte sich froh, dass nun mit dem Bau begonnen wird und zollte der Familie Hochachtung. "Quedlinburg kann ich nur mit Verrückten retten", gestand er. Leider wird das in Zukunft erschwert. Das Land hat Quedlinburg den Geldhahn viel zu sehr zugedreht.