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Pilzsammeln in Güntersberge Pilzsammeln in Güntersberge: Trüffelfund am Martinsberg

Von Sigrid Dillge 02.08.2015, 15:46
Wächst nur im Gebirge: Der Düstere Röhrling, der von Barbara Grzyb gefunden wurde.
Wächst nur im Gebirge: Der Düstere Röhrling, der von Barbara Grzyb gefunden wurde. Chris Wohlfeld Lizenz

Güntersberge - Der Mann nimmt ein Stück der Beute nach dem anderen in die Hand, dreht es kurz hin und her, betrachtet es genau und nennt Namen um Namen: Papageientäubling, Weißes Hängeröhrchen, Grünspanbecherling, Rotfleischiger Schwarztrüffel. Allesamt Namen von Pilzen, manche auf den ersten Blick als solche erkennbar, andere erst nach dem zweiten Hinschauen. Der Mann heißt Hartmut Schubert und ist so etwas wie der Pilzpapst. Sein Wissen über Pilze scheint unerschöpflich. Genau so wie seine Neugier auf neue Erkenntnisse. Und so heißt es bei der Pilzschau auch: „Das hier muss man mikroskopieren, um zu wissen, was es ist.“

Hartmut Schubert gehört zur Fachgruppe Mykologie im Kultur- und Heimatverein Quedlinburg. Die Gruppe war am Wochenende rings um den Martinsberg bei Güntersberge auf Exkursion, um Wissen zu vertiefen oder neues zu erlangen. Diese Art der Weiterbildung wird von Mai bis Oktober monatlich einmal durchgeführt, wie Regine Wandelt, Vorsitzende der Fachgruppe, informiert. „Heute waren wir mit 13 Leuten unterwegs und haben fast 100 verschiedene Pilzarten und sieben Trüffelarten gefunden“, resümiert sie den Streifzug durch die Natur.

Prädestiniert als Trüffelstandort

Sieben Trüffelfunde in einer Exkursion seien wirklich viel, räumt Schubert ein. Doch der Martinsberg sei gerade zu prädestiniert als Trüffelstandort. Hier herrschen Kalkböden vor, und die mag der unterirdisch wachsende Pilz besonders. In Deutschland gibt es übrigens über 600 Trüffelarten, doch über die meisten von ihnen gibt es wenige Erkenntnisse, was die Genießbarkeit betrifft. Auch der Trüffelfund am Martinsberg taugt nur zum Ansehen und Katalogisieren.

Beim Bestimmen dessen, was im Wald und auf der Wiese gefunden wurde, greifen auch Pilzkenner oft zum Sachbuch. „Ich brauche das manchmal, um die lateinischen Namen ins Deutsche zu bringen“, erklärt Peter Specht. Marasmius rotula heißt beispielsweise Halsband-Schwindling. Auch er wurde bei der Exkursion gefunden. Specht kommt aus Biederitz bei Magdeburg und war Gast bei den Quedlinburger Mykologen. „Bei uns gibt es eine solche Gruppe leider nicht“, bedauert er. Den Kontakt zu den Quedlinburgern hat er übrigens über Hartmut Schubert hergestellt. Die beiden Extrem-Pilzkenner sind miteinander befreundet und gehören beide zur Deutschen Gesellschaft für Mykologie. Specht hatte zum Exkursionswochenende in Güntersberge einen Vortrag gehalten und war natürlich mit auf Streifzug gegangen. „Diese große Ausbeute hatte ich erwartet“, sagt er. Die Mitglieder in der Fachgruppe für Mykologie kommen längst nicht nur aus Quedlinburg, Thale, Ballenstedt oder Güntersberge. Blankenburger und Drübecker gehören ebenso dazu wie die Wernigeröderin Annette Meves. Sie kam vor etwa einem halben Jahr zur Gruppe. Und auch hier hatte Hartmut Schubert in gewissem Sinne die Hand mit im Spiel. „Ich habe Hartmut auf der Wiese kennen gelernt“, lacht die junge Frau. Sie geht gerne mit der Kamera auf Pirsch, um Insekten zu fotografieren. In den Harslebener Bergen gab es dann die Begegnung zwischen Pilzkenner und Naturliebhaberin. Seither gehen E-Mails mit Fotos hin und her, eignet sich Annette Meves Wissen über die faszinierende Welt der Pilze an. Mit Manfred Schult aus Drübeck, der ebenfalls zur Fachgruppe gehört, verbindet sie ebenfalls eine lange Bekanntschaft.

Im Jahr 1988 wurde die Fachgruppe Mykologie (Pilzkunde) von Helga Rußwurm, der damaligen Kreispilzberaterin, gegründet. Der Gruppe gehörten drei Pilzberater und 14 an Pilzen interessierte Bürger an. In der Zeit der politischen Wende sank die Mitgliederzahl auf neun. Heute finden sich in der Fachgruppe wieder 17 Pilzenthusiasten zusammen.

Sieben von ihnen sind als offizielle Pilzberater tätig. Eine immense Arbeit leisten die Fachgruppenmitglieder bei der ehrenamtlichen Erfassung der Pilzarten im Landkreis Harz. Die Pilzdatenbank, die von Helga Rußwurm begonnen worden war, wird von Hartmut Schubert weitergeführt.

Die Fachgruppe veranstaltet seit 20 Jahren fast jährlich eine große Ausstellung, die die Vielfalt von Speise- und anderen Pilzen zeigt. Die Gruppe gehört zum Kultur- und Heimatverein Quedlinburg.

Steinpilze bleiben aus

Am Exkursionswochenende spielten Speisepilze eine eher untergeordnete Rolle. Dennoch haben die Fachgruppenmitglieder auch Beobachtungen für die „Küchenmykologen“ gemacht. „Im vergangenen Jahr haben wir um diese Zeit massenhaft Steinpilze gehabt. In diesem Jahr gibt es nicht einen einzigen“, weiß Regine Wandelt. Damit setze sich ein Trend fort, denn bereits im April habe es keine Morcheln und im Mai so gut wie keine Kronbecherlinge gegeben.

Ursache könnte die seit März andauernde Trockenheit sein. Wie genau sich die fehlende Nässe auf die Pilze auswirkt, sei aber nicht hundertprozentig voraus zu sagen. Die Quedlinburger Pilzkenner hoffen, am ersten Oktoberwochenende wieder eine aussagekräftige Ausstellung mit vielen essbaren und anderen Exemplaren gestalten zu können. Im vergangenen Jahr war diese Schau wegen zahlreicher Krankheitsfälle ausgefallen. Jetzt soll sie auf alle Fälle wieder veranstaltet werden. Der Ausstellungsort steht schon fest: der „Weiße Engel“ am Carl-Ritter-Platz in Quedlinburg.

Quasi als „Übung“ gab es nach der Exkursion schon eine Mini-Schau. Barbara und Hartmut Grzyb aus Güntersberge, die zur Fachgruppe gehören und auch als Pilzberater tätig sind, wählten die schönsten Beutestücke der Exkursion aus, um sie beim Kirchweihfest in der Güntersbergener Kirche zu zeigen. (mz)

Klein, zierlich und unscheinbar erscheinen die Halsband-Schwindlinge.
Klein, zierlich und unscheinbar erscheinen die Halsband-Schwindlinge.
Chris Wohlfeld Lizenz