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Pfarrer verlässt Quedlinburg  Pfarrer verlässt Quedlinburg : Der Motor geht

Von ingo kugenbuch 05.07.2013, 17:40
Ekkehard Steinhäuser schließt die Tür zur Stiftskirche bald zum letzten Male.
Ekkehard Steinhäuser schließt die Tür zur Stiftskirche bald zum letzten Male. detlef anders Lizenz

quedlinburg/MZ - Dieser Mann spielt in der Bundesliga Gottes. Ekkehard Steinhäuser ist der theologische Vorstand der Domschätze in Halberstadt und Quedlinburg. Viel mehr geht in Deutschland nicht. „Ich habe die schönste Pfarrstelle der Landeskirche“, sagt er. Doch Steinhäuser wird Quedlinburg verlassen. Am Sonntag feiert er seinen Abschied mit einem großen Gottesdienst in der Stiftskirche. „Es soll ein Abschiedsfest werden“, sagt er. Alle sind eingeladen. Zum Reden, Essen, Trinken. Und vielleicht ein bisschen Weinen.

Schon vor wenigen Tagen ist Steinhäuser in seinem Fachwerkhaus auf dem Schlossberg auf dem Sprung in ein neues Leben. „Ich lebe mit zwei Laptops, zwei Handys, zwei Kalendern. Das ist alles sehr effektiv“, sagt Steinhäuser und grinst. Auf dem Sprung, aber nicht auf der Flucht. „Ich übergebe hier alles ordentlich, mein Nachfolger wird’s gut haben.“ Sogar die Trauungen, für die Steinhäuser zugesagt hat, wird der Pfarrer noch zelebrieren. „Es entsteht eine Beziehung, wenn ich mit den Hochzeitspaaren rede“, sagt er, „dann kann ich nicht zurück.“

Wenn Steinhäuser im August in Quedlinburg traut, dann ist er längst schon in Halle. Der promovierte Pfarrer arbeitet dann an der Forschungsstelle für religiöse Kommunikations- und Lernprozesse, die die Landeskirche an der Martin-Luther-Universität eingerichtet hat. Er hat seine Arbeit und die Menschen in Quedlinburg geliebt, aber als er zu Ostern einen Anruf bekam, musste er nicht lange überlegen - und sagte zu. Hatte er genug von Quedlinburg? Nein, nein, versichert Steinhäuser. „Ich bin fast 14 Jahre hier“, sagt er. „Wenn ich jetzt nicht wechseln würde, wann dann?“ Er will jetzt noch einmal durchstarten. Wenn Steinhäuser nicht Pfarrer geworden wäre, dann wohl Lehrer. „Das ist jetzt genau das Richtige für mich, wie maßgeschneidert.“

Steinhäuser will ab August forschen und lehren

Statt Gottesdienste zu feiern, statt Gemeindeglieder bei Trauerfällen zu trösten, statt zu trauen, statt zu bestatten, wird Steinhäuser ab dem 1. August forschen und lehren. „Wie reden Menschen über Gott, wie über den Glauben?“ Das sind Fragen, die er klären möchte. Und: „Sprechen Kirchengebäude eine besondere Sprache?“ Steinhäuser wird sich auf die Suche nach einer „Theologie des spirituellen Tourismus“ begeben. „Es ist eine große Spielwiese, man muss aufpassen, dass man sich nicht verliert“, sagt er. Dabei ist von Furcht und Zweifel keine Spur in seinem Gesicht. Nur von ehrlicher Begeisterung. „Das wird eine Mammutaufgabe“, sagt er und klingt dabei sehr zufrieden.

Alles wäre für ihn noch leichter, wenn er wüsste, wer sein Nachfolger wird – als Vorstand der Domschätze und als Pfarrer der Dom- und der Johannisgemeinde. Pfarrer Martin Gentz wird Steinhäuser vertreten, bis in vielleicht einem halben Jahr ein Ersatz für ihn gefunden ist. „Ich weiß, was ich verliere und was ich zurücklassen muss“, sagt er. Seine Bilanz? „Durchweg positiv“, sagt Steinhäuser. „Ich habe das Gefühl, dass ich etwas erreicht habe.“ An vielen Stellen sei er ein „Motor“ gewesen, aber er hatte „auch immer Menschen zur Seite, die sich der Dinge angenommen haben“. Steinhäuser: „Ich fühlte mich 14 Jahre lang getragen.“ Durch Gemeindeglieder, Freunde, Mitarbeiter, die Kirche.

Steinhäusers Maxime hat er einst vom scheidenden Bischof Johannes Hempel gelernt: „Locker bleiben.“ Ist ihm das gelungen? Ja, sagt er. „Je anstrengender es wird, desto ruhiger werde ich.“ Er wird bald viel Ruhe haben.