Personennahverkehr in Quedlinburg Personennahverkehr in Quedlinburg: Die Süderstadt ist in Aufruhr

Quedlinburg - Der Frust sitzt tief in Quedlinburgs Süderstadt, vor allem bei denjenigen, die kein Auto haben und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind. Sie fühlen sich ausgebootet von den Harzer Verkehrsbetrieben (HVB). Die führen am 1. September ein neues Tarifsystem ein. Von „Vorteilen für die Einwohner“ sprach Geschäftsführer Bjoern Smith erst kürzlich bei der Vorstellung desselbigen, anspielend auf das Harz-Abo, das es dann geben wird (die MZ berichtete). Nur wozu ein Harz-Abo, wenn es denn gar „keine ordentlichen Verbindungen“ (mehr) ins Zentrum gebe und auch der erst im August vollzogene Jahresfahrplanwechsel nichts zu ihrer Zufriedenheit beigetragen habe? Das fragen sich die Süderstädter.
Ihrem Ärger darüber machten sie am MZ-Lesertelefon Luft, das in der vergangenen Woche so oft geklingelt hat wie selten in der Vergangenheit. In der Kritik stehen zwei Dinge: Die Busanbindung am Wochenende. „Da fährt gar nichts“, bringt es eine Leserin am Telefon auf den Punkt. Und von Montag bis Freitag ist bereits nachmittags Schluss - sowohl von der Süder- in Richtung Innenstadt als auch umgekehrt. „Es kann nicht sein, dass der letzte Bus vom Bahnhof in die Süderstadt um 16.35 Uhr fährt“, bemängelt Regina Herrmann. Bedauerlich sei das auch für die, die gern die Seniorenvorstellung im Theater besuchten, aber nicht mehr mobil seien. Sie kommen nach der Veranstaltung nicht mehr nach Hause. Bleibt das Taxi. Und das kostet - vom Bahnhof in die Süderstadt etwa sieben Euro, vom Theater seien es sogar zwölf, weiß Georg Duve vom Musik- und Theaterverein Quedlinburg. „Das kann keiner bezahlen“, sagt er und wird noch deutlicher: „Der Fahrplan ist so, dass ihn die Süderstädter nicht nutzen können.“
Einigermaßen überrascht darüber zeigt sich Gerald Hahne von den Harzer Verkehrsbetrieben: Denn diesen nun bemängelten Zustand gebe es schon seit rund sechs Jahren, erklärt er mit Verweis auf eine Entscheidung der Q-Bus Nahverkehrsgesellschaft des Altkreises Quedlinburg. „Damals haben die Quedlinburger Kollegen zum Fahrplanwechsel 2010 die Fahrten zur Süderstadt in Quedlinburg aus Gründen der Konsolidierung eingeschränkt.“ Vorausgegangen waren umfangreiche Untersuchungen des Unternehmens, wie Johannes Knoppik, Geschäftsführer von Q-Bus, damals erklärte. „Alle Fahrten wurden auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüft und Touren an zeitlichen Rändern auch gestrichen.“ Knoppik hatte einst betont, Korrekturen im Fahrplan vorzunehmen, die „auf Hinweisen und Kritiken von Fahrgästen“ beruhen.
Eine der Strecken, die damals von den Sparmaßnahmen betroffen war, war die Quedlinburger Stadtlinie 110. Die Nutzung an den Abenden und auch an den Wochenenden sei derart gering gewesen, dass sich das Angebot einfach nicht gerechnet habe, wurde damals begründet. „Bei der Fusion von Q-Bus mit den Harzer Verkehrsbetrieben wurde daran auch nichts mehr geändert“, erklärt Gerald Hahne.
„In allen anderen Städten des Harzkreises fahren am Wochenende die Stadtbusse, nur in Quedlinburg nicht“, moniert Gudrun Hahn mit Blick auf den neuen Fahrplan. Dabei sei gerade die Süderstadt überproportional von älteren Menschen bewohnt. Diesen werde ein Teil der Lebensqualität genommen, wenn sie nicht zum Bahnhof oder zu Einrichtungen der Stadt kommen.
Sie glaubt, dass sich die Situation im Vergleich zu den Untersuchungen vor mehr als sechs Jahren inzwischen geändert hat. „Dann wäre es richtig, künftig Busse abends und an den Wochenenden einzusetzen“, findet Gudrun Hahn. Sie habe sich deshalb mit diesem Anliegen direkt an die Harzer Verkehrsbetriebe gewandt, nach ihrer Aussage „ohne Erfolg“.
„Von heute auf morgen können wir unseren Fahrplan allerdings nicht einfach umstoßen“, bedauert Gerald Hahne, der sich der Sache angenommen hat. „Aber im Rahmen unserer weiteren Beratungen zu einem neuen Nahverkehrsplan, der im nächsten Jahr umgesetzt werden soll, wird auch die Stadtlinie Quedlinburg ganz sicher auf der Tagesordnung stehen.“ (mz)