Nur Gebirgswasser für fitte Forellen
Altenbrak/MZ. - Das weiß Jörg Handschak am besten, bekommt es sogar geschäftlich zu spüren. Er ist Betriebsleiter der Bodetal-Forellenzucht in Altenbrak, die dem Unternehmer Hans Zordel aus dem schwarzwäldischen Neuenbürg / Eyachtal seit 15 Jahren nach der Umwandlung zur GmbH 1990 gehört. Zwar lief das Weihnachtsgeschäft mit den als Raubfischen geltenden Regenbogenforellen gut, doch seit Jahren ist die Zahl der Karpfenkäufer zurück gegangen.
"Das Karpfengeschäft läuft immer schlechter", weiß der 48-Jährige, der einst Binnenfischerei studierte und seit 1983, dem Erbauungsjahr der Zuchtanlage des VEB Binnenfischerei Magdeburg, dabei ist. Er kennt auch den Grund, warum Karpfen in der heutigen Generation nicht so gefragt ist: Das Vorurteil, Karpfen hätten zu viel Gräten. Doch das stimme so ganz einfach nicht. Es komme da schon auf die Größe an. Je größer der Fisch, umso dicker die Gräten, die sich nach dem Zubereiten viel besser entfernen lassen als bei kleineren Exemplaren. Ein großes Exemplar wiege etwa 3,5 Kilogramm. Er selbst hätte sich fast einmal das Karpfenessen für immer verdorben, weil der Fisch zu klein und die Gräten eben dünn waren.
"Das war ein Gespucke", erinnert er sich noch. Andererseits wüssten die Leute heute gar nicht mehr, wie man einen Karpfen richtig zubereitet, scheuen dann vor einem Kauf zurück und nehmen lieber Forelle. "Man muss den Karpfen wieder schmackhaft machen und den Leuten sagen, wie er zubereitet wird", meint Handschak. Schließlich gebe es bei der Karpfenzubereitung keinen großen Aufwand.
Wegen der geringen Nachfrage bei Privatkunden, Gaststätten und Geschäften liegt der Karpfenverkauf in der Saison - das sind all die Monate, die ein "r" beinhalten - nur bei zehn Prozent des Gesamtumsatzes der Forellenzucht. Jedoch ist das von Jahr zu Jahr unterschiedlich, wenn die Karpfensaisonmonate für die eigentliche Jahreszeit zu warm sind und der Karpfen sich noch nicht abfischen lässt.
Da läuft das Geschäft mit den Forellen wesentlich besser. Im Umkreis von 120 Kilometern, von Braunschweig bis Bernburg, werden die Kunden mit drei Fahrzeugen beliefert. Die sechs Mitarbeiter erwirtschaften jährlich einen Umsatz von 1,5 Millionen Euro. Das sind zwischen 160 und 180 Tonnen Fisch, die aus Deutschlands modernster überdachter Zuchtanlage mit 140 Metern Länge und zwölf Metern Breite an die Kunden gelangen. Zwei neue Becken und ein neues Außenbecken für die Ausnüchterung der schlachtreifen Forellen wurden vor vier Jahren gebaut und alte Becken saniert. Das kostete den Besitzer einst 300 000 Euro. So tummeln sich in den 40 Becken, in die pro Sekunde 1 800 Liter reines Gebirgswasser aus einem 1888 angelegten Wasserstollen fließen und für ausreichend Sauerstoff sorgen, über 150 000 Fische. Und die starke Strömung zwingt die Forellen, gegen den Strom zu schwimmen. "Das bringt sehr festes Fleisch bei den Fischen, die dort langsam wachsen und nicht groß genudelt werden", so Handschak. Versorgt werden die Forellen mit Fischfutter-Pellets. Dagegen bekommen die Lachsforellen, die bis zu zwei Jahren in der Anlage sind, karotinhaltiges Futter, was letztlich für die rote Farbe des Fleisches sorgt - so wie es auch in der Natur ist, wo die Lachsforelle viel karotinhaltige Nahrung findet.
Die Forellen mit einem Gewicht zwischen 300 und 600 Gramm werden nicht nur frisch verkauft, sondern auch geräuchert - pro Tag 200 bis 300 Stück - oder filetiert angeboten. Und das 365 Tage im Jahr. "Wir haben jeden Tag offen, denn die Fische müssen ja auch täglich versorgt werden. Da gibt es keine Pause", erzählt Handschak. Viele Kunden kommen selbst, wollen sehen, welche Ware sie für ihr Geld bekommen. Und wer erst einmal einen Leckerbissen kosten möchte, kann dies in der kleinen Gaststätte neben der Zuchtanlage tun und ganz nebenbei durch ein großes Schaufenster die Forellen beobachten.
Aber auch das Geschäft "Selbstbedienung mit der Angel" hat seit ein paar Jahren Konjunktur. Selbst zu dieser Jahreszeit stehen am betriebseigenen Teich die Angler und holen sich mit ihren Ruten so viele Forellen aus dem Wasser, wie sie brauchen. "Wir lassen nach Gewicht angeln, und da können sie angeln, soviel sie wollen", erzählt Handschak. Den größten "Posten" nahm einmal jemand im Wert von 200 Euro mit - das sind zwischen 60 und 80 Forellen je nach Größe ab 500 bis 600 Gramm. Ansonsten profitiert die Forellenzucht von den vielen Tagestouristen und Wanderern, die durch das schöne Bodetal mit seinen Teichen, Stauseen und der Bode streifen und den Weg dorthin finden. Und was bringt die Zukunft? "Die sieht sehr gut aus, weil die Aquakultur zunimmt", ist sich Handschak sicher, der noch Teiche mit Saiblingen, Bachforellen, Schleie und anderen Fischen am Kloster Michaelstein bewirtschaftet. Und in der dazugehörenden Gaststätte werden die Fische zubereitet und den Gästen frisch angeboten.
Öffnungszeiten der Bodetal-Forellenzucht Altenbrak im Sommer von 7 bis 19 Uhr, im Winter von 8 bis 17 Uhr