Nordharzer Städtebundtheater in Halberstadt Nordharzer Städtebundtheater in Halberstadt: Märchen-Klassiker "Frau Holle" wird aufgefrischt
Quedlinburg - Das Märchen von der braven Gold- und der bösen Pechmarie, die bei Frau Holle landen, kennt wohl jeder. Johanna Jäger hat sich den Klassiker der Brüder Grimm vorgenommen, gründlich entstaubt, den erhobenen Zeigefinger gekappt und die Geschichte modern erzählt ins Heute geholt. Manuel Schmitt hat das Ganze für das Nordharzer Städtebundtheater inszeniert, Udo Herbster entwarf die Kostüme und das Bühnenbild, das mit wenigen effektvollen Requisiten auskommt. Da bleibt Raum für kindliche Fantasie.
Mona Luana Schneider und Julia Siebenschuh in komödiantischer Hochform erscheinen als ungleiche Halbschwestern auf der Bühne, die sich als Baustelle und Tor zur Anderswelt entpuppt. Die Mädchen sollen ihrer betagten Nachbarin (Gerold Ströher) ein paar Einkäufe bringen und eine Geschichte vorlesen. Doch sie gruseln sich vor der alten Frau, erzählen sich Schauergeschichten über sie und suchen nach Ausreden, um nicht bei der Alten erscheinen zu müssen.
Sie schleichen sich auf eine Baustelle; dort steht ein Brunnen, und in den lässt Goldmarie aus Versehen ihr Märchenbuch fallen. Beim Versuch, das Buch herauszuholen, fällt das Mädchen hinein. Pechmarie folgt ihr - um das Missgeschick nicht erklären zu müssen, denn sie hatte ihre Schwester beim Rettungsversuch kurz losgelassen...
Am anderen Ende des Brunnenschachtes eröffnet sich schließlich eine Welt, in der vieles seltsam ist. Komisch vor allem, denn anders als in der Grimmschen Vorlage erscheint hier ein Prinz auf der Bildfläche. Sebastian Borucki stürmt und stolpert als verwirrter Königssohn über die Bühne, der irgendwie immer im falschen Märchen landet und „seine“ Prinzessin sucht, die er nun in Goldmarie zu finden glaubt. Die aber läuft vor ihm weg, so dass der Prinz auf seiner Suche von einem Märchen ins andere gerät. Damit lässt sich geschickt die große Geschichte auflockern, ohne dass es verwirrend wird, denn alle diese Märchen - stets nur mit Details angedeutet - haben etwas gemeinsam: Der Ofen bei Frau Holle gehört auch der Hexe bei „Hänsel und Gretel“, die zu melkende Kuh erscheint im Holle-Reich wie bei „Hans im Glück“, und der Brunnen über den Wolken dient auch dem Froschkönig im Schlosspark als Behausung.
Zwischen den Stationen, die die beiden Maries abzuarbeiten haben, sorgt „Prinz Hänsel“ im Wechselspiel von bewusst überzogenen und kleinen, stillen Gesten für komische Momente. Julia Siebenschuh setzt als verliebte Pechmarie noch eins drauf, wenn sie den Prinzen jagt.
Nach dem ganzen Hin und Her, das auch für Erwachsene einige Späße zu bieten hat, treffen sich die Schwestern schließlich bei Frau Holle, die die beiden Mädchen doch sehr an ihre alte Nachbarin erinnert. Aber die „olle Holle“ spricht in Reimen und kann das Wetter machen. Sie kann auch Gold und Pech regnen lassen und die Mädchen zurück in ihre Welt schicken. Da krabbeln sie dann nach einer unterhaltsamen guten Stunde wieder aus dem Brunnen: die eine glücklich, die andere vom Pech verfolgt. Aber sie hat etwas gelernt und zeigt sich schließlich gar nicht mehr so faul, sondern überraschend hilfsbereit. Ein schönes Ende, das ohne den berühmten Zeigefinger auskommt und zeigt, dass auch der sich ändern kann, dem man es gar nicht zugetraut hat.
Die erste Nachmittagsvorstellung von „Frau Holle“ gibt es am 5. Dezember um 15 Uhr im Großen Haus Halberstadt. In Quedlinburg wird die Aufführung am 13. Dezember um 15 Uhr im Großen Haus gezeigt. Bis dahin gibt es viele Vorstellungen um 9 und 11 Uhr, die Termine sind online unter harztheater.de zu finden. (mz)