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Neues Leder für Kirchenregister

Von Frank Ruprecht 09.11.2007, 18:51

Halle/MZ. - Badeborn / MZ. Hartmut Rienecker (69), seit 13 Jahren Vorsitzender des Gemeindekirchenrates, steht die Freude ins Gesicht geschrieben, als er vor seinem Stahlschrank im Zimmer des Pfarrhauses steht und die guten Stücke präsentiert. Denn zehn von immerhin 16 Kirchenregister der Gemeinde Badeborn bekamen neue Einbände. Schließlich sind die wertvollen Dokumente über 300 Jahre alt und haben bei der Benutzung in der langen Zeit ganz schön gelitten.

"Sie waren in einem miserablen Zustand", sagt Hartmut Rienecker und zeigt einen alten Einband. Der lässt nur noch vermuten, wie schön er einst war - filigran verzierte Kunstpappe mit Lederrücken und - ecken. Und die zu restaurieren, würde einen ganze Stange Geld kosten. So wurden vorerst zehn Bücher in neues, braunes Leder mit goldfarbener Schrift eingebunden, von der Buchbinderei Maaré aus Teicha. Die Kosten dafür hat Otto Ritter aus Bensheim (Hessen) übernommen, der nach seinen Vorfahren forscht und es ihn schließlich nach Badeborn verschlug, wo er Spuren seiner Ahnen ausmachte. "Er fand es traurig, dass die Bucheinbände so mitgenommen aussahen", erzählt Rienäcker. Daraufhin habe Otto Ritter sich entschlossen, Sponsor für die neuen Einbände zu werden und 1 000 Euro locker zu machen. Letzten Endes hat er die Gesamtsumme von 1 094,80 Euro gänzlich getragen. Fast drei Monate hat das Einbinden gedauert.

Hat Rienäcker noch einige Unterlagen aus den Jahren 1585 bis 1617, gibt es dann erst wieder Register ab 1703 bis zum heutigen Tage. Aufzeichnungen aus der Zeit dazwischen fehlen, anscheinend wurden sie verbrannt oder sind anderweitig abhanden gekommen. Und in den vorhandenen Dokumenten steht allerhand geschrieben - Geburten, Taufen, Hochzeiten, Todesfälle und Textauszüge aus Predigten bei Beerdigungen. Oder auch, wer wann, was war. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Kirchenregistern sehr ausführlich geschrieben. Einiges lässt sich nur schwer entziffern, weil die Schriften unterschiedlich sauber und schön sind oder das alte Papier an einigen Stellen abgegriffen ist und der Zahn der Zeit an ihm nagt. Manche Einträge sind sehr verschnörkelt und lassen erahnen, das der jeweilige "Schreiber" etliche Stunden dafür gebraucht hat, um die Feder exakt über das Papier zu führen. Ist auf einigen Blättern der Seitenkopf entsprechend gekennzeichnet, was auf der Seite steht, wurde für Trauungen zum Beispiel einige Zeit das Wort "Copuliert" geschrieben.

In den Kirchenregistern ist aber auch verewigt, wenn jemand etwas auf dem Kerbholz hatte oder wer mit wem Unzucht getrieben hat. Der durfte dann nicht in der Kirche getraut werden, sondern im Gemeinderaum. "Das waren damals harte Sitten", sagt Rienäcker mit einem Lächeln und weiß, das früher sogar ein Selbstmord im Nachhinein noch bestraft wurde. Derjenige durfte dann nicht auf dem Friedhof begraben werden, sondern vor der Friedhofsmauer oder an anderer Stelle, wie Rienäcker zu berichten weiß. Er wünscht sich, dass auch die übrigen sechs Kirchenregister irgendwann neu eingebunden werden können. "Vielleicht findet sich ja jemand, der Geld spendet", hofft der 69-Jährige.