AWO Neue Nutzer im Haus „Mathilde“ in Quedlinburg
Verwaltung und weitere Bereiche des Kreisverbands Harz sind in Familien- und Pflegezentrum umgezogen. Warum das auch mit Mangel an Pflegepersonal zu tun hat.

Quedlinburg/MZ
Hier und da riecht es noch ein bisschen nach frischer Farbe, und nicht alle der Schilder, die den Weg durchs Haus weisen werden, sind schon fertig und angebracht: Die Nutzung des Familien- und Pflegezentrums „Am Kleers“ des Awo-Kreisverbandes Harz in der Quedlinburger Gartenstraße ist noch vielfältiger geworden. In der vierten Etage des zur Gartenseite hin gelegenen Gebäudes - dem Haus „Mathilde“ - befinden sich jetzt Büroräume. Eingezogen sind hier die Geschäftsstelle, also die Verwaltung des Awo-Kreisverbandes mit ihren Bereichsleitungen sowie der Tochtergesellschaften Awo Kinder- und Jugendhilfe und Pflege und Wohnen, dazu die Schuldner- und Insolvenzberatung sowie das Ambulant betreute Wohnen. „Insgesamt 24 Mitarbeiter“, sagt Kai-Gerrit Bädje, Geschäftsführer des Awo-Kreisverbandes Harz.
Mehrere Gründe
Für den Umzug gibt es mehrere Gründe: So ist der auf zehn Jahre befristete Mietvertrag für die Objekte in der Pölkenstraße - hier nutzte die Awo Räume in den Häusern Nummer 9 und 7a - ausgelaufen. „Die Räume waren für Verwaltung nicht so wirklich gut geeignet“, sagt Kai-Gerrit Bädje und spricht auch von Feuchtigkeit in einzelnen Bereichen. „Deshalb haben wir uns entschlossen, dort nicht zu bleiben.“ Das sei die eine Seite der Entscheidung. „Die andere Seite ist eine, die mit der Geschäftsstelle gar nichts zu tun hat, sondern ausschließlich mit Pflege“, sagt der Geschäftsführer und konkretisiert: mit dem Mangel an Pflegekräften.
Schon vor einem Jahr sei deshalb die fünfte Etage des Gebäudes aus der Pflege herausgenommen, seien 18 Pflegeplätze abgebaut worden. Und jetzt noch weitere 18 in der vierten Etage, „weil absehbar, dass trotz unserer Bemühungen, Pflegekräfte zu bekommen, und obwohl wir einen eigenständigen Tarifvertrag haben, nichts in nennenswerten Dimensionen nachkommen wird“.
Doch auch die Räume im Haus „Mathilde“ seien mit Kosten verbunden. Deshalb seien vor zwei Jahren in der fünften Etage schon Einrichtungen wie etwa das Kind-Eltern-Zentrum untergebracht worden. Hier gebe es acht Plätze für Kinder im Alter von null bis sechs Jahren, die aus verschiedensten Gründen aus den Familien herausgenommen worden seien. „Unser Job ist es, Familie und Kind wieder zusammenzubringen“, erklärt der Geschäftsführer. Die Kinder würden in der Wohngruppe betreut, die Eltern dabei unterstützt und begleitet, wieder Verantwortung für ihr Kind zu übernehmen.
Zudem gibt es eine Tagesgruppe für Jugendliche, die auf dem Weg ins Erwachsenwerden unterstützt werden, die ebenso in der fünften Etage ihr Domizil hat wie der ambulante Pflegedienst mit seinem Büro. „Gerade das Unterbringen der Kinder hat für das Haus sehr viel gebracht“, sagt Kai-Gerrit Bädje. So nutzen Kinder und Senioren das Außengelände gemeinsam, und die Mädchen und Jungen hier spielen zu sehen, bringe den Senioren viel Freude.
Mehr Menschen im Haus
Und auch die neue Nutzung der vierten Etage, für die einige Umbauten erfolgten, Bäder herausgenommen und auch mal zwei Räume zu einem zusammengelegt wurden, komme an: „Es wird von den Bewohnern positiv wahrgenommen, das auch einmal andere Menschen durchs Haus gehen“, sagt Kai-Gerrit Bädje.
Wobei hier aktuell natürlich die Corona-Bestimmungen gelten: So wie Angehörige, die Bewohner besuchen, sich testen ließen, „gilt das auch für alle Mitarbeiter, auch die der Verwaltung und in den Einrichtungen. Wer rein möchte, muss eben durchs Testzentrum.“
„Ich hätte beide Etagen gern in der Pflege behalten“, sagt Kai-Gerrit Bädje. Doch was im Pflegebereich derzeit passiere, „macht den Eindruck, als wollte man die stationäre Pflege nicht mehr“, erklärt der Geschäftsführer und spricht etwa von einem „Anteil bürokratischer Arbeit“, der bei 40 Prozent liege. „Das hat mit dem Herzen nicht viel zu tun, wegen dem die Menschen in die Pflege gegangen sind.“ Knackpunkt bleibt: „Wir brauchen mehr Personal.“ Eine Überlegung dazu wäre, die Berufsgruppe, die Definition der Personen, die als Fachkräfte anerkannt würden, zu erweitern, beispielsweise durch Ergotherapeuten.