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MZ-Serie typisch Harz Gernrode MZ-Serie typisch Harz Gernrode: Geschichte der Harzer Likörfabrik

Von Andreas Bürkner 08.11.2013, 18:17
Verkaufsleiterin Conny Bier zeigt verschiedenen Verpackungsmöglichkeiten der als „Typisch Harz“ prämierten Sorten.
Verkaufsleiterin Conny Bier zeigt verschiedenen Verpackungsmöglichkeiten der als „Typisch Harz“ prämierten Sorten. chris Wohlfeld Lizenz

gernrode/MZ - „So unterschiedlich wie die Geschmäcker sind auch unsere Produkte. Wir reagieren mit unserem Sortiment auf die aktuellen Wünsche unserer Kunden“, betont Conny Bier. Trotzdem werde an die Erfolge der 60-jährigen Geschichte der Harzer Likörfabrik angeknüpft, ergänzt die Verkaufsleiterin des Hauses. Die Tradition der Destille im Gernröder Gewerbegebiet geht allerdings schon auf private Brennereien vor Jahrhunderten zurück. Bereits um 1600 zählte Quedlinburg mit gerade einmal 6.000 Einwohnern über 100 Schnapsbrennereien im Stadtgebiet. Reiche Kornernten, begünstigt durch das vorherrschende Klima im Vorharz, diente als Grundlage zum Herstellen der Kräuter- und Fruchtsaftliköre.

20.000 000 Liter Alkoholfreies

Die zähen Harzer konnten damit viele harte Winter und die schwere Arbeit auf Feldern oder in den Gruben leichter überstehen. „Die Harzer Likörfabrik wurde 1953, wie zu DDR-Zeiten üblich, durch den Zusammenschluss vieler kleinerer Brennereien als volkseigener Betrieb (VEB) gegründet“, beschreibt die heutige Firmen-„Mutter“ Helga Rolle den Beginn. Seit 1980 mischte sie als Mitarbeiterin kräftig mit. Zu dieser Zeit wurde bereits ein Teil der Spirituosen in Gernrode abgefüllt, weil die Kapazitäten in der damaligen Kreisstadt Quedlinburg nicht mehr ausreichten. Zudem war inzwischen die Herstellung von alkoholfreien Getränken in Gernrode hinzugekommen.

Helga Rolle kann aus diesen Zeiten, in denen zuletzt 245 Mitarbeiter beschäftigt waren, mit erstaunlichen Zahlen aufwarten. „Bis Ende der 1980-er Jahre wurden 4 Millionen Liter Spirituosen und 1,2 Millionen Liter Fruchtweine abgefüllt.“ Welch Älterer erinnert sich nicht an „Harzer Juwel“, die Marke für süffige Obstweine, oder den Weinbrand „Kastell“. Hinzu kamen 20.000 000 Liter Alkoholfreies.

Nach Rückübertragungsansprüchen mancher Vorläufer endete die Produktion 1990 fast, obwohl Firmen in Gernrode investieren wollten. Mit den ausgezahlten Entschädigungen erlosch das Interesse.

18 verschiedene Produkte

Um die noch vorhandenen Grundstoffe, Technik und Flaschen zu nutzen, stellte die Destillateurmeisterin Helga Rolle neben dem Verkauf für die Liquidatoren weiter acht der einst 25 Sorten her, um sie vorwiegend regional zu vertreiben. 1993 kaufte sie mit ihrer Familie Reste der Harzer Likörfabrik, inklusive der Rezepturen, und baute die Lagerhalle im Gernröder Gewerbegebiet ab 1995 um.

Heute werden 18 verschiedene Produkte in der Harzer Likörfabrik selbst, aber auch in Einkaufsmärkten und bei kleinen Händlern angeboten. „Mit den neuen Medien sind auch Online-Bestellungen möglich“, ergänzt Conny Bier. Das werde gerade vor Weihnachten genutzt. „Nach Proben in umliegenden Hotels und bei Gastronomen kommen viele Harztouristen direkt zu uns.“ Ein bis zweimal im Monat wird die Abfüllanlage in Gang gesetzt. „Dabei werden alle Hände der fünf Mitarbeiter benötigt“, erklärt Frau Bier.

Als Helga Rolle schon früher im Harzer Förderkreis (HFK) aktiv mitwirkte, lag es nahe, auch die vom Verein vergebene Produktmarke „Typisch Harz“ für Erzeugnisse der Harzer Likörfabrik zu erwerben. „Gerade die Zutaten unserer Kräuterliköre stammen ja aus der Region“, erklärt Rolle. Als der Harzer Tourismusverband (HTV) nach Übernahme des HFK die Regionalmarke übernahm und überarbeitete, waren die Auszeichnungen hinfällig. „Seit Januar 2013 tragen das Label „Typisch Harz“ wieder drei unserer Produkte“, ist Helga sichtlich stolz auf das eigentlich doppelte Siegel für die Kräuterliköre „Ritter Bodo“ und „Hexenbitter“ sowie den Kräuterbrand „Walpurga“. Verschiedene Fruchtliköre, wie Kirsch, Johannisbeere oder Pflaume, sowie höherprozentige Brände prägen das Angebot. Auch den „Kastell“ gibt’s noch.

„Der Rhabarberlikör, erst vor einem Jahr eingeführt, hat sich sogar binnen kürzester Zeit zum Renner weit über regionale Grenzen entwickelt“, ist Conny Bier erfreut. Sie hat aber ein Problem. „Als kleiner Firma fehlt uns das Geld für größere Werbung.“ Deshalb sei „Typisch Harz“ eine Chance, höheren Bekanntheitsgrad zu erlangen. Weil die Bestandteile aus der Region sind und er hier produziert wird, könnte sich Helga Rolle vorstellen, „für den Rhabarberlikör das Harzer Qualitätssiegel zu beantragen.“

Ulf Lienig füllt Likör ab. Es können sogar einzelne Flaschen bestellt werden.
Ulf Lienig füllt Likör ab. Es können sogar einzelne Flaschen bestellt werden.
chris Wohlfeld Lizenz