Mutmaßliche Brandstiftung Mutmaßliche Brandstiftung im Hotel Acron Quedlinburg: Angeklagter will sich nicht erinnern

Quedlinburg - 74 Mal schlägt oder tritt der junge Mann gegen das Glas, wirft sich selbst oder Gegenstände dagegen. Dann geht die Scheibe in der Rezeption eines Quedlinburger Hotels zu Bruch. Der Mann steigt ein und versucht, mit Flyern, die er anzündet und auf den Boden wirft, ein Feuer zu legen. Zu sehen ist das auf einer Videoaufzeichnung aus dem Hotel, das damals - Heiligabend 2016 gegen 5.30 Uhr - Dutzende Gäste hatte.
Jetzt musste sich ein 24-Jähriger vor dem Amtsgericht Quedlinburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf dem gebürtigen Quedlinburger versuchte schwere Brandstiftung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vor. So soll er die Polizisten, die durch einen Anwohner alarmiert worden waren, geschlagen und unter anderem als „Eierköpfe“, „Drecksbullen“, „Spinner“ und „Idioten“ beschimpft haben.
Schwere Brandstiftung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
Der 24-Jährige sei am 23. Dezember abends bei einer Geburtstagsfeier gewesen und habe diese 22 Uhr verlassen wollen, erklärte Verteidiger Jens Glaser. Wann er tatsächlich gegangen sei, daran könne der Angeklagte sich ebenso wenig erinnern wie an die Vorfälle am und im Hotel und das Aufeinandertreffen mit der Polizei. Auf den Aufzeichnungen sei aber zu sehen, wie der 24-Jährige die Scheibe zerstöre, Papier anzünde, es auf den Boden werfe.
Den Beamten war der Vorfall noch gut in Erinnerung. Vor der Rezeption habe „ziemliches Chaos“ geherrscht, „da lag alles rum, Blumentöpfe und so“, schilderte ein Polizist als Zeuge vor Gericht. In der Scheibe sei ein großes Loch, im Inneren des Gebäudes ein Mann zu sehen gewesen. „Wir haben ihn angesprochen, was er da macht. Da kam die Antwort: ,Einbrechen, sieht man doch‘.“
Bändigung mit Hand- und Fußfesseln war nötig
Wie der Polizist weiter berichtete, sei der Mann der Aufforderung herauszukommen, gefolgt. Als er durchsucht wurde, habe er begonnen, um sich zu schlagen und die Polizei zu beleidigen. Schließlich sei es den Beamten gelungen, dem Mann Hand- und Fußfesseln anzulegen. Das Feuer sei bei Eintreffen der Polizei schon aus gewesen. Laut Hotelgeschäftsführer war der Teppich aus nicht brennbarem Material.
Einen Atemalkoholtest hatte der zur Tatzeit 23-Jährige verweigert. Eine Blutprobe um 8.10 Uhr ergab 1,34 Promille und zudem Drogen in erheblicher Konzentration. Mit diesem Cocktail von Alkohol und Drogen müsse sich der Angeklagte „völlig zugedröhnt haben“, so der Staatsanwalt.
Verteidiger schließt verminderte Schuldfähigkeit nicht aus
Deshalb, so Verteidiger Jens Glaser, sei auch eine verminderte Schuldfähigkeit des 24-Jährigen nicht auszuschließen. Er verwies auch darauf, dass in den Videoaufzeichnungen zu erkennen sei, wie sein Mandant das Feuer ausgetreten habe. Zudem habe er es mit einem Pappwerbeträger bedeckt, um es zu ersticken.
Das Gericht sah das anders: Weder sei auf dem Video zu erkennen gewesen, dass der Angeklagte das Feuer ausgetreten habe, noch habe es entsprechende Fußspuren gegeben. „Der Angeklagte hat schlicht und einfach Glück gehabt, das es nicht weitergebrannt hat“, so Richterin Antje Schlüter.
Der 24-Jährige sei tatsächlich vermindert schuldfähig gewesen, habe sich auch weitgehend geständig gezeigt und bei den Beamten entschuldigt. Es bleibe aber eine „schwere Brandstiftung, die im Ansatz steckengeblieben ist“, so die Richterin. Der 24-Jährige wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem soll er 450 Euro an den „Weißen Ring“ zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (mz)