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Museum Schiefes Haus Museum Schiefes Haus: Staunen und Sehnsucht in Wernigerode

Von Rita Kunze 12.03.2014, 18:19
Das Besondere an den Arbeiten: Die Detailfülle, die an ein Foto erinnert.
Das Besondere an den Arbeiten: Die Detailfülle, die an ein Foto erinnert. chris wohlfeld Lizenz

Wernigerode/MZ - Hat man sich an die Schräglage gewöhnt, kann man sich an den Kunstgenuss wagen: Der Wernigeröder Kunst- und Kulturverein präsentiert im Museum Schiefes Haus ausgewählte Grafiken und Zeichnungen von Walter Herzog, und der Ausstellungsort macht seinem Namen Ehre. Das um sieben Grad geneigte Gebäude gibt einem anfangs das Gefühl, sich wie auf einem Schiff auf hoher See schwankend von einem Raum zum anderen zu bewegen.

Eine Illusion, und das passt auf gewisse Weise zu den ausgestellten Werken. Brücken, Treppen, Bäume sind aus dem scheinbar sicheren Kontext einer Landschaft herausgerissen und stehen nun ganz für sich. „Herzog spielt mit der Sicherheit, in der wir uns beim Anblick von Bekanntem wiegen“, sagt Rainer Schulze, Vorsitzender des Kulturvereins.

"Durch Geist, Auge und Hand gefiltert, gespiegelt und geformt."

„Übergang“ nennt der 1936 in Dresden geborene Künstler die Ansicht eines schmalen hölzernen Steges, der offenbar über Wasser führt, das jedoch nicht zu sehen ist. Treppen winden sich nach oben ins Nichts; der Fantasie des Betrachters bleibt es überlassen, ihnen ein Ende und ein Ziel zu geben.

Ihm falle nichts ein, ihm falle etwas auf, sagt Herzog über seine Radierungen. „Ich radiere was ich sehe oder vielmehr was ich denke, was ich sehen sollte“, zitiert ihn das Internetportal für grafische Kunst: „Durch Geist, Auge und Hand gefiltert, gespiegelt und geformt, in niemandes Auftrag als dem Innewohnenden. Staunen und Sehnsucht muss immer im Spiel sein.“

Es ginge ihm nicht um das Abbild, sondern um das Inbild, sagt er. Und so erschafft der einstige Architekt aus unzähligen feinen Linien eine Bogenbrücke, die sich in einer Ruine auflöst. „Was war da?“, fragt Schulze beim Anblick des Bauwerks, das - jeder Funktion enthoben - scheinbar nur um seiner selbst Willen existiert. An Herzog scheiden sich die Geister, meint Schulze: „Man muss ihn entweder lieben oder es lassen.“

Strahlend heller Hintergrund als Besonderheit

Die Ausstellung teilt sich in zwei Farben: Braun und Grün. Das Braun habe sich Herzog zu DDR-Zeiten von Freunden aus dem Westen mitbringen lassen, „später wurde es wegen einer neuen EU-Verordnung nicht mehr hergestellt“, erklärt der kunst-umtriebige Buchhändler, warum Herzog schließlich auf Grün umgestiegen ist und dies nicht bereut hat: „Die Farbe ist präsenter.“ Die Kontraste sind nun stärker und machen das zuweilen übernatürlich erscheinende Spiel von Licht und Schatten noch deutlicher. In der „Waldheimlichkeit“ endet ein Weg vor Bäumen und Sträuchern, „aber der Hintergrund ist strahlend hell“, verweist Schulze auf die Besonderheit in Herzogs Radierungen, für die dessen Frau verantwortlich sei. Sie poliere die mit dem Druckmotiv versehene Metallplatte derart, dass solche Effekte entstehen.

Walter Herzog, Grafik und Zeichnungen, bis 9. November dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr