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Lebendige Frische selbst bei den leisesten Tönen

Von Gerd Alpermann 28.09.2006, 16:09

Difurt/MZ. - "Das ist nicht alle Tage zu erleben", sagt Konrad Buchholz, Mitglied der Kirchengemeinde und ehrenamtlicher Helfer bei den Arbeiten an der Orgel. Was er sieht und hört, begeistert ihn. Nach der Reinigung klingt die Orgel viel schöner. Konrad Buchholz strahlt, als Hugo Weidemann die Tasten bewegt und die Register zieht.

"Wir haben eine neue Orgel", sagt Pfarrer Zentner. Diese Aussage ist für den Intonateur Hugo Weidemann, der das riesige Instrument stimmt, wie für Orgelbaumeister Albert Baumhoer, kein Wunder. Die beiden Männer aus dem Raum Paderborn sind seit gut einem Jahr mit der Reparatur und Reinigung der Ditfurter Orgel befasst. Nun stehen sie vor dem Abschluss ihrer Arbeit.

Die Reinigung der rund 1 900 Orgelpfeifen, vorwiegend mit Flaschenreiniger und Zahnbürste ausgeführt, schafft ein neues Klangbild. "Manche der Pfeifen werden die Ditfurter wohl das erste Mal in ihrem Leben hören", sagt Albert Baumhoer. Durch Schmutz und andere Ablagerungen habe manch kleine Pfeife nicht mehr zum Klingen gebracht werden können.

Die rund 1 900 Pfeifen verteilen sich auf 54 Register, wodurch ein breiter, aber auch nuancenreicher Klangteppich zu erreichen ist. Die größte Pfeife misst 4,80 Meter, die kleinste 22 Millimeter. Sie sind aus Holz oder einem Zinn-Blei-Gemisch. Die 55 Prospektpfeifen, dies sind die in der Kirche sichtbaren, wurden erneuert. Sie waren im Ersten Weltkrieg zunächst als Rohstoffspender ausgebaut und später durch Pfeifen aus billigem Zink ersetzt worden. Diesen Eingriff in die ansonsten noch im Original erhaltene Orgel wurde rückgängig gemacht.

"Röver hat wahrscheinlich über 200 Orgeln gebaut", erzählt Hugo Weidemann. "Die Ditfurter Orgel ist nie dem Zeitgeschmack entsprechend mit anderen Pfeifen versehen worden", nennt er eine Besonderheit. Der romantische Charakter des Instrument sei so erhalten geblieben. Eine besondere Technik Rövers lässt zudem kaum Nebengeräusche entstehen. Selbst bei den leisesten Tönen ist der Raum nur erfüllt von den Klängen der Pfeifen. "Die Zuhörer werden ab 7. Oktober einen Klanggenuss haben, wie vor 100 Jahren", ergänzt Albert Baumhoer.

Für die schrittweise Sanierung der Bonifatiuskirche engagieren sich viele Einwohner und so mancher ehemalige Ditfurter. Für den Baubeauftragten der Kirchengemeinde, Hans-Jürgen Gröpke, ist das ein gutes Zeichen der Zusammengehörigkeit. Auch viele Nichtchristen hätten sich beteiligt.

Die ausgebauten 55 Prospektorgeln aus Zink seien für 150 Euro an Paten verkauft worden. Die Idee, so zu verfahren, um den Eigenteil der Kirchengemeinde für die Sanierung der Orgel aufzubringen, habe große Resonanz gefunden. Alle 55 Prospektpfeifen fanden Paten, deren Namen auf den neuen Pfeifen der Orgel eingraviert wurden.

Diese Unterstützung sowie die Hilfe durch Die-Zeit-Stiftung Hamburg, das Land und die Kirchenprovinz Sachsen ermöglichten erst die Orgelreparatur, sagt Pfarrer Zentner. Nun sei das gottesdienstliche Instrument so zu hören, wie vor 100 Jahren, schöner denn je und mit einem vollen Klang. "Die Freude darüber ist bei uns und beim Herrn da oben", bekennt der Pfarrer und: "Was ist Gottes Wort ohne verkündende Trompeten." Orgelbaumeister Albert Baumhoer hatte zuvor darauf hingewiesen, dass die Orgel wie ein großes Orchester ist. Nach der Reparatur seien auch die Trompeten wieder deutlich herauszuhören.