1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Abschied vom Kindergarten nach 45 Jahren: Kita-Leiterin aus Straßberg geht in den Ruhestand

EIL

Abschied vom Kindergarten nach 45 Jahren Kita-Leiterin aus Straßberg geht in den Ruhestand

Sie betreute schon die Eltern der heutigen Kinder: Allein 33 Jahre war Birgit Gorsler in der Kindertagesstätte „Selketalbahn“ in Straßberg. Jetzt geht sie in Rente.

Von Susanne Thon 17.07.2024, 09:50
Nach 45 Arbeitsjahren, davon 33 in der Kita Selketalbahn in Straßberg, verabschiedet sich Kitaleiterin Birgit Gorsler in den Ruhestand.
Nach 45 Arbeitsjahren, davon 33 in der Kita Selketalbahn in Straßberg, verabschiedet sich Kitaleiterin Birgit Gorsler in den Ruhestand. (Foto: Susanne Thon)

Strassberg/MZ. - Da sei mal eine Kollegin gewesen, erzählt Birgit Gorsler, die habe ihr ins Gesicht gesagt: „Birgit, du schaffst es nicht bis zur Rente. Vorher wird die Kita zugemacht.“ Aus Kindermangel. Lang ist das her. Die Kindertagesstätte „Selketalbahn“ in Straßberg, die gibt es immer noch. Jahr um Jahr verging. Über Kindermangel kann die Einrichtungen heute nicht klagen. „31 Kinder können wir aufnehmen, bei 29 sind wir. Und zwei kommen noch“, sagt Gorsler, die es, nimmt man ihre ehemalige Kollegin beim Wort, nun doch „geschafft“ hat. Denn nach 45 Arbeitsjahren, davon 33 in Straßberg und sieben als Einrichtungsleiterin, setzt sich Gorsler zur Ruhe. An diesem Mittwoch feiert die Kita nicht nur Sommerfest; es ist zugleich Abschiedsfest.

Ihre Gefühlslage kann Gorsler gerade nur schwer beschreiben. „Auf der einen Seite freue ich mich, abschalten und runterkommen zu können, die Verantwortung abzugeben. Aber wenn ich an die Kinder denke, daran, sie nicht mehr jeden Tag zu sehen – das ist wirklich ein bisschen ulkig“, sagt sie, „es hat ja auch immer Spaß gemacht.“

Erzieherin wollte die heute 64-Jährige werden, so lange sie denken kann. „Ich habe schon im Kindergarten immer Kindergarten gespielt“, sagt sie. Nach der Schule absolvierte sie ein dreijähriges Fachschulstudium in Ballenstedt, fing dann in Straßberg an, war dort aber nur einige Woche, ehe sie selbst Mutter wurde. Danach ging es für sie im Betriebskindergarten in Silberhütte weiter. Dort gab es – anders als in ihrem Heimatort – auch eine Krippe. „Ich habe meinen Großen dort abgegeben, bin rübergegangen zum Arbeiten und habe ihn danach wieder abgeholt.“ Gorsler bekam noch zwei weitere Kinder und bewarb sich, als die Einrichtungen in Silberhütte geschlossen wurden, in der Straßberger Kita.

Dort war sie nun seit 1991 bis heute, erlebte Höhen und Tiefen und wie sich die Arbeit über all die Jahre verändert hat. Tiefen vor allem, wenn die Kinderzahl gesunken war, und man nicht wusste, wie es weitergeht. Auch die Coronazeit war nicht einfach. Und der Wechsel in die freie Trägerschaft – Träger ist das Trägerwerk Soziale Dienste – war ihr damals, als er vollzogen werden sollte, nicht einerlei. Wenngleich es „im Nachhinein positiv war, dass wir übernommen wurden“, sagt Gorsler, sehr viel sei seither gemacht worden. Auch die Stadt als Eigentümer hat Geld in die Kita gesteckt, zuletzt in die energetische Sanierung. Gern erinnert sich Gorsler an die vielen Kita-Feste, die Nikolaus-Fahrten mit der Selketalbahn, die Wanderungen mit AAbc-Schützenund Hortkindern. Aber es sind auch viele Alltagssituationen, die ihr im Gedächtnis bleiben werden: beispielsweise, „wenn die Steppken mal wieder was rausgehauen haben. Da haben wir oft köstlich drüber lachen können. Eigentlich hätte man das über die Jahre aufschreiben müssen.“

Zu schreiben gab es aber auch so viel: Denn die Büroarbeit sei im Vergleich zu früher mehr geworden. In anderen Dingen wurde man über die Zeit freier. In der Gestaltung der Angebote beispielsweise. Das läuft laut Gorsler heute nicht so streng nach Plan. Auch feste Gruppen gibt es keine mehr. Getrennt würden die Kinder für die altersgerechten Angebote, ansonsten sind „alle zusammen, können zusammen spielen – wie in einer Familie. Das Miteinander, das Familiäre hier, das ist das Schöne.“

Wie es jetzt für sie weitergeht? „Bestimmt wird es auch Tage geben, wo ich in ein Loch falle“, vermutet Gorsler. Aber durch ihre Enkel, die die Kita besuchen, dürfte sie den Bezug so schnell nicht verlieren. „Ich mache mir jetzt eine schöne Zeit mit meinem Mann“, sagt sie, „ich suche mir zu Hause irgendeine Arbeit, freue mich auf Ausflüge mit unseren Enkeln, auf den Urlaub im Erzgebirge.“ Am Donnerstag aber muss sie erst noch mal in die Kita – zum Aufräumen nach dem Sommerfest.