Kinder Für Sex-Dienste gekauft Kinder Für Sex-Dienste gekauft: Freier gestehen Missbrauch
Quedlinburg/Leipzig - Das Mädchen sitzt auf der Zeugenbank mitten im Gerichtssaal. Die 14-Jährige ist umringt von drei Frauen - einer Anwältin, ihrem Vormund und der Leiterin der Jugendeinrichtung, in der sie untergebracht ist. Es ist ein hübsches Mädchen - lange, blonde Haare, eine auffällige Brille. Ein Mädchen, das vor vier Jahren von der eigenen Mutter für 800 Euro an zwei Männer zum Sex verkauft worden ist.
Am Magdeburger Landgericht ist die Mutter der missbrauchten Zehnjährigen vor anderthalb Wochen wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs und Beihilfe dazu zu einer Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Mit dem Fall wird sich nun allerdings noch der Bundesgerichtshof in Karlsruhe beschäftigen müssen. Die Quedlinburgerin hat Revision gegen das Urteil eingelegt, wie das Gericht gestern mitteilte. Sie war angeklagt, sowohl ihre Tochter als auch ihre anfangs 15-jährige Schwester für Sex verkauft zu haben. Anders als in dem Prozess gegen die Freier in Leipzig war die Öffentlichkeit in der Magdeburger Verhandlung aber zum Schutz der Mädchen quasi komplett ausgeschlossen worden, auch bei Verlesung der Anklage und Urteilsbegründung.
An der Tat gibt es kaum Zweifel. Die Mutter wurde für diese und sechs weitere Fälle bereits vom Landgericht Magdeburg zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Und die beiden Männer haben gestern vor dem Landgericht Leipzig den Kindesmissbrauch gestanden.
Thomas W. (38) aus Oschatz und Heinz-Dieter D. (66) aus Bremerhaven haben sich auf einer russischen Webseite kennengelernt, berichtet der Jüngere der beiden. „Wir sind dann irgendwann auf den Punkt gekommen - zwecks dieser Fahrt“, sagt Thomas W., der sein Leben über Jahre durch das Sammeln von Altpapier und Schrott finanziert hat und nun von Hartz IV lebt. „Wir haben darüber im Internet geschrieben“, sagt er. „Ich war nicht abgeneigt.“
Heinz-Dieter D., der wegen des sexuellen Missbrauchs einer Fünfjährigen mehrere Jahre in Haft saß, habe die Frau aus Quedlinburg schon früher gekannt, lässt dieser seinen Verteidiger vor Gericht verlesen. „Auf ihre Anfrage hin kam es zur Vermittlung - erst der Schwester, dann der Tochter“, sagt der Anwalt. Man habe telefonisch den Preis vereinbart: 800 Euro. Die beiden Männer haben sich an jenem Wochenende Anfang 2011 mit der Frau und den beiden Mädchen - die Tochter zehn Jahre alt, deren Tante 15 - auf einem Feldweg bei Quedlinburg getroffen.
In dem grauen Honda des Bremerhaveners sind sie noch kurz bei McDonald’s vorbeigefahren, dann machten sie sich zu viert auf den Weg nach Wernigerode. „Ich wusste, wie alt sie sind“, sagt Thomas W. Mittäter Heinz-Dieter D. habe ihm das vorher gesagt. Und die Mädchen? „Wie hat sich die Zehnjährige verhalten?“, will die Beisitzerin wissen. „Die Mädchen wussten an dem Tag, worum es geht“, sagt Thomas W. Ihre Mutter habe sie zuvor unterrichtet. Und so hätten sich die Mädchen dann auch bereitwillig ausgezogen, als sie in einer Wohnung im Wernigeröder Plattenbaugebiet „Burgbreite“ ankamen, deren Mieter angeblich nichts von der geplanten Tat ahnte.
In der Wohnung kam es zu „beischlafähnlichen Handlungen“, wie es Heinz-Dieter D.s Anwalt in sprödem Juristendeutsch nennt. Nach den Angaben des 66-jährigen Täters mussten die Kinder eineinhalb bis zwei Stunden lang diverse Sexpraktiken über sich ergehen lassen. Dabei filmten und fotografierten sich die Männer gegenseitig. Alkohol, Drogen oder Gewalt hätten keine Rolle gespielt, heißt es in der Erklärung des Bremerhaveners.
Mittäter hat kinderpornografische Bilder und Filme besessen
Mittäter Thomas W. gesteht auch den zweiten Anklagepunkt gegen ihn „vollumfänglich“. Demnach hat er in 106 Fällen kinderpornografische Bilder und Filme besessen und sie zum Teil im Internet angeboten. Ein vierjähriges Mädchen, auf das er aufpassen sollte, hat er nackt fotografiert. Weil er seine Aufnahmen immer wieder im Netz anbot, ist ihm schließlich die Polizei auf die Schliche gekommen. Für die Verbreitung der Kinderpornos benutzte Thomas W. eine Internetverbindung im Südwesten Leipzigs. Über die sogenannte IP-Adresse des Rechners haben die Beamten ihn ausfindig machen können.
Bei einer Wohnungsdurchsuchung fanden sie Festplatten, DVDs, CDs und Rechner mit kinderpornografischen Inhalten - außerdem elf doppelt beschriebene Seiten mit den Kindersex-Fantasien des 38-Jährigen. Dieser offenbarte in seiner Vernehmung dann auch die Namen der Quedlinburger Opfer und seines Mittäters.
„Dem Mädchen geht es im Grund nicht so schlecht“, sagt der Vorsitzende Richter Norbert Göbel nach der Vernehmung des mittlerweile 14-jährigen Opfers, die zum größten Teil unter Ausschluss von Öffentlichkeit und Angeklagten erfolgte. Bislang habe sie noch keine psychologische Hilfe in Anspruch genommen. Das soll nun aber bald erfolgen. „Sie konnte die Tat relativ schnell wieder verdrängen“, sagt der Richter. Ob das so bleibt?
Das Urteil soll voraussichtlich am 13. Mai fallen. (mz)