1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Bundesanstalt für Züchtungsforschung: Institut für Züchtungsforschung Quedlinburg: Ehrung für den früheren Direktor Professor Manfred Neumann

Bundesanstalt für Züchtungsforschung Institut für Züchtungsforschung Quedlinburg: Ehrung für den früheren Direktor Professor Manfred Neumann

Von Katrin Schröder 16.04.2019, 12:37
Manfred Neumann nimmt beim Kolloquium zu seinen Ehren zahllose Glückwünsche entgegen.
Manfred Neumann nimmt beim Kolloquium zu seinen Ehren zahllose Glückwünsche entgegen. Marco Junghans

Quedlinburg - Zu viel Aufhebens um seine Person - das ist etwas, das Manfred Neumann nicht mag. Trotzdem musste der ehemalige Leiter der Bundesanstalt für Züchtungsforschung (BAZ) zahllos Hände schütteln und einen Glückwunsch nach dem anderen entgegennehmen.

Aus Anlass seines 80. Geburtstags veranstaltete das Julius-Kühn-Institut (JKI) als Nachfolger der BAZ ein wissenschaftliches Kolloquium für seinen Gründervater, zu dem sich zahlreiche Weggefährten und Ehrengäste versammelten.

Wissenschaftliches Kolloquium zu Ehren von Manfred Neumanns 80. Geburtstag

Geboren wurde Manfred Neumann 1939 im westpreußischen Deutsch-Eylau. Als Flüchtlingskind wurde er in Quedlinburg eingeschult, absolvierte 1957 das Abitur und ging zum Studium der Landwirtschaft nach Halle. Im Anschluss wurde er in der Produktion eingesetzt, konnte aber nach einem Jahr in Mecklenburg zurückkehren. „Es war mein Wunsch, in die Wissenschaft zu gehen“, so Neumann.

Gustav Becker, damals Direktor des Instituts für Pflanzenzüchtung und Vizepräsident der DDR-Akademie der Landwirtschaftswissenschaften (AdL), setzte gegen Widerstände durch, dass der junge Landwirt eingestellt wurde. Politisch war das schwierig, denn Neumann war kein Parteimitglied. „Das war normalerweise Voraussetzung.“

Doch das Institut war wichtig, Experten waren gefragt. „Man wurde wegen der benötigten Leistung akzeptiert – mehr nicht“, erinnert sich der Forscher. Ohne Parteibuch gab es keine Aussicht auf Karriere oder Reisen. Einmal fuhr er nach Prag und in den 1980er Jahren wiederholt nach Polen - „ausgerechnet ich“, sagt er mit einem Lächeln. Das verdankte er der Intervention der Kollegen im Ausland.

Ohne SED-Mitgliedschaft gab es für Neumann anfangs kaum Aussicht auf Karriere

Die Arbeitsbedingungen in Quedlinburg waren schon damals gut, betont Manfred Neumann. 1971 promovierte er über „Untersuchungen zur postgamen Inkompatibilität und Möglichkeiten ihrer Beeinflussung.“ Was sperrig klingt, beruht auf einem einfachen Prinzip: Verschiedene Arten, die sich in der Natur nicht kreuzen, können im Labor eine Verbindung eingehen.

„Im Brutschrank kann man so eine Pflanze realisieren, die es in der freien Natur nicht gibt“, erläutert Neumann – mit vorteilhaften Eigenschaften beider Arten. Gelegentlich geschehe das spontan, Triticale, eine Kreuzung aus Weizen und Roggen, ist ein Beispiel für eine solche Laune der Natur.

Während der politischen Wende 1989/1990 engagierte sich Neumann am Runden Tisch

Mit der Wende wurde Neumann einer der wichtigsten Männer im Institut. Er engagierte sich für den Runden Tisch in Quedlinburg und wurde Vorsitzender des neu gegründeten Institutsrates.

„Ich war vorher kein Genosse und für viele eine Art Beichtvater, dem sie ihren Kummer anvertrauen konnten“, sagt er. Zugleich kam die Ostwissenschaft auf den Prüfstand.

„Das war für mich eine der schwierigsten Zeiten in meiner Laufbahn“, sagt er über die Evaluierung, der sich auch die Quedlinburger unterziehen mussten. „Die westdeutschen Kollegen haben gestaunt, was wir alles konnten.“

Die Neugründung der BAZ war für Neumann angesichts der vielen Entlassungen kein Ausgleich

Trotz aller Verdienste war am 31. Dezember 1991 Schluss für das Institut – ohne Übergangslösung oder soziale Absicherung für die Mitarbeiter. Viele Kollegen – zu DDR-Zeiten waren es rund 800 – gingen in die Arbeitslosigkeit. „Daran habe ich schwer getragen“, sagt Neumann.

Die Neugründung der BAZ, die nur wenige frühere Mitarbeiter aufnahm, war dafür kein Ausgleich. Neumann gehörte dazu, leitete das Institut für Gemüse-, Heil- und Gewürzpflanzenzüchtung und ab 1996 die komplette BAZ. „Ich bin damals sehr von meinen Kollegen genötigt worden, mich zu bewerben“, sagt er.

Neumann war erst Leiter eines Instituts, später Leiter der gesamten Bundesanstalt

Die Konzentration in der Wissenschaft schritt weiter voran, Kürzungen standen ins Haus. Um dem zu begegnen, brachte Neumann als BAZ-Chef den Neubau auf den Weg, in dem sich heute das Julius-Kühn-Institut befindet. Der Plan zur Rettung des Standorts: Fakten schaffen.

„Man brauchte einen Punkt, an dem sehr gute Arbeitsbedingungen herrschen – und das sollte Quedlinburg sein.“ Das hat Kraft gekostet und Durchsetzungsvermögen erfordert.

Doch die Mühe habe sich gelohnt, sagt Neumann. „Eine Bundesforschungsanstalt hat nicht jede Stadt.“ Und er ist stolz, dass die Institutsgebäude im Zeit- und Kostenrahmen fertig wurden – auch wenn er zuvor, im März 2004, in den Ruhestand ging.

Über die Zeit hinaus weiterzumachen, das kam für ihn nicht infrage. „Man muss wissen, wann Schluss ist“, sagt er. Das gilt auch für den Kalender „Pflanze und Denkmal“, den er 20 Jahre lang herausgegeben hat. 2019 ist die letzte Ausgabe – ein ewiger Kalender ohne Wochentage. „Der kann einfach hängen bleiben.“ (mz)