In zwei großen Waschkesseln entstehen immer wieder Unikate
QUEDLINBURG/MZ. - Wenn David Seidlitz seine Haustür öffnet und der Besucher eintritt, steht er sogleich in der Werkstatt. Lehmwände, offene Balken und auf Leinen getrocknete Pflanzen geben dem Raum sein Gepräge. Herzstücke sind aber zwei Öfen, die zwei große Waschtröge heizen. Dies geschieht ausschließlich mit Holz. David Seidlitz hat sich als Pflanzenfärber einer traditionellen Handwerkstechnik verschrieben.
Das Ökologische will er nicht nur bei seinem Beruf angewandt wissen, sondern auch sein Umfeld ist dementsprechend ausgerichtet. Seine Werkstatt befindet sich mitten im Zentrum von Quedlinburg. Drei Schritte vom Markt entfernt, ist er in der Pölle 56 aber nicht auf den ersten Blick zu finden. Das Fachwerkhaus ist erst vor wenigen Jahren saniert worden.
Mit dem Rohbau schuf das Planungsbüro Q-Batur die Voraussetzungen, ehe der Pflanzenfärber das Haus mit Frau sowie Sohn übernahm und seinen Intentionen entsprechend den letzte Schliff gab. Es ist ein Handwerkerhaus aus dem 16. Jahrhundert, was bereits arg in Mitleidenschaft gezogen war und nun wieder das ist, was es einmal war, die Wohn- und Produktionsstätte eines Handwerkers.
David Seidlitz färbt auf althergebrachte Weise Rohwolle, bereits gesponnene Wolle und Naturtextilien ein. Die Farbe gewinnt er aus den pflanzlichen Rohstoffen, die er von einem Händler in Gittelde bekommt. Doch auch selbst gesammelte Pflanzen sind ihm Rohstoff für die Farbherstellung. Für den Landschaftsarchitekten, der in Berlin studierte, aus Quedlinburg stammt und mit dem Wissen hier das geeignete Umfeld zu finden, zurückkehrte, begann der heutige Beruf als Hobby schon gut zehn Jahre zuvor.
Seit etwa anderthalb Jahren betreibt er nun seine Werkstatt. "Ich bin Autodidakt", erklärt er. Alles was er kann, hat er sich selbst angeeignet. Dabei ist das Färben mit pflanzlichen Auszügen nicht so einfach, wie es sich der Leihe vorstellt, obwohl es sich um uralte Techniken handelt. "Ich habe viel experimentiert und viel Lehrgeld in der Hobbyphase gezahlt", sagt er. Dies sei sowohl wörtlich zu nehmen als auch in Schweiß und Tränen zum Ausdruck gekommen. "Ich habe es erlernt und erleidet", setzt er hinzu. Traditionelles Handwerk sollte es sein. So hat er zum Beispiel bewusst auf Gasöfen verzichtet und feuert mit Holz. In der Werkstatt steckt eine Axt in einem Stubben und wenn sich Wolle oder Stoffe im Kessel färben, ist das Holzschlagen eine entspannenden Tätigkeit, erklärt David Seidlitz. Hektik sei beim Färben fehl am Platz. Sonst könne sehr schnell die Arbeit misslingen, die Farbe zum Beispiel nicht flächendeckend in den Stoff oder die Wolle einziehen.
Pflanzenfärbung bringt gegenüber synthetischer Verarbeitung eine viel höhere Brillanz und Farbtiefe, nennt er Gründe, warum Menschen gerade solche Produkte erwerben. Wichtig sei natürlich auch, dass nur Naturprodukte verwandt werden. Zudem ist jedes Stück anders, immer wieder ein Unikat. Seine Kunden erhält der Pflanzenfärber vor allem über das Internet. Versandhäuser für Öko-Textilien sind dabei, Modedesigner, Theaterrequisiteure und Wollproduzenten. "Es läuft ganz gut", sagt er, ist aber auch froh, dass seine Frau als Krankenschwester einen sicheren Beruf hat. In Quedlinburg sind die Kunden bisher noch rar. Doch das Interesse für seine Erzeugnisse spürt er immer wieder in Gesprächen, die sich bei verschiedenen Ereignissen in Quedlinburg ergeben, wie zum Tag des offenen Denkmals. "Ich habe bewusst kein Ladengeschäft", erklärt David Seidlitz: "Es gibt also auch keine festen Öffnungszeiten. Wenn Interessierte klingeln und ich bin da, gebe ich aber auch gern Auskunft." Und es können Produkte erworben werden, wie Schals aus Seide oder Leinen.
Der Pflanzenfärber hat den Ehrgeiz, immer die Farbe zu erzeugen, die ein Kunde wünscht. Er zeigt einen grün eingefärbten Stoff und zwei kleine Muster des Kunden, das eine war dem Kunden zu dunkel, das andere zu hell. Es sollte genau zwischen beiden Farbtönen liegen und David Seidlitz hat es geschafft. "Den Farbton zu treffen, ist nicht immer einfach", bekennt er. "Wichtig ist, dass noch kein Kunde unzufrieden war." Und zu seiner Berufswahl sagt er: "Es macht mir Spaß. Ich habe mir das schließlich ausgesucht."