Wohnen im Denkmal In diese frühere Schule in Quedlinburg sollen bald Mieter einziehen
Private Investoren lassen 15 Wohnungen bauen. Warum einige alte Fenster verschenkt wurden und welche Rolle Turmfalken spielen.
Quedlinburg/MZ - Ein großer Kran dreht sich vor den Eingangsportalen, transportiert Holz hinauf zum Dachgeschoss. Dort wird ebenso gearbeitet wie im Inneren des denkmalgeschützten Gebäudes Mummental 2 in Quedlinburg. Das ehemalige Schulhaus ist Baustelle:
Bis zum Sommer 2022 sollen hier insgesamt 15 Wohnungen mit Größen zwischen knapp 60 und fast 190 Quadratmetern entstehen. Vergeben sind bereits die Zimmerer-, Dachdecker- und Rohbauarbeiten, die Vergabe von Fenster- und Trockenbau steht unmittelbar bevor, sagt Ulrich Queck, Architekt bei der qbatur Planungsgenossenschaft.
Sie betreut das Vorhaben; Eigentümer ist die qbatur Mummental eG & Co. KG, eine Projektgesellschaft, unter deren Dach Investoren und Bauherren zusammengeführt wurden.
Geschoss für Geschoss, Flur für Flur werden nun neue Zugänge der künftigen Wohnungen in die Wände im Inneren des Hauses hineingesägt, andere, künftig nicht mehr benötigte Türöffnungen zugemauert. Veränderungen gibt es auch im Dachbereich. Der Dachstuhl selbst ist in Ordnung.
Eingebaut wird hier nun ein sogenanntes Harzer Dach mit einer vollen Verschalung aus Holz und einer Unterspannbahn. Die alten Betondachsteine würden zwar noch schätzungsweise fünf bis zehn Jahre halten, aber irgendwann werden sie undicht. Deshalb werden sie jetzt abgenommen, wird das Dach mit Ziegeln neu eingedeckt. Entstehen sollen im Dachgeschoss Abstellräume, erklärt der Architekt weiter.
Auf den beiden Flachdächern neben dem Giebel im östlichen Gebäudeteil werden zwei Dachterrassen angelegt. Eine wird zu der Maisonettewohnung gehören, für die gerade ein Teil des Daches auf der Nordseite aufgenommen wird. Hier entsteht ein würfelförmiges Element, das Obergeschoss der Maisonette, von dem aus auch der Zugang zur Dachterrasse erfolgt.
Die andere Terrasse gehört zur Wohnung im zweiten Obergeschoss auf der Südseite und wird über eine Treppe erreichbar sein. Die beiden Wohneinheiten unter dieser Wohnung erhalten einen kleinen Balkon zur Südseite, alle übrigen Balkons auf der Seite zum Mühlgraben hin.
Eingebaut werden zwei Aufzüge. Im vorderen Bereich des Hauses, der durch das Treppenhaus im Ostgiebel erschlossen wird, soll dieser etwas kleiner sein und vom Erd- bis ins Obergeschoss reichen. Der Aufzug im westlichen Gebäudeteil soll größer werden und vom Keller- bis ins Dachgeschoss führen.
Erneuert werden mit den Arbeiten auch sämtliche Fenster. Von den 100 Fenstern hätten, wegen der Umbauarbeiten, vielleicht 30 erhalten werden können, erklärt Ulrich Queck. Weshalb der Entschluss gefallen sei, sie komplett gegen Eichenholz-Fenster auszutauschen.
Das Ziergebinde am Giebel wird mit der gedrechselten Spitze wiederhergestellt
Da die vorhandenen noch in einem guten Zustand waren, „war uns wichtig, dass es eine Nachnutzung gibt“, sagt der Architekt. Interessenten konnten sich die Fenster selbst ausbauen. Bei einem Großteil ist das schon erfolgt; „es sind aber alle schon vergeben.“ Nach historischem Vorbild wiederhergestellt werden soll mit den Arbeiten übrigens auch das Ziergebinde, eine sichtbare Holzkonstruktion am Giebel - einschließlich der gedrechselten Spitze.
Die Fassade des Hauses soll behutsam gereinigt werden, kleine Ausbesserungen erfolgen, dann neu verfugt werden. Bezüglich des Bewuchses unter anderem mit wildem Wein, der dafür heruntergenommen werden muss, gebe es Kontakt mit der Unteren Naturschutzbehörde, sagt der Architekt.
Und wegen der „ersten Bewohner“ auf der Südseite: In einem alten Lüftungsrohr in der Fassade nisten Turmfalken. „Arbeiten in diesem Bereich erfolgen erst, wenn die Jungvögel ausgeflogen sind“, erklärt Ulrich Queck. Das - innen verschlossene - Rohr und das Loch in der Fassade bleiben erhalten. „Das ist baulich keine Beeinträchtigung, es ist eine sehr dicke Wand.“ Angebracht werden soll dann hier auch ein kleines Eichenbrett als Anflughilfe für die Falken.
Für die Sanierung des denkmalgeschützten Hauses sollen 3,8 Millionen Euro investiert werden - unterstützt über die Städtebauförderung, die beantragt wurde, und ein KfW-Programm, über das die denkmalgerechte, energieeffiziente Sanierung des Gebäudes gefördert wird, das 135 Jahre als Schulbau genutzt wurde.
Entstanden ist es 1869 als St.-Spiritus-Hospital-Knaben- und Mädchenschule. Zuletzt befanden sich in dem 1892 erweiterten, so in seiner Länge verdoppelten und durch ein Fachwerkgeschoss aufgestockten Haus die Volkshochschule, die Kreisbibliothek und das Sozialamt. Seit etlichen Jahren stand es leer.