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Krebs-Risiko im Bauschutt? Hausabriss in Quarmbeck bei Quedlinburg: Anwohner haben Angst vor Asbest im Bauschutt

Von Benjamin Richter 10.05.2019, 10:26
Ein Schuttberg liegt vor dem Wohnblock in Quarmbeck, der abgerissen wird. Glieder der Schuttrutsche klaffen auseinander.
Ein Schuttberg liegt vor dem Wohnblock in Quarmbeck, der abgerissen wird. Glieder der Schuttrutsche klaffen auseinander. Jens Stein

Quarmbeck - Die Sorgen der Quarmbecker reißen nicht ab: Nun sieht es in ihren Augen so aus, als werde beim Abriss des Wohnblocks Otto-Lilienthal-Straße 13-19 asbesthaltiger Bauschutt einfach aus dem Fenster geworfen.

Der in Quarmbeck aufgewachsene Jens Stein hat der MZ Fotos geschickt: Auf ihnen ist zu sehen, wie zerbrochene Platten eines rötlich-weißen Materials über eine Schuttrutsche mehrere Meter in die Tiefe fallen gelassen werden.

Die Elemente der Schuttrutsche sind auf den Bildern nicht ineinander gesteckt. Der Haufen am Boden reicht bis zu den Fensterbrettern im Erdgeschoss. „Das ist Steinholzestrich“, ist sich Stein sicher. Im Internet ist er auf Bilder gestoßen, er sieht Ähnlichkeit zu dem Quarmbecker Material.

Beläge aus Steinholz können die krebserregende Naturfaser Asbest enthalten. „Asbest muss unter Vollschutz abgepackt werden, bevor es irgendwohin gebracht wird“, erklärt Stein, „aber die Abrissarbeiter gehen ohne Schutzkleidung zu Werke.“

Sven Breuel von der Wohnungswirtschaft: Der Steinholzestrich enthält kein Asbest

Bislang seien keine asbesthaltigen Materialien entsorgt worden, sagt Sven Breuel, Geschäftsführer der Wohnungswirtschaftsgesellschaft mbH Quedlinburg (Wowi), der das Haus gehört. „Der auf den Bildern dargestellte Steinholzestrich enthält kein Asbest“, stellt er klar.

Ein Ingenieurbüro sowie ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator würden überwachen, dass der Bauschutt fachgerecht getrennt wird. Unterschiedliche Sorten von Abfall würden während und im Anschluss an den Abriss in getrennten Containern sichergestellt, erklärt Breuel.

Jens Stein ist das zu wenig. Er sei mit der Kriminalpolizei und dem Umweltamt des Landkreises Harz in Kontakt, sagt er.

Jens Stein informierte das Umweltamt der Kreisverwaltung und die Kriminalpolizei

Für die Behörde ist es nicht die einzige Ermittlungsangelegenheit in dem Quedlinburger Ortsteil: Die Beamten haben auf Sorgen der Anwohner reagiert und ermitteln derzeit, ob auf anderen Grundstücken in der Otto-Lilienthal-Straße bei Abrissarbeiten asbesthaltiges Material in die Keller verfüllt wurde. Auch die Staatsanwaltschaft Halberstadt hat sich eingeschaltet und den Verdacht der Bodenverunreinigung und des unerlaubten Umgangs mit Abfällen geäußert.

Umweltamt lässt den entsorgten Steinholz-Fußbodenbelag untersuchen

Die Strafanzeige des Umweltamts richtet sich gegen unbekannt. Ob der Steinholzbelag aus dem Wohnblock Asbest enthält, prüft zurzeit das Umweltamt des Landkreises. „Sollte im Steinholzestrich tatsächlich Asbest enthalten sein, finden die speziellen Regelungen des Chemikaliengesetzes und der Gefahrstoffverordnung Anwendung“, erläutert Kreissprecher Manuel Slawig.

Dies hätte Auswirkungen auf die Art und Weise, wie das Material entsorgt werden muss. Dass bereits von Amts wegen ein Verstoß gegen Umweltrecht beim Abriss festgestellt wurde, dementiert er: „Erst wenn der Sachverhalt vollständig geprüft ist, hier insbesondere das Vorhandensein von Asbest im Estrich, können ,Anzeichen‘ für einen Verstoß gegen geltendes Recht gesehen werden.“

Überrascht zeigt sich Sven Breuel darüber, dass die Elemente der Schuttrutsche nicht ordnungsgemäß ineinander stecken. „Das entspricht nicht der Abbruchtechnologie und wurde unter Vorlage der Fotos mit dem Hinweis der künftigen Vermeidung solcher Zustände zur Bauberatung in der letzten Woche gerügt“, berichtet der Wowi-Geschäftsführer.

Jens Stein erhofft sich unterdessen weitere Erkenntnisse von einem Termin am Dienstag, 14. Mai: Dann wollen Experten des Umweltamts des Landkreises nach seinen Angaben die Situation vor Ort persönlich unter die Lupe nehmen. (mz)