Harzkreis Harzkreis: Unverständnis auf beiden Seiten
QUEDLINBURG/MZ. - Doch das Gebäude soll voraussichtlich im Oktober als Kindergarten geschlossen werden.
Das Haus wird künftig die wertvolle historische Bibliothek und das Archiv des Schlosses beherbergen, um einerseits die Brandlast auf dem Berg zu verringern und andererseits geordnete Verhältnisse für das historische Erbe zu schaffen. Die jetzt schon laufenden Bauarbeiten im Gebäude werden ausgeweitet. Der Grund: eine kurzfristige Fördermittelzusage ist an die Bedingung geknüpft, dass das Geld noch 2010 verbaut werden muss. Ein Umstand, der die Eltern offenbar völlig überrascht hat. Und in diese Richtung zielt auch einer der Vorwürfe der Eltern an die Verwaltung. Ein Teil der Eltern glaubt die Beteuerungen der Verwaltung nicht, dass die Verantwortlichen selbst erst seit Ende Juli von der Zusage wissen. Schließlich habe die Stadt das Geld ja beantragt und habe deshalb auch mit der Bewilligung rechnen müssen, meint eine junge Frau erregt. Völlig unverständlich sei es, dass die Verwaltung offenbar keinen Plan B hatte. Die Eltern fühlen sich überrumpelt und wegen der Kürze der Zeit ohne Chance, sich nach Alternativen umzusehen.
Erschwert wird die Situation, weil der geplante Neubau, in den die Kinder eigentlich vor Beginn der Umbauarbeiten ziehen sollten, weiter auf sich warten lässt. Die Anwürfe von Stadtrat Ulrich Thomas (CDU), die Unterlagen seien mehrfach unvollständig oder fehlerhaft eingereicht worden, parierte Bürgermeister Eberhard Brecht (SPD): "Es ist nichts Ungewöhnliches, dass Unterlagen nachgefordert werden oder geändert werden müssen". Es liege nicht in der Verantwortung der Stadt, wenn sich Förderrichtlinien ändern.
Für die Eltern indes, die sich zwar über die jahrelange Verzögerung ärgern, stehen jetzt ganz andere Probleme an. Ihnen wurde angeboten, ihre Sprösslinge in den nur zu einem Drittel ausgelasteten und vollständig sanierten Kindergarten im Ortsteil Quarmbeck zu bringen. Dort herrschen ideale Bedingungen, zumal die Gruppen zusammenbleiben können. Der einzige Nachteil, den auch die Verantwortlichen in der Verwaltung sehen, ist der Weg - pro Strecke etwa vier Kilometer. Deshalb werden Möglichkeiten geprüft, einen Shuttle zwischen einer "Sammeleinrichtung" und Quarmbeck anzubieten. "Eine teure Lösung", wie Brecht findet, sie soll jedoch den Eltern entgegenkommen, die keine Möglichkeit haben, ihre Kinder zu fahren oder fahren zu lassen. Doch die Eltern empfinden den täglichen Transport von kleinen Kindern, "die permanente An- und Auszieherei" als Zumutung. Etwas wie Kindergartenalltag könne nicht entstehen, wenn vier Stunden Betreuung mit achtmaligem An- und Ausziehen verbracht werden, rechnet Andrea Trenkel vor. Zudem bezweifelt sie, dass ein Unternehmen gefunden wird, das die technischen Voraussetzungen für den Transport von Kindern unterschiedlichen Alters bieten kann.
Mit einer Unterschriftenliste, die knapp 50 Eltern an den Bürgermeister überreichten, bitten sie darum, weiter ernsthaft Alternativen im Kerngebiet von Quedlinburg zu suchen. Alles bisher Vorgeschlagene, so Brecht, sei für die Kinderbetreuung ungeeignet: entweder fehle es an passenden Sanitäreinrichtungen, an einem Spielplatz oder der Brandschutz sei völlig unzureichend. Man werde trotzdem weitersuchen. Für in früheren Zusammenkünften gefallene Bemerkungen, Kinder seien wohl weniger wert als Bücher, hat Brecht kein Verständnis: Trotz extrem knapper Kasse machen sich Stadt und Rat für den Kita-Neubau stark und wollen die Eigenmittel dafür aufbringen. Das sei nicht selbstverständlich.