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Harzköhlerei Harzköhlerei: Verkohlung wie vor 100 Jahren

Von Antonie Städter 12.09.2011, 09:35
Immo (l.) und Sascha Feldmer stehen vor einem Erdmeiler in Hasselfelde (Landkreis Harz). (FOTO: DPA)
Immo (l.) und Sascha Feldmer stehen vor einem Erdmeiler in Hasselfelde (Landkreis Harz). (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Hasselfelde/dpa. - «Hier riecht es nach Bratwurst», meint einJunge, als er die Harzköhlerei Stemberghaus nahe Hasselfelde betritt.Würstchen gibt es hier zwar nicht, doch beim Grillen liegt der Geruchoft in der Luft. Er kommt von glühender Holzkohle. Hier, in einer derletzten Köhlereien in Deutschland, können Neugierige den nahezuausgestorbenen Beruf des Köhlers erleben. Früher, als im Harz wegendes Erzabbaus Industriezentren entstanden, zählte er dort zu dengeläufigsten Berufen. Die Holzkohle mit ihrer starken Heizkraft wurdegebraucht, um Erze zu verhütten und Metalle zu bearbeiten.

«Es ist traurig, dass dieses alte Handwerk in Vergessenheitgeraten ist», sagt Peter Feldmer, der die Harzköhlerei Anfang der1990er Jahre übernommen hat und etwas gegen das Vergessen tun möchte.Mit Erfolg: Rund 30 000 Gäste kämen jedes Jahr. «Unter den Besuchernsind auch viele, die die Köhlerei noch aktiv erlebt haben.» Heutegebe es drei Köhlereien in Sachsen-Anhalt - zu DDR-Zeiten seien eszehnmal so viele gewesen. Das alte Handwerk rentierte sich aberirgendwann nicht mehr.

«Auch wir könnten heute nicht von der Produktion allein überleben,sondern nur in Verbindung mit dem Tourismus», erzählt der frühereForstwirt. Pro Jahr würden in der Harzköhlerei Stemberghaus rund 80Tonnen Holzkohle aus reinem Buchenholz produziert. Neben einigenindustriellen Abnehmern wird die Kohle fast ausschließlich an dieBesucher am Ort verkauft.

Was diese hier in der Zeit von April bis Ende Oktober zu sehenbekommen, ist laut Feldmer einzigartig. Nur hier sei es möglich, allePhasen der traditionsreichen Verkohlung des Holzes mit Erdmeilernbeobachten zu können: vom Aufbau der Meiler bis zur Gewinnung derHolzkohle. Genauso wurde es vor Hunderten Jahren gemacht.

Neben einem aufgeschichteten Holzhaufen, an dem der Köhler denfachmännischen Aufbau erklärt, ist ein dampfender Meiler zu sehen.Dort ist die Verkohlung bereits in vollem Gange. Das mit Erdebedeckte Holz verglüht mit Hilfe von Luftlöchern von oben nach unten. Ein paar Schritte weiter kann an einem weiteren Meiler fast schondie Erde abgefegt und nach etwas Abkühlung die entstandene Holzkohleentnommen werden. Alle vier Wochen sei «Erntezeit», sagt der Köhler.Der Prozess funktioniert jedoch nur, wenn nicht etwa starker WindFeuer entfacht. «Sturm ist der schlimmste Feind des Köhlers», meintFeldmer. Er ist nicht nur Vorsitzender des Harzer Köhlervereins,sondern hat auch vor 15 Jahren den Europäischen Köhlerverein mitgegründet, dessen Vizepräsident er heute ist.

«Damit wir am nächsten Morgen nicht nur Asche vorfinden, müssenwir die Meiler auch nachts im Auge behalten», erzählt er. Das tun erund seine zwei Söhne im Wechsel: In der nahen Köte, einer auskegelförmig zusammengestellten Holzstangen gebaute Köhlerhütte,halten sie Nachtwache. Genauso war das auch früher: Der Köhler wohntein der Köte mit seinen etwa zehn Gehilfen. Einen Einblick in dieGeschichte der «schwarzen Zunft» gibt auch das Köhlereimuseum direktam Ort, das laut Feldmer das einzige seiner Art ist.

Bei den Kammern wird der Beruf des Holzköhlers schon seit langemnicht mehr geprüft. Doch dort finden sich heute noch andere alteBerufe, die selten geworden sind: So wird im Bezirk der Industrie-und Handelskammer (IHK) Magdeburg zum Beispiel noch zum Destillateurausgebildet. Weil das «Ausbildungsaufkommen» dieses traditionellenBerufes in der Region aber sehr gering sei, fänden die Prüfungen beider IHK in Dortmund statt, teilt die Kammer in Magdeburg mit.