Harz Harz: Zweite Chance für Suderode?
bad suderode/MZ. - Vier Investoren haben bisher bei der Beratungsgesellschaft KPMG in Leipzig ihr Interesse am Kurzentrum in Bad Suderode angemeldet. Ihre Namen werden streng vertraulich behandelt - selbst in der Quedlinburger Stadtverwaltung sind sie nur einer Handvoll Personen bekannt. Einer der vier Interessenten ist Gerald Tornow, 59, aus Güntersberge, Geschäftsführer der Mentorat Consulting & Handels GmbH. Er hat seine Pläne der MZ vorgestellt.
Tornow will mit einer Gruppe aus Investoren und Beratern das hoch defizitäre Kurzentrum übernehmen und zu einem Gesundheitshotel umbauen. Das Besondere an seiner Strategie: Nach seinen Planungen behält das vorhandene Personal seinen Job, der Kursaal - der nach dem Willen der Stadt Quedlinburg einem Bettenhaus weichen soll - bleibt erhalten, und der Umbau erfolgt während des laufenden Betriebs. Das wäre der von den Beschäftigten und den Gewerbetreibenden in Bad Suderode gewünschte "warme Übergang".
Saunalandschaft für eine Million
Die dringend benötigten Übernachtungsmöglichkeiten will Tornows Gruppe zum einen im Badehaus schaffen. "Hier sollen 30 Betten in der Kategorie 4 Sterne plus entstehen", sagt Tornow. "Außerdem wollen wir ein Bettenhaus zwischen Kurhotel und Rathaus bauen - mit 54 Betten." Er stehe zudem mit Hotels und Pensionen in Bad Suderode in Verbindung, so dass er auf Übernachtungsplätze für 120 bis 130 Personen komme.
Als "Sofortmaßnahme" sieht Tornow aber die Renovierung des Schwimmbades für 500 000 Euro an. "Ich glaube, dass man den Reparaturstau von den derzeit gehandelten 6 Millionen auf 2 bis 3 Millionen reduzieren kann", sagt Tornow. Sauna und Fitnessbereich sollen neu entstehen. "Denkbar wären eine Saunalandschaft für eine Million Euro, die bis in den Park hinausgeht, und ein Fitness-Center im Eingangsbereich."
Im Kursaal will Tornow Veranstaltungen anbieten. "Wenn wir den effektiv nutzen, können wir damit im Jahr eine Million Euro machen", sagt er. Er will das Gesundheitsresort auf drei Beine stellen: Hotel und Gastronomie, Gesundheitskonzept und Saal mit kulturellen Veranstaltungen und Vortragsreihen.
Dort könnte zum Beispiel Tornows alter Freund Peter Escher auftreten. Der Journalist, der die Sendung "Escher - Der MDR-Ratgeber" (ehemals "Ein Fall für Escher") moderiert, gehört zu Tornows "Kompetenzteam". "Ich kenne Gerald Tornow seit 30 Jahren", sagt Escher der MZ. "Wir waren in der DDR gemeinsam in Sachen Musik unterwegs." Er halte die Vorgänge rund um den Verkauf des Kurzentrums für "hoch spannend" und den geplanten Abriss des Kursaals für "Wahnsinn". "Da soll offenbar eine falsche Entscheidung getroffen werden", sagt Escher. Darum will er sich mit Tornow um den Erhalt des Kurzentrums und des Saals kümmern - "als Mensch, Moderator und Filmproduzent", wie er sagt. Eschers Medienproduktionsfirma "eschnapur" dreht Filme über Medizinthemen. Tornow liebäugelt außerdem mit einem "Gesundheitstalk", den der MDR-Mann regelmäßig im Kursaal moderieren könnte.
Zu Tornows "Kompetenzteam" gehören nach seinen Worten außerdem ein Architekt aus Harzgerode, ein Anwalt aus Erfurt, der Geschäftsführer und Oberarzt einer Thüringer Hautklinik sowie Manfred Boese.
Boese, promovierter Jurist und russischer Ehrenprofessor, ist 2008 in den Schlagzeilen aufgetaucht, als der "Stern" über ihn berichtete. Er soll in seinem "Berliner Salon" den Amerikaner Lyndon LaRouche empfangen haben, dessen Frau Helga Zepp-LaRouche laut "Stern" in Deutschland die als Politiksekte geltende "Bürgerrechtsbewegung Solidarität" führt. "Dass jemand verschiedensten Personen ein Forum gibt, ist doch positiv, solange sich Sektierer mit Rechtgläubigen und Linke mit Rechten die Waage halten", teilt Boese dazu mit. Er gehöre der "Bürgerrechtsbewegung Solidarität" nicht an.
Boese gibt auch "ganzheitlichen Heilverfahren" ein Forum - er will zum Beispiel Organe und Zellen "mit Frequenzen beschicken", "wodurch die Herstellung des gesunden Schwingungsmusters gefördert wird". So ließen sich Bakterien, Pilze und Viren bekämpfen. Mit wissenschaftlicher Medizin hat das freilich nichts zu tun. Das sieht Tornow allerdings als Vorteil. Er wolle in Suderode weg von der "Schulmedizin".
"Verkehrte Vorgehensweise"
Tornow will mehrere Investoren ins Boot holen, die gemeinsam die Millioneninvestition in Bad Suderode stemmen. Einer von ihnen ist Axel Hupe aus Porta Westfalica. Er hat mit seiner Firma den Hasseröder Ferienpark in Wernigerode gebaut und eine Zeit lang einen Teil davon besessen. Hupe ärgert sich über die rigiden Ausschreibungsregeln für das Kurzentrum. So müssen die Bewerber zum Beispiel die Geschäftsberichte der letzten drei Geschäftsjahre ihrer Firma nachweisen und versichern, dass sie weder wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung oder Bestechung vorbestraft sind. "Da dreht sich mir der Magen um", sagt Hupe. "Die Leute, die so denken wie ich, werden sagen: Macht das mal allein." Er hält diese Ausschreibung für eine "völlig verkehrte Vorgehensweise".
"Das ist die Vorschrift für eine EU-weite Ausschreibung, das haben wir uns nicht ausgedacht", entgegnet Quedlinburgs Oberbürgermeister Eberhard Brecht (SPD). "Ich habe nichts zugedichtet und nichts weggenommen." Dem Wunsch Tornows, an der Ausschreibung vorbei Verhandlungen über das Kurzentrum zu führen, werde er nicht entsprechen, sagt Brecht. "Das würden die anderen Bewerber nicht gerne sehen." Dass jetzt schon fest stehe, wer den Zuschlag bekomme - wie es hin und wieder kolportiert wird -, "weise ich scharf zurück", sagt Brecht. "Das ist ein rechtsstaatlich einwandfreies Verfahren."
"Wir werden uns auf keinen Fall diesen Vorgaben unterwerfen", sagt Tornow, "das ist ein Unding, die Ausschreibung in so enge Bandagen zu schnüren." Er habe noch weitere Projekte auf seiner Liste und fühle sich als Stammgast des Kurzentrums eher als Helfer und "Krisenmanager" denn als Makler, sagt Tornow. Er selbst kenne die Probleme desolater Firmen, weil er als Opfer des Berliner Bankenskandals tief in die roten Zahlen gerutscht sei. Mit 2,5 Millionen Euro stehe er nach der Zwangsversteigerung seines Berliner Medienzentrums in der Kreide.
"Ich stehe dazu, dass ich Pech gehabt habe", sagt Tornow. Darum engagiert er sich jetzt auch in dem Verein "Die zweite Chance", der Unternehmern in Not hilft. Und genau das, sagt Tornow, will er dem Kurzentrum bieten: eine zweite Chance.