Harz Harz: Schulklasse pflegt jüdischen Friedhof
HARZGERODE/MZ. - Annabel, Daniel, Ronja, Christian und die anderen aus der Klasse 7b der Harzgeröder Sekundarschule werden das verhindern. Die ersten Schritte für das Projekt, zumindest den Eingangsbereich des Friedhofes wieder herzurichten, sind getan. Inzwischen sind Borde gesetzt, um einen Weg bis zum Gedenkstein zu markieren. 17 Tonnen Kies sind auf dem Weg und in der Einfassung rund um den Steinsockel verteilt und verfestigt worden. Zuvor haben die Jungen und Mädchen stundenlang damit zugebracht, das verwilderte Gelände von Busch- und Strauchwerk zu befreien. Der Gedenkstein, der in einem traurigen Zustand war, soll wieder aufgearbeitet und am 29. September feierlich aufgestellt werden. An diesem Tag feiern die Juden ihr Neujahrsfest und gedenken gleichzeitig ihrer Verstorbenen. Natürlich sollen die Harzgeröder und vor allem die Partner der Aktion dazu eingeladen werden.
"Wir wollen daran erinnern, dass die ehemalige jüdische Gemeinde ein Teil der Ortsgeschichte ist", sagt Politikstudent Marcus Weise, der sich als Stadtrat für seinen Heimatort einsetzt. Die Idee zum Projekt entstand in einem Gespräch mit Pfarrerin Anke Dittrich, berichtet er, der sich selbst mit Feuereifer in die Sache hineingestürzt hat. Nicht nur, indem er seine Arbeitskraft in die Sanierung steckt, sondern auch, indem er gemeinsam mit Schulsozialarbeiterin Jana Kießling die notwendigen Finanzen einwarb. Denn ganz ohne Geld geht es auch hier nicht. Schließlich musste Material verbaut werden, und der Gedenkstein soll mit Hilfe eines Steinmetzbetriebes in Quedlinburg aufgearbeitet werden. 500 Euro kamen von der Harzsparkasse, 1 500 Euro kommen aus einer Projektförderung von enviaM. "Menschen machen's möglich" heißt das Programm, das auch den Schülern in Harzgerode geholfen hat, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Jörg Günther, der als Anlagenmanager bei enviaM arbeitet, half beim Antrag auf Fördermittel. "Wir sind sehr froh, dass das so unbürokratisch und schnell ging", freuen sich Marcus Weise und Jana Kießling, die über den Internationalen Bund an der Schule arbeitet. Ihr ist es besonders wichtig, dass die Jugendlichen nicht nur den Stein aufstellen, sondern ihn auch verstehen. Deshalb hat sie Kontakt aufgenommen zum Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Magdeburg und ist dort auf offene Ohren gestoßen. Vorträge und kleine Forschungsaufträge zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Harzgerode sollen die direkte Arbeit am Projekt vertiefen. Der Besuch des Rabbiners Walter Rothschild und dessen lockerer Vortrag zum Beispiel hat die Schüler sehr bewegt. Daniel hat es besonders betroffen gemacht, "dass so viele Kinder Opfer der Judenvernichtung geworden sind." Übereinstimmend sagen alle, dass sie in den vergangenen Wochen viel über das Judentum gelernt und verstanden haben.
Mit der Einweihung des Steins im September soll das Projekt nicht zu Ende sein. Natürlich gilt es, die geschaffene Ordnung zu erhalten. Viele Grabstellen sind noch zu erkennen - samt der dazugehörigen Steine. Es wäre zu überlegen, ob auch diese noch Stoff bieten für weitere Forschungen. Ungelöst ist auch die Einbindung des Friedhofs in das Wegenetz, damit interessierte Besucher ihn auch erreichen. "Eine Verbindung vom alten Silberhüttenweg über den Schneidmühlenweg ist denkbar", sagt Weise.