Harz Harz: Rückkehr zu den Wurzeln führt zum Solebad
BAD SUDERODE/MZ. - "Noch etwas Kaffee?" Kay Duberow greift zur kugelrunden schwarzen Kanne und schenkt nach. Der Prinz von Preußen soll auch hier gewesen sein, sagt er später, aber ob das stimmt, wüsste er nicht. So ist Victoria Gräfin zu Stolberg-Wernigerode die erste Vertreterin des deutschen Hochadels, die sich Bad Suderode als Ort für eine mehrwöchige Kur ausgesucht hat.
Für den Kurdirektor ist dies "eine große Ehre", schließlich hätte sein prominenter Gast ja auch nach Bad Pyrmont oder Baden-Baden gehen können. "Nach zwei Bandscheibenvorfällen hatte ich nur zwei Möglichkeiten: Entweder bleibe ich in Hessen oder ich fahre hier rüber - und aufgrund des wirklich freundlichen Aufnehmens bin ich hierher gekommen. Ich wollte auch nah an Zuhause sein, und das heißt Ballenstedt", sagt die Gräfin.
Die zierliche blonde Frau in Jeans und Ballerinas, T-Shirt und leichter Strickjacke erzählt bei Kaffee und hausgebackenem Pflaumenkuchen von ihrem Ankommen im Harz. Von einer Rückkehr zu den Wurzeln, das macht allein der Familienname deutlich, wenngleich das Haus Stolberg-Wernigerode groß und weit verzweigt ist.
Ihr Mann ist Forst- und Landwirt und hat Wald bei Mägdesprung. "Den kann man nur richtig bewirtschaften, wenn man auch vor Ort ist", erklärt die Gräfin. "Unsere Kinder sind aus dem Haus, und so sagten wir uns, wir fangen nochmal neu an. Wir wollen hier den Familienmittelpunkt schaffen."
Das ist zuweilen leichter gesagt als getan, denn noch muss die Neu-Ballenstedterin pendeln. Weil sie in Sachsen-Anhalt bislang keine Arbeit gefunden hat: "Ich bin Grundschullehrerin und habe manchmal den Eindruck, dass man hier noch nicht ganz einverstanden damit ist, dass Lehrer aus dem Westen kommen." Sie sei Klinkenputzen gegangen, bisher ohne Erfolg. "Ich habe nicht mal meinen Namen gesagt", erklärt sie, denn der hätte auch hinderlich sein können. Dabei würde die Beamtin im Schuldienst gerne hierzulande vor einer Klasse stehen und unterrichten, so wie in Hessen. 50 Kilometer Fahrt würde sie in Kauf nehmen, um Kindern Religion und Sport näher zu bringen - ihre Fächer.
Sie hofft weiter und genießt derweil die Erfolge der Reha-Kur, an die sie weitere Behandlungen vor Ort anschließen will. Die Terminplanung ist im Gange. "Ich war drei Wochen hier und habe das Gefühl, dass es mir eine Menge gebracht hat", sagt die Gräfin. "Ich würde das gerne weiter vermitteln, dass es eine richtige Entscheidung ist, in Bad Suderode eine Kur zu machen. Die Mitarbeiter hier machen Dienst mit strahlender Laune, die Einrichtung ist hell und großzügig, und die Atmosphäre ist persönlicher als anderswo. Und ich gehe nicht davon aus, dass dies nur meinetwegen so ist."
Der Kurdirektor hört das gern. Immerhin verstehe sich das Kurzentrum als "Herzstück des Kurortes" Bad Suderode - und in den Diskussionen um den Fortbestand des Hauses sind Fürsprecher besonders willkommen. Bis zu 12 000 Kurgäste werden jährlich in Bad Suderode gezählt, die auch im Ort übernachten, hinzu kommen etwa 60 000 Tagesgäste für Therme, Sauna und Therapie. Einen neuen Gast hat das Kurzentrum derweil gewonnen - die Gräfin. "Das hier ist 'mein' Schwimmbad", schwärmt sie von der Therme. "Ich habe mir schon eine Wertkarte gekauft."