Harz Harz: Gefährliche Felsbrocken im Bodetal
Thale/MZ. - Jörg Bauer, dem Inhaber der Gaststätte Königsruhe im Bodetal bei Thale (Landkreis Harz), sitzt der Schreck noch in den Knochen: "Nur Sekunden später und ich wäre mausetot", sagt er. Grund ist ein Steinschlag, der sich auf dem Wander- und Versorgungsweg zwischen Jugendherberge und Gastwirtschaft ereignete. Nun wurde der Weg gesperrt.
"Glücklicherweise wurde niemand verletzt", sagt Thales Bürgermeister Thomas Balcerowski (CDU). Jörg Bauer aber hat trotz des glimpflichen Ausgangs ein Riesen-Problem: Das Gasthaus und somit der Wanderweg nach Treseburg sei jetzt nur noch über einen schmaleren Wanderweg auf der gegenüberliegenden Seite der Bode erreichbar, sagt er. Bauer kann seine Gaststätte nur noch im Notbetrieb aufrechterhalten: Die Lebensmittel müssen von den sieben Mitarbeitern herangetragen werden. Entsorgungsmöglichkeiten gibt es nicht.
Löcher wie Bombentrichter
Der jüngste Steinschlag im Hirschgrund war nicht so heftig, wie der vor zwei Jahren auf dem Wanderweg zwischen Thale und Treseburg. Damals stürzten direkt hinter dem Gasthaus Königsruhe Felsbrocken von bis zu zwei Metern Durchmesser auf den Weg und hinterließen Löcher wie Bombentrichter. Der von dort abzweigende Weg zur Rosstrappe ist bis heute gesperrt.
Nach dem neuerlichen Abbruch hat der Landesforstbetrieb das abgestürzte Gestein von dem touristisch stark genutzten Wanderweg zwischen Jugendherberge und Königsruhe inzwischen beräumt. Das Ordnungsamt der Stadt lässt ihn aber weiter gesperrt, erklärt Bürgermeister Balcerowski. Hintergrund ist das Ergebnis einer wenige Tage alten Untersuchung eines Gutachters und der Bergsicherung Ilfeld an der Abbruchstelle. Dort wurde weiteres Gefährdungspotenzial am Rosstrappenfelsen ausgemacht. Das Expertengutachten kommt zu den Schluss: "Im Bereich des Forsthauses Königsruhe besteht eine akute Gefährdung..." durch Felsabbrüche. Aufgrund der aktuellen Situation sei man gezwungen, nochmals von Gefährdungsstufe vier zu sprechen, so die Gutachter. Höchste Stufe ist die fünf. Weiter heißt es in dem Schreiben: "Aus unserer Sicht sind die bereits empfohlenen und geplanten Maßnahmen (Energiefangzaun) dringend umzusetzen."
Doch außer schönen Reden ist in den vergangenen beiden Jahren in Sachen Sicherung der Berghänge nichts passiert. Flächeneigentümer ist das Land. "Wir brauchen endlich eine dauerhafte Lösung, bevor eines Tages etwas Schlimmes passiert", fordert der Thalenser Bürgermeister eindringlich. Zwar habe es schon einmal Überlegungen vom Land gegeben, Fangzäune über den gefährdeten Felsstellen aufzubauen. Die Stadt sollte aber die Wartungskosten dafür übernehmen. Die Kommune lehnte ab, da sie kein Eigentümer der felsigen Flächen ist und die Kosten im Haushalt nicht abdecken kann. "Die dringend notwendige Sicherung der Felsen entwickelt sich zum Spiel mit einer heißen Kartoffel. Keiner will sie haben", sagt der Bürgermeister.
Die Schließung des Ausflugsgasthauses Königsruhe am gleichnamigen Forsthaus im wildromantischen Bodetal - ein Weg zur Minimierung der Besucherströme - ist aus Sicht der Stadt Thale und des Landkreises Harz keine Lösung. Dies wurde, wie auch ein Abriss des Gasthauses im Hirschgrund, vom Land in Erwägung gezogen, wie Bürgermeister und Wirt übereinstimmend sagen.
Suche nach einer Lösung
"Wir wollen und suchen nach einer Lösung", versichert unterdessen Detlef Thiel, Pressesprecher im Magdeburger Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt. So werde weiter geprüft, ob Fangzäune überhaupt angebracht werden und sie den notwendigen Schutz bei weiteren Abbrüchen bieten können. Als Reaktion auf den großen Steinschlag im Frühjahr 2010 habe das Land im Herbst und Frühjahr Wanderwege im Bodetal an gefährdeten Stellen sperren lassen. Auch Warnschilder, die auf mögliche Gefahren beim Benutzen der Wege hinweisen, seien aufgestellt worden.
Für Gastwirt Jörg Bauer ist das nach zwei Jahren Untersuchung keine befriedigende Lösung. Er will nun nicht länger mit der Angst vor dem nächsten Steinschlag leben, außerdem geht es ihm um die Existenz seiner Wirtschaft und der sieben Arbeitsplätze. Bauer hat deshalb Klage gegen das Land wegen Untätigkeit eingereicht.