Geschichte Geschichte: Cover aus Schützengraben

Ballenstedt/MZ - Die Augen, die im Schatten des Helmes liegen, blicken wach und aufmerksam. Die Meerschaumpfeife hängt im Mundwinkel; doch es scheint, als würde der Soldat sie gleich herausnehmen, dem Betrachter eine Frage stellen wollen. Die Frage, was sein Gegenüber von diesem Krieg hält? Jenem Ersten Weltkrieg, dessen Beginn sich in diesem Jahr zum 100. Mal jährte? Das Bild ist in diesem Krieg entstanden. „Unser Onkel Albert Walther hat es im Juni 1918 im Feld gemalt“, sagt Bettina Fügemann. Die Ballenstedter Autorin hat nicht nur jenes, noch im Original erhaltene Bild zur Verfügung gestellt, das nun auf dem Cover des Buches „Der Krieg brach wirklich aus - Gespräch mit und über Edlef Köppen“ zu sehen ist. Sie hat sich auch mit einer Erzählung an der Anthologie beteiligt.
Edlef Köppen, der in Genthin geboren wurde, verarbeitet in seinem bekanntesten Roman „Heeresbericht“ seine eigenen Erlebnisse im Ersten Weltkrieg. Anders als der beispielsweise wenig früher erschienene Roman „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque ist Köppens Roman heute weitgehend unbekannt. Mit der Anthologie will ihr Herausgeber Albrecht Franke Köppen und dessen Wirken wieder stärker in die Öffentlichkeit rücken.
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Als dem Förderverein der Schriftsteller angehörende Autorin war Bettina Fügemann angeschrieben worden, ob sie sich an dem Projekt beteiligen wolle. „Mit dem Thema des Zweiten Weltkriegs bin ich vertraut“, sagt die Ballenstedterin, die unter anderem an einer Filmdokumentation über die Nationalpolitische Bildungsanstalt in Ballenstedt beteiligt war. Mit dem Thema des Ersten Weltkrieges hatte sie sich bis dahin nicht so intensiv befasst. Doch ihr Mann verwies sofort auf seinen Onkel Albert Walther und Zeichnungen sowie Fotos, die noch erhalten sind. Das Interesse der Autorin war geweckt.
Albert Walther war Direktor der Staatlichen Akademie für Kunstgewerbe Dresden, erzählt Bettina Fügemann. „Seine Leidenschaft war das Malen“, weiß sie. Einige Karikaturen, Selbstbildnisse, auch ein Holzschnitt gehören zu dem Bewahrten. Und das Selbstporträt aus dem Ersten Weltkrieg. „Das war ein Stellungskrieg. Die Männer waren Wochen im Graben. Manche haben genäht, manche haben Briefe geschrieben. Er hat sich einen Spiegel hingestellt und gemalt.“ Erst mit Bleistift, dann mit farbiger Tusche.
Bettina Fügemann fragte nicht nur bei Herausgeber Albrecht Franke an, ob dieser das Bild für das Köppen-Buch haben wolle. Sie näherte sich auch durch Recherchen dem Thema, um nicht nur mit dem Bild, sondern auch einem Text deutlich zu machen, dass ein Krieg auch immer ein Stück Familiengeschichte ist. „Leider haben wir von Albert Walther nicht viel, nur ein paar Briefe.“
Bettina Fügemann recherchierte, dass das Anhaltische 93. Infanterieregiment während des Krieges über Belgien nach Nordfrankreich, nach Arras, kam. In der Anthologie erzählt sie unter dem Titel „Arras“ eine fiktive Geschichte, in der Albert Walther als junger Soldat mit diesem Regiment während des Krieges in die französische Gemeinde kommt. Er ist Botaniker und zeichnet auf dem Friedhof Pflanzen, als er dort auf eine ebenfalls zeichnende junge Französin trifft. Beide verlieben sich in einander. Albert fällt, die junge Französin bekommt ein Kind. Jahre später macht sich ihr Sohn nach dem Tod der Mutter auf den Weg nach Deutschland...
Albert Walther hat den Ersten Weltkrieg unverletzt überstanden. Von Dresden zog er später nach Radebeul, wo er Anfang der 1950er Jahre starb.
„Der Krieg brach wirklich aus - Gespräch mit und über Edlef Köppen, herausgegeben von Albrecht Franke; Mitteldeutscher Verlag Halle/S.; ISBN 978-3-95462-190-3