Gastspinnerinnen und die Kuh Beate
REINSTEDT/MZ. - "Beate ist doch einfach schön", lobt Ina Brettschneider. "Super-Euter, lange Striche und tief gestellt", preist sie den Gast aus Mücheln weiter. Ina Brettschneider kommt aus Halle und ist Zuchtinspektorin beim Rinderzuchtverband Sachsen-Anhalt (RSA), Beate eine schmucke Rotvieh-Kuh, die täglich 47 Liter Milch gibt. Der Zuchtverband gehört zu den Stammgästen des Harzer Landwirtschaftsfestes, das am Sonntag nun bereits die 13. Auflage erlebte.
Kuh ist nicht gleich Kuh
Dr. Matthias Löber vom RSA verwies bei der Präsentation der Milchrindrassen auf die hohe Leistungsfähigkeit der Tiere, machte aber beim Eröffnungsrundgang vor zahlreichen Politikern auf die Preisprobleme bei Milch aufmerksam, die die Milchbauern immer wieder drücken. Die Schau sollte zeigen, dass Kuh eben nicht gleich Kuh sei.
An den Stellplätzen stand an den Stellplätzen zu lesen: "Kühe streicheln macht glücklich." Die kleine Sarah aus Halberstadt näherte sich zaghaft Lena, um ihr übers Fell zu streichen. "Nicht, dass die mit dem Schwanz wedelt und mich trifft", sorgte sie sich. Ina Brettschneider erläuterte, dass die Tiere vor jeder Schau wie die Models aufgestylt werden. "Die werden geschoren, gewaschen, wieder nachgeschnitten, um sich edel zu präsentieren." Dabei fuhr sie Gabi und Giesa übers Fell, zwei neun Monate alte Jersey-Rinder, die sonst im Wippra stehen.
Der Harzer Landrat Michael Ermrich verwies am Sonntag darauf, dass der Landkreis nicht nur "von Bergen, Wäldern und Natur lebt". Er betonte, "wir haben eine starke Landwirtschaft, die auf solider Basis steht." Der Besuch des traditionellen Landwirtschaftsfestes in Reinstedt sei ein Muss für jeden, der sich davon überzeugen will. Und so konnten der Präsident des Landesbauernverbandes Sachsen-Anhalt Frank Zedler und Jürgen Zywitzki, Geschäftsführer des Bauernverbandes Nordharz, eine sie selbst überraschende große Runde von Politikern quer durch die Parteienlandschaft begrüßen. Besonders freuten sie sich, dass Landwirtschaftsministerin a.D. Petra Wernicke wieder den Weg nach Reinstedt gefunden hatte. Der Bauernverband sagte ihr für ihre Treue zu dieser Landwirtschaftsschau und ihr großes Engagement ein besonderes Dankeschön.
Reinstedt fest im Kalender
Mit Horst Schnellhardt (EVP-Fraktion) fand sich der sachsen-anhaltische EU-Abgeordnete ein, der in Brüssel mit für den europäischen Verbraucherschutz zuständig ist. "Und schließlich bin ich ja von Hause aus Tierarzt, da interessiert mich die Präsentation der Pferde und Rinder natürlich besonders." Die Bundestagsabgeordneten Heike Brehmer und Dieter Stier (beide CDU) kamen nicht nur nach Reinstedt (Stadt Falkenstein / Harz), weil sie Stellvertreterin bzw. Mitglied im Landwirtschaftsausschuss in Berlin sind. "Das Landwirtschaftsfest in Reinstedt, das ist für mich seit meiner Zeit als Landrätin im Kreis Aschersleben-Staßfurt ein fester Termin. Es zeigt die Vielfalt der Landwirtschaft bei uns in der Region und die hohe züchterische Qualität."
Für Hans-Jörg Krause (Linke) Vorsitzender des Landtagsausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, ist das Reinstedter Fest "beste Werbung für die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt". Zudem zeige die Schau, dass der ländliche Raum durchaus seine Reize habe. Der überzeugte Altmärker lobte die Harzer für die inhaltsreiche Landwirtschaftsschau und dass es Jahr für Jahr gelingt, so viele Gäste in den kleinen Ort zu ziehen. Am Stand des Landesbauernverbandes versprach der Linke-Politiker, seinen Ausschussmitgliedern zu empfehlen, Schülern ein Abonnement für die Zeitschrift "agra-kids" zu sponsern. "So können wir die landwirtschaftliche Bildung fördern und junge Leute für die Berufe begeistern."
Neben seinem Ausschusskollegen Johannes Hauser (FDP) folgten auch die Harzer Landtagsabgeordneten Frauke Weiß (CDU) und Gerhard Miesterfeldt (SPD) der Einladung nach Reinstedt. "Fußball und Technik, das fasziniert Männer doch immer", so Miesterfeldt, der unmittelbar aus Dresden anreiste. "Da feierte die Schule 60-jähriges Bestehen, wo ich mal Agrotechniker mit Abitur gelernt habe", verwies er auf seine landwirtschaftlichen Wurzeln, die Frauke Weiß aus ihrem Mecklenburger Elternhaus auch hat.
Sachkundig folgten sie den Erläuterungen an den Boxen des Landesschäferverbandes. Wie fein die Wolle der für den Harz typischen Tiere versponnen werden kann, dass demonstrierten gleich nebenan Rita Krüger und Gudrun Becker. "Wir sind hier die Gastspinnerinnen", meinten die in einer Bauerntracht erschienenen Molmerswenderinnen scherzhaft.
Sachsenhühner erhalten
Auch Sachsenhühner gab es in der Kleintierhalle zu sehen. "Keine Selbstverständlichkeit", erklärte der Deersheimer Reinhard Böhland von der Initiative zur Erhaltung aussterbender Hühnerrassen. "Wir haben uns am 11. April zum Zuchtring zusammengeschlossen", fügte Wilfried Schröder aus Langenstein an. Nur wenige Meter weiter erklärte Peter Gropengießer von der Hofkäserei Westerhausen, wie Knetkäse entsteht. "Eigentlich wollten wir unseren Pasta filata nur Weihnachten produzieren, aber der Kunde will den eigenwillig geformten Käse übers ganze Jahr."
Jürgen Zywitzki, Geschäftsführer des Bauernverbandes Nordharz, zeigte sich sichtlich zufrieden mit dem Verlauf des Reinstedter Großereignisses. "Den Ursprung hat das Landwirtschaftsfest in einer verregneten Fohlenschau in Halberstadt. Das Jahr darauf waren wir in Reinstedt. Eigentlich wollten wir weiterwandern, aber die Bedingungen waren so ideal, dass wir uns bis heute hier treffen. Mit der Kreisgebietsreform konnte diese Veranstaltung im Harzkreis erfolgreich fortgeführt werden."