Schmalspurbahn Freundeskreis Selketalbahn Gernrode rettet Segmentdrehscheibe: Bei Umbau des Bahnhofs Quedlinburg drohte Verschrottung

Gernrode - Gut Ding will Weile haben. Und so können auch mal 15 Jahre ins Land gehen. Damals rettete Horst Schöne einen Drehwinkel vom ehemaligen Güterbahnhof in Quedlinburg vor der Verschrottung. Dabei handelt es sich um ein, wie er sagt, „eisenbahnbaugeschichtliches Originalstück“, ein „einzigartiges Detail der Eisenbahnbaukunst“.
Ein Drehwinkel, auch Segmentdrehscheibe bezeichnet, dient zum Rangieren. Auf kleinstem Raum können Loks oder Wagen von einem aufs andere Gleis umgesetzt werden. Anders als bei einer Drehscheibe ist keine komplette Drehung möglich, der Winkel ist deutlich kleiner.
Der Quedlinburger Drehwinkel „war mit Muss 100 Jahre im Einsatz“. Und jetzt hat er seinen endgültigen Bestimmungsort erreicht: das Gelände des Freundeskreises Selketalbahn in Gernrode. Der Verein habe es sich auf die Fahnen geschrieben, Originalstücken der Eisenbahnbaugeschichte zu erhalten, so Schöne.
Horst Schöne betreut Depot für historische Baustoffe beim Freundeskreis
Er ist kein Mitglied, aber Eisenbahnfreund. Und er betreut das Depot für historische Baustoffe, betreute es schon damals. In der Funktion sicherte er auf dem Güterbahnhofsgelände auch Pflastersteine - und wurde so auf den Drehwinkel aufmerksam.
Der sollte im Zuge der Umgestaltung des Areals - zu der Zeit wurde Quedlinburg an die Schmalspurstrecke angeschlossen - verschwinden. In Absprache mit allen Beteiligten konnte er aber letztlich geborgen werden.
Dass er bis jetzt in der Frachtstraße zwischengelagert war, hing auch mit den Dimensionen des Schaustücks zusammen: Fast 10 Meter lang ist es, 2,50 Meter breit und sechs Tonnen schwer.
Und Geld, den Drehwinkel von A nach B bringen zu lassen, war keines da. Doch Schöne fand über die Jahre eine Reihe von Unterstützern: Das Technische Hilfswerk machte eine Übung daraus und baute den seitlich angebrachten Bedienstand ab. Sonst wäre man bei einer Transportbreite von 3,70 Metern gewesen.
THW, Harzklub und weitere Fachleute unterstützten Umsetzung des Drehwinkels
Der Harzklub-Zweigverein Harzgerode schaffte die nötige Arbeitsfreiheit, indem er den über die Zeit zugewucherten Drehwinkel wieder frei schnitt. Und beim Auf- und Abladen in Quedlinburg beziehungsweise Gernrode und Transport des Drehwinkels samt seiner Zubehörteile half eine ganze Reihe von Fachleuten:
Peter Nebe Ingenieurhochbau aus Meisdorf, der Containerdienst Mühlberg aus Quedlinburg, Sägewerk und Zimmerei Machemehl aus Gernrode und das Hederslebener Fuhrunternehmen Malkowsky. Ob so viel Unterstützung ist Schöne dankbar.
Im vergangenen Jahr habe er dem Freundeskreis versprochen, dass der Drehwinkel in Gernrode sei, bevor er in den Ruhestand gehe, sagt er. Hat geklappt. Nun müssen noch die Kleinteile platziert werden. Auch das Bedienpult wird wieder angeschweißt - dazu kommt dann erneut das THW zum Einsatz.
Dann ist es am Freundeskreis, die Segmentdrehscheibe ins Museumskonzept aufzunehmen. Dazu müssen die Mitglieder aber Hand anlegen, sie vom Rost befreien, Farbe aufbringen. Das werde nicht von Jetzt auf Gleich gehen - auch der Ausmaße wegen. „Es ist eine Zeit- und Materialfrage“, sagt der Vorsitzende des Vereins, Steffen Rienecker, aber der Erhalt stehe im Vordergrund. (mz)