Filmstadt Quedlinburg Filmstadt Quedlinburg: Blaue Fliesen als Lachnummer
QUEDLINBURG/MZ. - Der Eingang ein langer Stollen, die Begrüßung durch Hexe (Marie-Luise Rohwald), Riese (Maik Fye) und Rumpelstilzchen (Ronny Große, alle vom Kinder- und Jugendtheater Thale) - der Quedlinburger Verein qARTus hatte sich zur jüngsten Aktion des Projektes "Filmstadt Quedlinburg" wieder einiges einfallen lassen, um den Besuchern diesmal die Fernsehserie "Spuk unterm Riesenrad" auf besondere Weise in Erinnerung zu rufen. Sie hatte bei jeder Ausstrahlung im DDR-Fernsehen Rekordzuschauerzahlen erreicht.
In der Geschichte der Flucht von drei lebendig gewordenen Figuren einer Geisterbahn im Kulturpark Berlin auf einem Staubsauger, verfolgt von drei Kindern, landen sie auch im Harz auf dem "einsamen", inzwischen aber zum Tourismusmagnet gewordenen Hexentanzplatz, in Stolberg, und schließlich auf der Burg Falkenstein. Auch die Rübeländer Tropfsteinhöhlen wurden für Dreharbeiten genutzt. "Ich war erstaunt, dass der Saal gleich zweimal voller Menschen war", stieß Regisseur Günter Meyer bei der Gesprächsrunde nach der Vorstellung im Palais Salfeldt ins gleiche Horn wie manche Vorgänger.
Scheinbar können sich die Filmemacher kaum vorstellen, dass Jahrzehnte nach der Produktion noch Interesse an ihren Werken besteht, die meist unter anderen Bedingungen entstanden. Doch gerade das macht ja den Reiz aus, weil nicht nur die "phantasievoll gekleideten Kinder am Nachmittag", so Meyer, sondern auch die Erwachsenen, darunter mit Steffen Liebig der 3333. Besucher seit dem Start, gerade jetzt offen über versteckte Botschaften lachen können. Ein Beispiel? "Ich suche die Hexe, den Riesen und das Rumpelstilzchen?", erwiderte ein genervter Passant die Frage: "Und ich suche blaue Fliesen für meine Küche."
Der Mangel in der DDR hätte fast die Ausstrahlung einer Folge verhindert. "Das erfuhr ich erst durch den Blick in die FF-Dabei", erinnerte sich Meyer. Die Oberen sahen den üppigen Fleischstand im Berliner Centrum-Warenhaus und auf der Flucht liegen gebliebene Würste zu Zeiten einer angespannten Versorgungskrise sehr kritisch. Doch nur auf der MAZ wurden 30 Sekunden gekürzt. "Die Szenen sind im Original geblieben." Auch der Arbeitstitel musste geändert werden, zeigte Meyer das alte Drehbuch: "Sieben Mal "Die Ausreißer" in die Wohnstuben flimmern lassen, war damals nicht zu machen." Dabei sei der neue Titel sogar viel besser gewesen und habe einer ganzen Reihe von Spukgeschichten den Namen gegeben.
Ausgerechnet im Januar des Katastrophenwinters 1978 / 79 erlebte die Serie seine Fernsehpremiere, woran sich auch Katja Paryla, damals die Hexe, erinnert haben dürfte. Sie konnte leider nicht kommen - das Schneechaos im Norden verhinderte die Anreise. Auch Leserbriefe von damals bezeugten Probleme mit dem Winter: "Weil wir wegen des Schnees nachmittags Unterricht haben und nichts verpassen wollen, möchten wir einen anderen Sendetermin, am besten vor dem Sandmännchen."
Während sich Günter Meyer wie bei einer Premiere fühlte, "im Fernsehen wird es ja einfach nur gesendet", und Schauspieler Stefan Lisewski, seit ewigen Zeiten am Berliner Ensemble engagiert, vor allem die sportlichen Herausforderungen als Riese beschrieb, hatte Moderator Hans-Jürgen Furcht noch eine Überraschung in petto. Mit Katrin Raukopf und Henning Lehmbäcker trieb er zwei der drei Kinderdarsteller auf, die nach 32 Jahren auf alte Bekannte trafen. Lisewski erkundigte sich, was aus ihnen geworden sei. "Nicht beim Film geblieben", lautete beider Antwort, statt dessen wählten sie "nach tollen Erlebnissen beim Drehen" eine andere berufliche Karriere - Katrin als Industriekauffrau, Henning als Zahnarzt.
Nachdem der Quedlinburger Klaus Dathe für 47 Euro einen Schal, im Film während der Schließung der Geisterbahn gestrickt, ersteigert und viele Besucher für Haiti gespendet hatten, blieb noch eine Frage offen: "Wie konnte Rumpelstilzchen mit dem Stecker in der Nase den Staubsauger zum Fliegen bringen?" Nur Anwesende kennen die Lösung.