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Filmdreh in Quedlinburg Filmdreh in Quedlinburg: Casting im Minuten-Takt

Von Rita Kunze 27.07.2015, 16:51
Hendrikje Wiards von der Crowd-ID (l.) und Dorothea Hildebrand (M.) casten in Quedlinburg. Zu den Bewerbern gehört auch Karl-Heinz Kossmann, der bereits in Filmen wie „Nicht Schummeln Liebling“ und „Die Päpstin“ nach eigenen Angaben „tragende Rollen“ als Komparse hatte und sein 100 Jahre altes Fahrrad zum Dreh mitbringen könnte.
Hendrikje Wiards von der Crowd-ID (l.) und Dorothea Hildebrand (M.) casten in Quedlinburg. Zu den Bewerbern gehört auch Karl-Heinz Kossmann, der bereits in Filmen wie „Nicht Schummeln Liebling“ und „Die Päpstin“ nach eigenen Angaben „tragende Rollen“ als Komparse hatte und sein 100 Jahre altes Fahrrad zum Dreh mitbringen könnte. Detlef Anders Lizenz

Quedlinburg - „Komparsencasting hier“ - ein Pfeil auf dem handgeschriebenen Zettel am Mast eines Verkehrsschilds weist den Weg in den Kaiserhof. Im Foyer sitzen Männer und Frauen jeden Alters und warten. Einer nach dem anderen gehen sie etwa im Fünf-Minuten-Takt in den Saal, in dem zwei Mitarbeiterinnen einer Casting-Firma Statisten für einen neuen Kinofilm suchen, der - wieder einmal - auch in Quedlinburg gedreht werden soll.

„Ich mache das aus Spaß. Es interessiert mich“, sagt Frank Rau, der schon in Dominik Grafs Krimi „Das unsichtbare Mädchen“ aus dem Jahr 2012 als Statist mitgewirkt hat. Der Bühnentechniker kennt das Theater, hat auch schon in Statistenrollen auf der Bühne des Harzer Bergtheaters und auf der Waldbühne Altenbrak gestanden. „Ich gehe zum Casting, so oft es geht. Aber ich fahre dafür nicht durch die Gegend.“

Noch bis zum Freitag, 31. Juli, finden im Quedlinburger Kaiserhof in der Pölle 34 von jeweils 12 bis 20 Uhr Castings für einen historischen Kinospielfilm statt. Gesucht werden Frauen zwischen 17 und 70 Jahren, Männer zwischen 45 und 70 Jahren, darunter aber auch jüngere Männer, die als Kriegsverletzte mitwirken, und Männer mit amputierten Gliedmaßen.

Außerdem werden jung aussehende Jugendliche und Kinder gesucht. Die Handlung des Films ist in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg angesiedelt. Da es damals noch keine getönten oder gefärbten Haare gab und Tattoos noch nicht gängig waren, werden solche Bewerber nach Angaben der Castingfirma von vornherein nicht angenommen. (ku)

Auch die anderen, die gestern Mittag im Kaiserhof warten, gehen die Sache locker an. „Wir sind zwar zu Hause, aber haben immer was zu tun“, sagen Erika Rademann und Konrad Kuhn, die aus Neugier mitmachen wollen. Aber auch wegen des Geldes; Kuhn macht keinen Hehl daraus. Damit ist er nicht allein: Ein Mann steht etwas schüchtern vor der Tür des Kaiserhofs. „Wollen Sie zum Casting?“, fragt ein Mitarbeiter der X Filme Creative Pool GmbH; die Produktionsfirma ist beim Casting präsent. „Das kommt darauf an, was es dafür an Geld gibt“, sagt der Mann. „Seit dem Mindestlohn gibt es den Mindestlohn“, so der Mitarbeiter, der über das rege Interesse am Casting staunt: „Dass es jetzt schon so viele sind, habe ich so nicht erwartet.“

Etwa 250 Statisten werden für den Film gebraucht, der in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg spielt. Dreimal so viele müssten dafür gecastet werden, sagt er, denn nicht jeder, der zum Casting kommt, wird auch genommen. Die Suche nach Statisten erfolgt in Quedlinburg. Gedreht werden soll auch in Görlitz, Osterwieck und Wernigerode, aber Quedlinburg sei „die Homebase“. Und da wollen auch Erika Rademann und Konrad Kuhn als Komparsen vor der Kamera stehen. „Wir haben für so etwas nie Zeit gehabt“, sagen die zwei Bekannten. „Jetzt schauen wir mal.“

Dort, wo noch die ganze Woche gecastet wird, könnte demnächst auch gedreht werden: Der Kaiserhof ist einer der Vorschläge, den die Quedlinburg Tourismus Marketing GmbH der Filmfirma als Drehort genannt hat, sagt Geschäftsführer Thomas Bracht. Gefragt sind Gebäude, die in die Zeit um den Ersten Weltkrieg passen. „Je mehr Sanierung, umso schwieriger“, sagt Bracht. Bereits im Mai habe ein „Location Scouting“ stattgefunden, daneben sei Regisseur François Ozon („8 Frauen“) selbst mehrmals in Quedlinburg gewesen. Mit den Dreharbeiten, die von Ende August bis Ende September stattfinden sollen, ist Quedlinburg in diesem Jahr zum fünften Mal Ort für Film- und Fernsehproduktionen. Bracht: „So viel waren es noch nie.“ In der Stadt werde sonst ein- oder zweimal jährlich gedreht. (mz)