Filmarbeiten Filmarbeiten: Für "Heidi" wird in Quedlinburg gedreht

Quedlinburg - Der Quedlinburger Marktkirchhof ist ein historisches Plätzchen. In den vergangenen Tagen schien dieses noch älter geworden zu sein: Zwischen den Häusern stehen auf Schlamm und Stroh zweirädrige Karren, beladen mit Obst und Gemüse. An von dunklem, fadenscheinigem Tuch überspannten Ständen werden Töpferwaren, Wurst, Eier oder Käse feilgeboten, zwei Schweine suhlen sich mitten auf dem Platz in einem offenen Pferch. Frauen, die über den Markt schlendern, tragen lange Röcke und Köpftücher, die Männer Anzüge aus grobem Garn. Mittendrin schiebt ein kleines Mädchen einen Rollstuhl, in dem ein anderes Mädchen sitzt, durch das Gewühl, bis es der laute Ruf „Gnädiges Fräulein!“ jäh bremst.
"Bitte Ruhe, wir drehen."
„Danke. Und noch mal auf Anfang“, hallt es laut über den Platz. Der Schlamm wird noch mal mit Wasser präpariert, neues Stroh ausgestreut, dann kommt die Aufforderung: „Ruhe bitte, wir drehen.“ Quedlinburgs Innenstadt bildet wieder einmal die Kulisse für einen neuen Kinofilm: Gedreht wird für „Heidi“, eine Neuverfilmung der Bücher von Johanna Spyri unter der Regie von Alain Gsponer. Und Quedlinburg ist dabei das alte Frankfurt.
„Heidi“ erzählt die Geschichte eines Waisenmädchens, das bei seinem eigenbrötlerischen Großvater in den Schweizer Alpen aufwächst und später der gelähmten Tochter einer reichen Frankfurter Familie wieder neuen Lebensmut gibt. Die „Heidi“-Bücher wurden in mehr als 50 Sprachen übersetzt, und es gab zahlreiche Verfilmungen.
„Ich glaube, ich kenne niemanden, der ,Heidi‘ nicht kennt“, sagt Produzentin Uli Putz mit einem Schmunzeln. Doch es sei immer noch eine anrührende Geschichte. „Und der letzte, wirklich schön gemachte ,Heidi‘-Film ist nach unserer Auffassung der aus den 1950er Jahren mit Theo Lingen“, so Uli Putz. „Es war wieder an der Zeit, eine klassische Verfilmung zu machen. Dabei versuchen wir, ganz nah an den Spyri-Romanen zu sein.“ Nach „Das kleine Gespenst“, der Verfilmung von Otfried Preußlers Kinderbuch, ist es bereits die zweite Zusammenarbeit der Produzenten mit Regisseur Alain Gsponer. Und wie beim „Kleinen Gespenst“ gehört auch Quedlinburg wieder zu den Drehorten: „Hier finden wir alles, was wir für das Frankfurt von 1880 brauchen“, unterstreicht die Produzentin. Eingerichtet worden sei hier ein kleiner Markt, der „absolut authentisch“ aussieht. Es sei die Szene, in der Heidi und die im Rollstuhl sitzende Klara aus der Villa Sesemann ausbüxen.
Alain Gsponer sieht in „Heidi“ nicht den Heimatfilm, sondern ein Sozialdrama. Zu den Aspekten, die ihn nach dem erneuten Lesen der Spyri-Werke besonders interessierten, gehört beispielsweise das Denken in und das Vorverurteilen von sozialen Schichten. „Wenn jemand vorurteilsfrei durchs Leben geht wie Heidi, kann daraus etwas Gutes entstehen.“
Peter Lohmeyer von der Stadt angetan
Für Heidi ist die Szene in Quedlinburg Schwerstarbeit: Wieder und wieder schiebt sie Klaras Rollstuhl durch den Schlamm auf dem Marktplatz. Der guten Laune von Anuk Steffen, für die Heidi die erste Rolle ist, tut das keinen Abbruch. Die Dreharbeiten machen großen Spaß, sagt die Neunjährige aus Graubünden, und Quedlinburg sei toll. „Hier möchte ich wohnen.“ Sehr angetan von der Stadt zeigt sich auch Peter Lohmeyer, der Sebastian, Diener in der Villa Sesemann, spielt. „Es gibt nicht viele Städte, die so schön erhalten sind. Man fühlt sich gleich wohl“, so Lohmeyer. Bei „Heidi“ habe er nach dem Lesen des Drehbuchs sofort gewusst, dass er die Rolle des Butlers übernehmen wolle. Hinzu komme, dass ein großes Vorbild auch einmal diese Rolle gespielt habe: Theo Lingen. „Ich hoffe, dass ich diese Fußstapfen ausfüllen kann.“
Gedreht wird in den kommenden Tagen übrigens noch in Halberstadt sowie in Altenburg, wo die Geschehen an und in der Villa Sesemann im Mittelpunkt stehen. Bis der Film in die Kinos kommt, wird noch einige Zeit vergehen: Frühestens Weihnachten 2015 oder im Frühjahr 2016 wird es so weit sein, sagt Uli Putz. (mz)
