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Es war Liebe auf den ersten Blick

Von Elfi Schurtzmann 19.10.2005, 14:10

Quedlinburg/MZ. - Die Eheleute haben die Hürden des Alltags gemeinsam gemeistert, mussten so manchen Schicksalsschlag hinnehmen. Das hat die beiden noch enger zusammengeschweißt. Sie lieben sich genau noch so wie am ersten Tag, erzählen sie.

Am Donnerstag werden die beiden kaum zur Ruhe kommen. Freunde und Bekannter kommen zum Gratulieren und die Bewohner des Wohnanlage am Park wollen mit den Steinemanns auch ein wenig feiern. Das Familienfest findet erst am Samstag statt, erzählt Joachim Steinemann, der sich wie auch seine Frau schon auf die Familie freut.

Joachim Steinemann war bis 1991 Lehrer mit Leib und Seele und ein Künstler noch dazu. Begonnen hat er seine pädagogische Arbeit nach einem kurzen Neulehrerkurs 1946 an der Bosseschule in Quedlinburg. Er musste damals alle Fächer unterrichten. Später verschlug es ihn und seine Frau nach Königsaue, wo er ebenfalls als Lehrer tätig war. Ehefrau Edith hielt es dort nicht lange aus, ging zurück nach Quedlinburg. Joachim folgte ihr wenig später, ein Kollege hat mit ihm getauscht. In diesen Nachkriegsjahren entwickelt der immer voller Ideen steckende Lehrer im Auftrag des Schulrates die so genannte Ganzheitsmethode, nach der die Fächer Deutsch, Mathematik und Musik gemeinsam vermittelt werden. Und baut einen Schülerchor und eine Musikgruppe auf, trotz mangels an Notenpapier und Musikinstrumenten.

Auch Edith Steinemann hat aus der Not heraus eine Tugend gemacht und nach der Auflösung der Firma Schreiber & Söhne, wo sie als Chefsekretärin gearbeitet hat, sich mit Handarbeiten beschäftigt und aus Filzstreifen und Lederabfällen Taschen und allerlei andere nützliche Dinge genäht und verkauft. Es waren schwere Jahre nach dem Krieg", erinnert sich die 84-Jährige. Eine Episode musste sie aber unbedingt noch loswerden. "Für damals 1 000 Mark habe ich einen ganzen Eisenbahnwaggon voller Filzstreifen gekauft und verarbeitet. Not macht eben erfinderisch", sagt sie, die die Aufregung vor dem großen Fest kaum noch zurückhalten kann.

Auch Joachim Steinemann wollte unbedingt noch etwas loswerden. Dass er ein guter und beliebter Lehre war, zeigt, dass er immer wieder von seinen früheren Schülern und Studenten, die heute zum Teil selbst schon Rentner sind, zu den jährlichen Klassentreffen eingeladen wird. "Die sagen zu meiner Frau heute noch Mutti und zu mir Joachim", freut sich der Rentner.

Und vielleicht gehören ja heute auch einige von ihnen zur den Gratulanten, die mit den Edith und Joachim Steinemann auf 60 glückliche Ehejahre anstoßen wollen.