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Droht der HVB die Insolvenz? Droht der HVB die Insolvenz?: Ein Fass ohne Boden: Neue Millionenausgaben stehen an

Von Max Hunger 13.07.2019, 13:56
Ein Bus der Harzer Verkehrsbetriebe GmbH.
Ein Bus der Harzer Verkehrsbetriebe GmbH. Ingo Kugenbuch/Archiv

Quedlinburg - Der Harzer Verkehrsbetriebe GmbH (HVB) droht ein finanzielles Desaster: Laut dem Protokoll einer Beiratssitzung vom Juni, das der MZ vorliegt, erwartet die Gesellschaft nach aktuellen Hochrechnungen Mehrkosten von mindestens zwei Millionen Euro. Ein Betrag, den die HVB nach MZ-Informationen nicht selbst aufbringen kann.

Sollten die Kosten nicht gesenkt oder zusätzliches Geld vom Landkreis beschafft werden, droht die Insolvenz.

Droht der HVB die Insolvenz?: Land könnte Fördergeld streichen

Grund sind neben steigenden Löhnen und Treibstoffpreisen vor allem das Scheitern eines neuen Fahrplans im vergangenen Jahr. Der sollte den Verkehrsbetrieb des Kreises eigentlich finanziell entlasten.

Wegen Problemen bei der Organisation wurde dieser aber schon nach wenigen Monaten wieder verworfen. Aufgrund der anschließenden Rückkehr zum alten Verkehrskonzept droht das Land nun mit der Streichung von Fördergeld.

Der Landkreis Harz hält sich hierzu weitgehend bedeckt: Es drohe gegenwärtig keine Insolvenz, teilte der Kreis auf MZ-Anfrage mit. Jedoch seien für das Jahr 2018 die sogenannten Soll-Kosten überschritten worden. Maßnahmen zur Senkung der Kosten würden geprüft.

Die Höhe der Mehrbelastung wollte die Kreisverwaltung mit Verweis auf den Schutz betriebsinterner Daten nicht bestätigen. Über das weitere Vorgehen werde der Kreistag in einer der kommenden Sitzungen entscheiden, so die Verwaltung weiter.

Droht der HVB die Insolvenz?: Land kündigt  Sanktionen an

Der Landkreis hält 70 Prozent der Gesellschafteranteile der HVB. Den Rest teilen sich die Städte Blankenburg und Wernigerode. Für die Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erhält der Kreis regelmäßig Geld vom Land Sachsen-Anhalt - jedoch nur, wenn das Liniennetz den Richtlinien des ÖPNV-Gesetzes entspricht.

Demnach müssen Anschlüsse und Linienführung möglichst effizient sein. Das derzeitige Busangebot der HVB entspreche diesen Anforderungen nicht, teilte das Verkehrsministerium der MZ mit. Bis Oktober habe der Landkreis Zeit, den Plan zu überarbeiten - sonst drohen Sanktionen.

Droht der HVB die Insolvenz?: Neuer Fahrplan scheiterte

Seit 2015 wird bei der HVB über einen neuen Fahrplan diskutiert. Die Idee: Schulbusse in den normalen Linienbetrieb eintakten. So sollten gleichzeitig mehr Fahrplankilometer geschaffen und die Kosten gesenkt werden. Die Umsetzung scheiterte 2018, weil es zu deutlich längeren Fahrzeiten für manche Schüler gekommen war.

Auf Druck von Fahrgästen und Kreistagsmitgliedern kippte Landrat Martin Skiebe (CDU) den neuen Fahrplan bereits im August wieder. Die geplanten Einsparungen blieben aus. Nach den derzeitigen Hochrechnungen müssten nun mindestens eine Millionen Fahrplankilometer gestrichen werden, um die Kostenexplosion aufzuhalten, heißt es im Protokoll der Beiratssitzung.

Droht der HVB die Insolvenz?: Der alten Fahrplan wieder aufnehmen

Angesichts dieser Misere fordert die Grünenfraktion des Kreistages, den verworfenen Fahrplan wieder aufzunehmen. „Wir sagen: zurück zum Alten“, sagte Fraktionsvorsitzender Bernhard Zimmermann der MZ.

Er bezweifelt, dass das Scheitern des alten Busangebots am Fahrplan lag. Einen Termin zur Aufarbeitung der Misere habe Landrat Skiebe nach dem Kreistagsbeschluss zur Aufhebung des alten Plans 2018 kurzfristig abgesagt. „Das hat für Wirbel gesorgt.“

Zimmermann plädiert für eine Ursachenforschung der finanziellen Schieflage und forderte einen Kassensturz. „Wir müssen wissen, wie krank der Patient ist. Dann können wir über eine Therapie reden“, sagte er.

Droht der HVB die Insolvenz?: Nicht wieder ins Chaos zurück

Marcus Weise aus der CDU-Fraktion des Kreistages lehnt eine Rückkehr zum alten Fahrplan entschieden ab: „Der Plan war ein einziges Chaos, wir können nicht dahin zurückkehren.“ So habe es nach Einführung des Fahrplans rund 1.400 Beschwerden gegeben - das könne man nicht bloß auf die interne Kommunikation schieben.

Auch seien die Einnahmen der HVB damals drastisch eingebrochen. Er plädiert dafür, der HVB zukünftig mehr Geld für den Nahverkehr zur Verfügung zu stellen. Es habe sich gezeigt, dass der vertraglich vereinbarte Preis pro Kilometer nicht realistisch ist. „Panik hilft jetzt niemandem“, sagte Weise.

Droht der HVB die Insolvenz?: Vertrag wird überarbeitet

Auch der Landkreis will den Vertrag zur Finanzierung des Nahverkehrs mit der HVB einer Revision unterziehen. Eine simple Begleichung der Mehrkosten ist der Verwaltung dabei nicht möglich. Der Kreis hat die HVB im Rahmen eines sogenannten öffentlichen Dienstleistungsauftrags mit dem Nahverkehr in der Region betraut.

Laut Jan Strehmann, Referatsleiter für Mobilität und Wirtschaft beim Deutschen Städte- und Gemeindebund, sind in einem solchen Vertrag alle geplanten Investitionen des Kreises in die Verkehrsgesellschaft festgelegt. Kosten, die hier nicht aufgeführt sind, könnten nicht einfach angewiesen werden. Ganz aussichtslos ist die Lage aber dennoch nicht. „In der Regel“, sagte Strehmann, „finden sich aber andere Wege, Mehrkosten auszugleichen.“ (mz)