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Denkmalschutz in Quedlinburg Denkmalschutz in Quedlinburg: Rettung vor dem Verfall

Von Gerd Alpermann 21.02.2014, 21:37
An der Ecke Weberstraße/Mathildenbrunnen wurden als Ersatzvornahme Fallrohre angebracht und Ziegel ersetzt.
An der Ecke Weberstraße/Mathildenbrunnen wurden als Ersatzvornahme Fallrohre angebracht und Ziegel ersetzt. Chris Wohlfeld Lizenz

Quedlinburg/MZ - Die Denkmalschutzbehörde beim Landkreis Harz kontrolliert verstärkt gefährdete Grundstücke, gerade in der Welterbestadt Quedlinburg. „Rund 130 Häuser sind akut gefährdet, bei 60 davon besteht sofortiger Handlungsbedarf“, weist der Leiter der Denkmalbehörde, Oliver Schlegel, auf den Grund für das verstärkte Engagement hin. „Leider kümmern sich Eigentümer oft nicht um ihr denkmalgeschütztes Haus“, weiß der Denkmalschützer. Es gehe dabei zunächst um die Sicherung vor unbefugtem Betreten und vor Witterungseinflüssen. Das betreffe unter anderem fehlende Dachziegel, offene Fenster und Türen, defekte Dachrinnen und nicht mehr vorhandene Fallrohre.

Besitzer werden auf Mängel hingewiesen

„Wir schreiben zunächst die Besitzer an und weisen auf die Mängel hin, die in einer festgelegten Zeit beseitigt werden sollen“, erklärt Oliver Schlegel. Die meisten kommen danach ihrer Pflicht nach, doch es gebe nach wie vor „schwarze Schafe“. Da tue sich nichts. „Um das Haus über den Winter zu bringen und es für längere Zeit zu sichern, nehmen wir auch Ersatzvornahmen vor, die dem Hausbesitzer nach Möglichkeit in Rechnung gestellt werden“, erklärt der Chef der Denkmalbehörde: „Wir haben dafür natürlich weniger Mittel als die Bauordnungsbehörde, die zur Gefahrenabwehr aktiv wird.“

Oliver Schlegel spricht von einer kleinen fünfstelligen Summe, die insgesamt für die Eindeckung eines kleinen Dachs reichen würde: „Damit können ein paar Ziegel nachgesteckt werden, damit ein Dach wieder dicht ist, oder ein Fallrohr erneuert werden, das verhindert, dass das Mauerwerk ständig durchfeuchtet wird.“ Sicher und trocken sind die Ziele, die damit angestrebt werden. Mehr gehe nicht. „Was mit offen stehenden Gebäuden passiert, das hat erst wieder die Selkemühle gezeigt“, erinnert Oliver Schlegel. Es werde alles zerstört oder weggeschleppt und „zum Schluss brennt oftmals die Hütte“.

Zuletzt wurden an zwei Objekten in Quedlinburg Ersatzvornahmen durchgeführt. Das waren der Augustinern 14, wo sich vor Jahren die Gaststätte „Zum Anker“ befand und die Ecke Mathildenbrunnen/Weberstraße. Beide Häuser stehen schon des längeren leer, und die Besitzer kümmern Sicht nicht um ihre Immobilien. Zu den gesicherten Grundstücken gehört auch die Brühlgaststätte. Hier gibt es keinen Eigentümer mehr, nachdem der frühere Besitzer auf seine Immobilie verzichtet hat.

Verkauf oft einzige Chance, Häuser zu retten

Leerstehende Gebäude haben oft Besitzer, welche die Immobilie vor Jahren kauften, aber sie entweder als Spekulationsobjekt erwarben oder aber nach dem Erwerb nicht in der Lage waren, die Kosten für die Sanierung aufzubringen, weiß der Denkmalschützer. Dazu gehören auch die sogenannten „Sammler“, die billig Immobilien im Bereich des Welterbes für wenig Geld kauften. „Da haben Einzelpersonen bis zu 30 Häuser“, nennt Oliver Schlegel eine Größenordnung. Diese Menschen seien mit dem Willen angetreten, die Häuser zu sanieren. Doch sie hätten sich oft total überschätzt und ihre Möglichkeiten falsch kalkuliert.

Bei dem Erhalt der denkmalgeschützten Bausubstanz steht Quedlinburg recht gut da. Dies meint der Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde beim Landkreis, Oliver Schlegel. Natürlich verlange das Welterbe besondere Anstrengungen. Aber Quedlinburg habe zuerst in die Häuser und dann in die Straßen investiert. Das sei oft gescholten worden, aber der richtige Weg. Ein Haus, das abgerissen werden müsse, sei für immer verloren, eine Straße könne auch später noch saniert werden.

Anderswo gebe es größere Probleme, auch aufgrund des demografischen Wandels und des Wegzugs. Mit Sorgenfalten schaue der Denkmalschützer nach Ermsleben und Wegeleben und besonders nach Osterwieck. Die Stadt am Fallstein habe im bestimmten Maße wertvollere Bausubstanz als in Quedlinburg. Hier stamme das Fachwerk vor allem aus dem 17. und 18. Jahrhundert, also aus der Zeit des Barocks, in Osterwieck aus dem 16. Jahrhundert, aus der Zeit der Renaissance. (gal)

„Oft sitzen sie auf den Objekten wie die Glucke auf dem Ei. Es gibt keine Möglichkeit, sie ihnen aus den Händen zu reißen. Wir können keinen zum Verkauf zwingen, doch wir suchen das Gespräch, ob der eine oder andere nicht doch bereit ist, die Grundstücke zu veräußern. Sie wieder dem Immobilienmarkt zuzuführen, ist oft die einzige Chance, sie zu retten“, betont der Denkmalschützer. „Wenn wir uns um gefährdete Häuser kümmern, so hat das auch ein Nebeneffekt: Die Eigentümer werden genötigt, sich mit ihrem Objekt zu befassen. In der Regel passiert was. Sie reagieren nach Anschreiben und beauftragen Handwerker mit den Reparaturen.

Ganz schmerzfrei sind nur Hartgesottene, die mit dem Objekt spekulieren wollten“, weiß der Chef der Denkmalbehörde. Bei manchem führe es auch zum Nachdenken: Ich brauche das Haus nicht, ich verkaufe es.

Gesichert worden ist die Ruine der ehemaligen Brühlgaststätte.
Gesichert worden ist die Ruine der ehemaligen Brühlgaststätte.
Chris Wohlfeld Lizenz