Defa-Vorzeige-Märchenprinz kam einst aus Westberlin
Quedlinburg - Die Premiere des Märchens vom "Singenden, klingenden Bäumchen" im Bergtheater hatte Regisseur Ronny Große und Hans-Jürgen Furcht vom Verein q-ARTus unabhängig voneinander auf die Idee gebracht, die von Christel Bodenstein gespielte Prinzessin aus dem Defa-Klassiker einzuladen. Zusätzlich ergab sich die Chance für Furcht, mit ihr neben den Projekten Adventskalender und Filmstadt in eine neue Gesprächsreihe im Hotel "Schlossmühle" zu starten.
Das Plakat einer französischen Ballerina und ein Zusammentreffen am FKK-Strand an der Ostsee sollten das Leben von Christel Bodenstein in jungen Jahren einschneidend beeinflussen. Ersteres verursachte einen Traum: "Fortan wollte ich nur noch Tänzerin werden." Über das Ensemble der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft gelang ihr der Sprung an die Ballettschule Leipzig, ihre erste Rolle spielte sie anschließend in der Operette "Frau Luna" am Landestheater Halle. Zur Begegnung mit Kurt Maetzig, dem Regisseur und Direktor der Filmhochschule in Potsdam-Babelsberg, "beim ersten Ostseeurlaub meines Lebens", habe ihr dieser eine Rolle angeboten und zugleich empfohlen, Schauspiel zu studieren. Zwar wurde sie nicht für Maetzigs Film "Schlösser und Katen" genommen, den Tipp aber beherzigte sie.
"Der Hauptmann von Köln" und "Das tapfere Schneiderlein", Bodensteins erste Filme, kamen 1956 in die Kinos. "Ich war parallel zu den Dreharbeiten", erinnerte sie sich, "ich war jung und wollte viel erreichen." Einmal wurde es aber zu viel: "Kurioserweise musste ich am selben Tag in beiden Produktionen ständig rennen, bis ich nicht mehr konnte." Als das Gespräch durch Ausschnitte aus ihren Rollen aufgelockert wurde, blickte Christel Bodenstein fasziniert auf die Leinwand. "Es ist immer wieder schön, wenn ma n die alten Filme sieht."
Furchts Angebot, diese beim Verein erwerben zu können, scheiterte aber kläglich: "Ich habe doch schon alle." Auch wenn er anfangs fast selbstironisch angemerkt hatte, ihr "vermutlich die immer gleichen Fragen stellen zu werden", gelang es Furcht durchaus, auch andere Nuancen des Defa-Stars herauszufinden. "Ich liebe es Filme zu machen", bekannte sie offen, "ich brauche einfach die Kamera, sie ist wie ein Auge." Meilenstein sei "Beschreibung eines Sommers" 1962 an der Seite von Manfred Krug gewesen, weil es "ein Gegenwartsthema und endlich eine ernsthafte Rolle war." Sie habe gern mit Krug gedreht, "wir waren ein eingespieltes Team." Die Zuhörer erfuhren auch von der Phase Mitte der Siebziger, als gute Rollenangebote ausblieben.
An Furchts Spekulationen, dass die DDR-Oberen internationaler werden wollten und deshalb Schauspieler aus den sozialistischen Nachbarstaaten holten, wollte sie sich nicht beteiligen, "es wurden einfach nur neue Gesichter gesucht." Also wandte sie sich wieder dem Theater zu, spielte auf der kleinen Bühne "Das Ei" im Friedrichstadtpalast oder zog drei Jahre mit Chansons und Hans-Georg Stengel durch die Lande.
Natürlich kam auch der Film zur Sprache, der ihre bis heute ungebrochene Popularität begründete - "Das singende, klingende Bäumchen". Mit 18 Jahren spielte sie die hochnäsige Prinzessin an der Seite des damals 30-jährigen Eckart Dux. Wohl den wenigsten war bisher bekannt, dass der Überraschungsgast des Abends und Vorzeigeprinz der Defa aus Westberlin stammte. "Damals ging das noch", bestätigte Dux, erst der Mauerbau habe dies beendet.
"Ein Abend mit ..." nennt Hans-Jürgen Furcht seine neue Talkrunde. Dass er es allerdings wörtlich meinte und manche Themen derart in die Länge zog, hatten einige Besucher nicht erwartet - sie gingen vorzeitig.