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Central-Theater in Thale Central-Theater in Thale: Bowu und Kaffee beim Film

Von Detlef Horenburg 02.10.2015, 19:23
Pächterin Sylvia Walther freut sich, dass die Stadt Thale das Kino saniert hat.
Pächterin Sylvia Walther freut sich, dass die Stadt Thale das Kino saniert hat. Chris Wohlfeld Lizenz

Thale - Vorstellung ausverkauft! Was für den Kinobesucher in Thale ärgerlich ist, das freut allerdings Sylvia Walther. Die 51-Jährige hat sich vor knapp 14 Jahren entschieden, das Central-Theater in der Bodestadt zu übernehmen. Und damit das bereits 1911 eröffnete Kino vor dem Aus gerettet.

Dass Vorstellungen ausverkauft sind, klar, das erwärmt das Herz der gebürtigen Thalenserin. Ob ein Film ein Kassenschlager wird oder nicht - dies hängt ganz klar daran, welcher Film gerade „In“ ist - wie bei „Fack ju Göhte 2“. Aber auch „Honig im Kopf“, „Die Eiskönigin“ oder „Ice Age“ seien in letzter Zeit beispielsweise echte Kassenschlager gewesen. „Letztere hätten ruhig zehn Wochen und länger laufen können“, weiß Sylvia Walther, die bereits im Thalenser Kino schon zu DDR-Zeiten als Kassiererin gearbeitet hatte, bevor sie nach der Wende nach Berlin ging. Dagegen liefen Filme, wie beispielsweise „Der ganz große Traum - wie der Fußball nach Deutschland kam“ schlecht, obwohl sie im Vorfeld sogar sämtliche Fußballvereine der Umgebung angeschrieben hatte.

„Am Kino hängt mein Herzblut“, bekennt sie. Deshalb überlegte sie nicht lange, als sie 2001 von der Stadt gefragt wurde, ob sie das Kino in Pacht betreiben wolle. Nach langem hin und her der Eigentümer hatte die Stadt das Haus ersteigert - und somit ein Stück Erhalt der Infrastruktur gesichert.

„Natürlich ist angesichts der großen Kinoketten das Geschäft härter geworden“, sagt Sylvia Walther. Als Alleinbetreiber mit Aushilfe glaubt sie aber, eine Marktnische gefunden zu haben. Das Konzept heißt nicht 3-D- oder 4-D-Kino. Viele Erwachsenen und Kinder hätten ohnehin Probleme mit dem räumlichen sehen, meint sie.

„Bei uns ist alles anders.“ Sie setzt deshalb auf Familienkino. Mit 96 Plätzen und 17 im Kino-Café geradezu ideal dafür. Es ist gerade der gemütlich, kleine Kinosaal, der es vielen Besuchern aus der Umgebung, aber auch Urlaubern angetan hat. Im Sommer kommen besonders viele gerne in den „größten Kühlschrank“ von Thale, wie der Kinosaal scherzhaft genannt wird. Grund ist, dass durch die gute Isolation von Dach und Wände die Sommerhitze keine Chance hat, den Saal aufzuheizen. Im Saal herrschen dann also ohne Klimaanlage erträgliche Temperaturen.

Die Stadt als Eigentümer des Hauses gegenüber des Bahnhofs hat schrittweise in den letzten Jahren auch in den Innenausbau investiert. So in neue Sanitäranlagen. Auch der bröckelnde Putz von den Wänden und der Decke und die Regenwasserflecken sind verschwunden. Die Wände haben eine neue, weinrote Stoffbespannung erhalten. Der Kinosaal ist so ein Schmuckstück geworden - was sich nach der Renovierung in steigende Besucherzahlen bemerkbar macht, versichert die Betreiberin.

Nicht nur Popcorn und Cola

Das besondere Bonbon sozusagen ist aber, dass es hier nicht nur Popcorn und Cola zu kaufen gibt. So zeigte sich eine Besucherin aus Berlin, die mit ihrer Enkelin im Kino war, begeistert: „Hier kann man ja Hotdog und einen Kaffee mit an den Platz nehmen oder gar serviert bekommen.“ Als Renner entwickelte sich aber neben Baguette auch die Bockwurst (Bowu). „Die Bowu war eher eine Notlösung“, verrät Frau Walther. „An einem Weihnachtstag hatten wir uns nämlich mit den Hotdogs und Baguette verplant - und die Bockwurst in das Angebot genommen.“ Neben alkoholfreien Erfrischungsgetränken und Tee kann der Gast aber auch Eis, Wein, Sekt, Bier, Spaßmacher oder sogar Grog und Glühwein kaufen. Für die kleinen Besucher gibt es auch Süßigkeiten. „Als kleines Kino müssen wir einen anderen Service bieten“, begründet sie die vielen Extras. Diese Nebeneinnahmen tragen aber auch dazu bei, dass der Eintrittspreis moderat bleiben kann. Neben dem Kartenverkauf kümmert sich Sylvia Walther auch um die Versorgung der Gäste - und ist zugleich Filmvorführerin. Wie das geht?

Zur Eröffnung des Kinos in Thale am 8.11.1911 heißt es in einem Zeitungsbericht: „Die Vorstellungen des Edison-Kinema finden von morgen Mittwoch, abends 6 Uhr, im neuerbauten Zentral-Theater (Besitzer Herr F. Boenicke) im Bahnhofspark statt. Der Prachtbau des neuen Theaters macht in jeder Beziehung einen großartigen Eindruck; die Inneneinrichtung ist entzückend schön und übertrifft in ihrer Ausstattung die Kino-Theater der Großstädte.

Alle modernen Einrichtungen hat man sich in ausgiebigster Weise zu Nutze gemacht. Eine vortreffliche Ventilation in den sehr hohen Raum sorgt dafür, dass der Zuschauer sich behaglich fühlt, auch eine praktische Fußboden-Beleuchtung ist vorhanden. Zur Eröffnung, die wie schon erwähnt, morgen Mittwoch abends 6 Uhr stattfindet, hat selbstverständlich Herr Boenicke ein Eliteprogramm erworben. Ferner wird die Kapelle des Herrn Ludwig, unter seiner persönlichen Leitung und ein Prolog die Eröffnungsfeier würdig einleiten. Wir wünschen dem Unternehmen schönste Erfolge.“  

„Die digitale Technik macht dies per Knopfdruck möglich“, sagt sie. Doch auch die Projektionsqualität hat sich dadurch erheblich verbessert, wie ein Qualitätszertifikat dem Kino bescheinigt. Seit 2011 hat die neue Technik nämlich auch im Thalenser Kino Einzug gehalten. So können jetzt auch kleine Kinos Filme ohne lange Wartezeiten schneller an digitale Startkopiennen kommen - sofern sie es wünschen. Früher musste diese auf eine neue Filme bis zu drei Wochen warten.

Das Kino hat täglich geöffnet und zeigt am Tag zwei bis drei Vorstellungen. Wie bundesweit üblich, erfolgt der Wechsel der Filme in der Regel donnerstags. (mz)

In der Bar kann man rauchen und sich selbst mit Getränken versorgen.
In der Bar kann man rauchen und sich selbst mit Getränken versorgen.
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