Bürgerprotest Bürgerprotest: Wienröder gegen Bio-Hühner

Wienrode - Im April soll zwischen Cattenstedt und Wienrode an der Bundesstraße 81 eine Bio-Legehennenanlage für 12.000 Hühner gebaut werden. Die Baugenehmigung hat der Hüttenröder Landwirt Michael Häge bereits in einem Baugenehmigungsverfahren von den zuständigen Behörden des Landkreises Harz Mitte Oktober 2015 erhalten.
Dies sorgt jetzt für Missstimmung bei einem Großteil der Bevölkerung. Auch macht es sie wütend, dass sie davon erst vor wenigen Tagen aus der Zeitung erfuhren. So war es nicht verwunderlich, dass zur Bürgerinformationsveranstaltung die Sitzplätze im Dorfgemeinschaftshaus in Wienrode nicht ausreichten. „So etwas habe ich hier noch nie erlebt“, gestand der parteilose Wienröder Ortsbürgermeister Ulf Voigt.
Doch nicht nur der Saal war mit über 100 Gästen hoffnungslos überfüllt. Auch die Stimmung war aufgeheizt, streckenweise sehr aggressiv. Nach zwei Stunden heftiger Debatte zum Für und Wider für solche Bio-Geflügelanlage wollte gar Voigt einen Bürger aus dem benachbarten Timmenrode das Wort verbieten und des Saales verweisen, weil sich dieser mit den Argumenten der Stallgegner auseinandersetzen wollte.
Voigt gehört zu den Ablehnern der Anlage, die etwa in 400 Meter östlich von der Ortsbebauung im Landschaftsschutzgebiet entstehen soll. Wienrode sei auf Tourismus eingestellt und nicht auf Landwirtschaft, betonte er - auch wenn der riesige Hühnerstall auf Cattenstedter Gemarkung gebaut werden soll. Deshalb wurden im Ort schon Unterschriften gesammelt und Protestbriefe an den Landrat und das Landesverwaltungsamt verschickt.
Laut Voigt habe auch der Cattenstedter Ortschaftsrat das Vorhaben abgelehnt. „Die Stadt Blankenburg hat für einen anderen Standort plädiert“, hat Bauamtsleiter Joachim Eggert gegenüber der MZ erklärt. Da es sich nur um ein Baugenehmigungsverfahren handelte und nicht um eine Bebauungsplanung, brauchte auch der Wienröder Ortschaftsrat nicht einbezogen werden.
Was die Bürger auf die Straße treibt, ist nun die pure Angst: vor Lärm und Gestank, die mit dem vorherrschenden Westwind den Erholungsort belasten könnten. Auch die Verunreinigung des Grundwassers mit Nitraten und gesundheitliche Gefahren durch bakterielle Keime, die durch die Luft übertragen werden, wollen die Bürger nicht hinnehmen. Da half auch nicht, dass die Behördenvertreter von Bauordnungs-, Umwelt- und Veterinäramt des Landkreises Entwarnung aus ihrer Sicht gaben. „Ihr seit korrupt, geschmiert, ihr verarscht uns“ - waren da nur einige der Zwischenrufe, die als Zuhörerreaktionen auf den Ämter-Informationen folgten.
Auch Landwirt Häge versuchte, die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen: Es wird eine artgerechte Tierhaltung geben, die sich nach den strengen Biolandrichtlinien fernab einer Massentierhaltung richten. Diese gingen weit über den gesetzlichen Mindeststandard für Bio-Lebensmittel hinaus. Tourismus und Landwirtschaft können sich aus seiner Sicht ergänzen. In Hüttenrode könne solch eine Anlage besichtigt werden, von der keinerlei Belästigungen für die Anwohner ausgehen würde. Der Bio-Geflügelstall soll 75 Meter entfernt von der B 81 gebaut werden, erläuterte Bauplaner Marco Weigel von der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt. Der Stall soll 110 Meter lang und 26,6 Meter breit und 6,44 Meter hoch sein. Innerhalb der Halle wird es vier Stallkomplexe geben. Als Sichtschutz wird der Landwirt Hecken, Sträucher und Bäume um die Halle und die Auslauffläche pflanzen. „Auch wenn die Stallanlage auf Ablehnung stößt, so konnten wir die Baugenehmigung nach dem Baurecht nicht versagen, da alle Bedingungen erfüllt werden“, betonte Katharina Wendland, Leiterin des Kreis-Bauordnungsamtes. Dies schließe den Standort im Landschaftsschutzgebiet ein. „Auch dann, wenn alle dagegen sind.“ Andernfalls könnte der Antragsteller die Behörde auf Schadenersatz verklagen.
Natürlich können die Bürger gegen diese Baugenehmigung einen kostenpflichtigen Widerspruch einlegen, so Wendland. Dies hätte aber keine aufschiebende Wirkung für den Baustart. Ein Stopp könne nur ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht in Magdeburg erwirken, sagte sie. Dies gehe aber nicht über eine Sammelklage, sondern nur über einen kostenpflichtigen Einzelantrag. (mz)