Burg Regenstein bei Blankenburg Burg Regenstein bei Blankenburg: Wikingerzeit mit Schwert und Schild

Blankenburg - Mathilda, die im Mai vier Jahre alt wird, trägt Wikinger-Helm und Plastik-Messer. Sie steht auf „Wiki“ und verfolgt ganz gespannt die Schau-Kämpfe auf Burg Regenstein. „Ich kann nicht mitkämpfen, weil ich keine Rüstung mit habe und ein Schild auch nicht“, erzählt sie und schmiegt sich an ihre Großeltern. Auf Burg und Festung Regenstein lagern zu Ostern die Mannen vom Bernsteinring, der Solheimsippe, Freyas Sippe, der Bunte Haufen und andere. Sie haben sich dem alten Brauchtum verschrieben.
So erleben die Tausenden Besucher keines der standardisierten Mittelalterfeste, sondern werden bis zu 1 200 Jahre in die Wikingerzeit zurückversetzt. Keine Dauerbeschallung, keine Mikrofone, die Wikinger setzen auf den direkten Kontakt und auch auf durchaus ruhige Momente. An die 160 Akteure sorgen dafür, dass die Gäste aus nah und fern beste Unterhaltung erfahren, aber auch einfach und schmackhaft mit Metbier, Wein, Likör bis zu Knobibrot und Kräuterfladen versorgt werden.
„Ich habe hier schon Wikinger-Treffen mit freiem Oberkörper und im dicken Wintermantel erlebt“, erinnert sich „Theo, der Reimesprecher“ aus Sachsen, der die Veranstaltung witzig moderiert. „Da helfen viele Felle, wenn man sich wärmen muss.“ Er muss es wissen, ist er doch schon seit Wikingerfest-Gedenken mit dabei. „Es kommen immer mal wieder neue Sippen dazu, man kennt sich in der Szene.“
Veranstaltung hat guten Ruf
Die Veranstaltung auf der Festung Regenstein hat einen guten Ruf. Kein Gedrängel wie auf Mittelaltermärkten; die Sippen lagern gut verteilt mit ihren Zelten, die Stände stehen im weiten Kreis. Die Gewandung der Akteure wirkt zeitgerecht. „Hier sind traditionelle und gute Handwerker dabei“, versichert „Theo Theodor“. Reinhard der Zinngießer kommt aus Höxter. „Und das immer wieder gern“, sagt er, während er der kleinen Emmy aus Blankenburg zeigt, wie sie einen verschiebbaren Knoten knüpfen kann, um ihren frisch gegossenen Namensanhänger richtig am Hals tragen zu können. „Der Regenstein soll so toll sein, da haben wir uns in Ostfriesland aufgemacht, um 350 Kilometer weiter die Location mal kennenzulernen“, erzählt Karla Kremer, die mit ihrem Mann Holger Liköre, Kästen und Haushaltsartikel aus Holz anbietet. „Wir sind begeistert.“
Münzsäger Thomas aus Barnt-rup steht neben Lederern aus Brandenburg, Töpfer, Hornschnitzer und Plattner an seinem Stand und demonstriert, wie er mit ganz feinen Sägeblättern Motive aus alten und Kursmünzen sägt. „Ein winziges Löchlein gebohrt, dann geht es los.“ Plötzlich erscheinen griechische Eulen aus Euro-Münzen und ein deutscher Adler aus einem ganz anderen Blickwinkel.
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Dem Perlendrehen haben sich Jutta Herzberg und ihr Mann Gunar verschrieben. Mit ihrem Feuerdrachen wird die alte Handwerkskunst nachempfunden. Sie kommen aus Lohe-Föhrden bei Schleswig. „Da ist Haitabu mit dem Museum nicht weit. Das war das große Tor zum Norden in der Wikingerzeit. Da hat man die Häuser nachkonstruiert und viele Überreste gefunden. So wissen wir, wie die Perlen nach Wikingerart aussehen.“
Bunt sind sie, zwei- oder vierreihig, mehrfach gekerbt wie die Melonen-Perle. Herzbergs haben sich auf Burg Regenstein entsprechend eingerichtet. „Wir leben in der Zeit und verzichten auf so viel wie möglich. Für uns ist das Wikingerleben eine Auszeit aus dem stressigen Alltag. Das wollen wir den Besuchern nahe bringen“, erläutern die Freunde des Bernsteinrings.
Währenddessen erklärt der reimende Theo die Kampfszenen. „Hier sind Trefferbilder ausgemacht. Sonst gibt es Tote. Auch wenn die Kämpfer gut gepolstert erscheinen, Helme und Kettenhemden tragen, gewisse Körperpartien sind für Schwert und Gotland-Speer und Streitaxt tabu. Wir wollen ja hier keine Sippen ausrotten“, fügt er an, während mit lautem Gebrüll gekämpft wird. Als fast die ganze Truppe zu Boden gegangen ist und der Sieger schaut, ob er für seine nackten Füße einem der Opfer die Schuhe abstreifen kann, stehen schon wieder die Musikanten mit ihren alten Liedsätzen, Sackpfeifen, Schalmeien, Hörnern, Flöten, Cister, Fiedel und Trommeln bereit. Die Spielleute von „Fabula“ lassen alte Tänze und Balladen der nordischen Völker wieder auferstehen. Und ihr Publikum tanzt mit. (mz)



