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Bodewasser trieb einst zehn Mühlen der Stadt an

Von SIGRID DILLGE 04.06.2010, 14:51

THALE/MZ. - Die Karte in der neuesten Sonderausstellung in der Galeriekapelle des Hüttenmuseums in Thale macht es deutlich: Über zehn Mühlen standen einst entlang der Bode oder des Schleifenbaches im Stadtgebiet von Thale. Vor allem im 18. und 19. Jahrhundert hatte der Beruf des Müllers hier Konjunktur.

Einiges in der Stadt erinnert noch an diesen Boom. Zum Beispiel vom Namen her: Felsenmühle oder der "Sägemüller". Letztere Bezeichnung gehört zu dem Areal rund um das heutige Bildungs- und Technologiezentrum, auf dem einst die Lehmanns- und Gorges-Mühle lagen. "Ihre Entstehung ist mit der Holzflößerei von der Gegend um Elbingerode die Bode herab nach Thale verbunden", weiß Cilda Schrader, die über zwei Jahre Landmaterial für die Ausstellung zusammen getragen hat. Das Holz sei in den Sägemühlen für Holzkohle, die in der Hütte gebraucht wurde, und die Rinden für das Gerben von Tierfellen aufbereitet worden.

Die 74-jährige, aus Lettland stammende und seit 1990 in Thale lebende Cilda Schrader gestaltete bereits ihre vierte Ausstellung im Hüttenmuseum. Der Grundtenor bei allen: regionale Geschichte. "Das ist alles etwas, was einen Menschen anregt", nennt sie einen ihren Beweggründe für das unablässige Stöbern in alten Unterlagen. Ein weiterer Grund: "Ich habe schon immer etwas gemacht für den Ort, in dem ich lebe." Und immer war es für die Philologin die Kultur, die ihr sehr am Herzen liegt. Die Thalenser Mühlengeschichte faszinierte sie auch deshalb, "weil die noch keiner bearbeitet hatte".

Bei der Beschäftigung mit der bisher unerschlossenen Materie erhielt Frau Schrader sehr viel Hilfe. Davon zeugen beispielsweise die Leihgaben aus den Quedlinburger Städtischen Museen, der Heimatstube Westerhausen oder aus Familienbesitz, wie die Wappen der Müllerfamilien Bienert und Kleinau / Schröder, oder zahlreiche Fotos. Diese Leihgaben ergänzen anschaulich den hoch interessanten Text, mit dem die Ausstellung den Besucher auf Entdeckungsreise einlädt. Museumsleiterin Ute Tichatschke ist daher auch voll des Lobes: "Das war absolutes Neuland und wir haben viel Interessantes gefunden." Dazu zählt wohl auch die Tatsache, dass in Mägdesprung 1866 die erste deutsche klappengesteuerte Wasserturbine entworfen und konstruiert wurde, die dann in der Bienertschen Mühle zum Einsatz kam.

Cilda Schrader weiß jede Menge Details zur Thalenser Mühlengeschichte. "Als der Freiherr von dem Bussche-Streithorst aus Magdeburg 1755 das Rittergut kaufte, wurde ihm nicht gesagt, dass dazu auch drei Mühlen gehören", erzählt sie. Das waren die Schleifenbach- oder Schleepenmühle, die Kahlenberg- und die Platzmühle. Die erst genannte stand weit weg vom Gut und es war schwer, Pächter zu finden. Die Platzmühle war bereits marode und lag direkt an seinem Garten. Diese beiden brachten dem Baron viel Ärger und Streit, bis er sie endlich abreißen lassen durfte. Es blieb die Kahlenbergmühle, die als Spinnerei noch bis 1939 existierte. Ihr Teich, aus dem wegen der guten Wasserqualität in der Vergangenheit das Eis für die Brauereien in Thale gesägt worden war, wurde 1928 / 29 beim Bau des Freibades aufgeschüttet.

Übrigens gibt es in Thale immer noch eine produzierende Mühle, die einstige Obermühle. Müllermeister Axel Schröder führt hier - inzwischen gemeinsam mit seinem gleichnamigen Enkel - den Familienbetrieb weiter und hat jede Menge Hilfe für die Ausstellung gegeben. Von ihm stammen beispielsweise auch die Gläser mit den unterschiedlichen Getreidesorten, die in dem Betrieb am Mühlgraben zu Mehl werden, und die in der Ausstellung im Hüttenmuseum zu sehen sind. Der Schrödersche Familienbetrieb ist ein Beispiel für die Geschichte der Müller. Die meisten gaben Mühle und Handwerk an die nächste Generation weiter.

Hüttenmuseum Thale: Sonderausstellung "Ausgewählte Mühlengeschichte von Thale" von Cilda Schrader bis 27. Juni; dienstags bis freitags von 9 bis 17 Uhr.